Die globale Green Economy hat die Marke von fünf Billionen US-Dollar Jahresvolumen überschritten und gehört damit zu den am schnellsten wachsenden Sektoren weltweit. Bis 2030 soll sie auf über sieben Billionen US-Dollar anwachsen. In den vergangenen zehn Jahren legte nur die Tech-Branche stärker zu. Das zeigt die neue Studie des Weltwirtschaftsforums (WEF) und der Boston Consulting Group (BCG): „Already a Multi-Trillion-Dollar Market: CEO Guide to Growth in the Green Economy“.
Widerstandsfähigkeit und Dynamik
Trotz schwacher Konjunktur, politischer Hürden und teils kritischer Stimmung in der Bevölkerung zeigt die Green Economy Widerstandsfähigkeit und Dynamik. Die Studie belegt, dass sich die wirtschaftlichen Bedingungen der Transformation grundlegend verändert haben. Rund 50 % der globalen Emissionen lassen sich bereits heute mit kostengünstigen grünen Technologien reduzieren – darunter Solar- und Windenergie, Elektromobilität und Energieeffizienz. Weitere 20 % könnten mit vergleichsweise geringen Mehrkosten gesenkt werden, insbesondere in Regionen mit passenden politischen Rahmenbedingungen.
Stärkere Wettbewerbsfähigkeit
Die massiven Kostendegressionen der vergangenen Dekade – Solar und Batterien minus 90 %, Offshore-Wind minus 50 % – haben die Wettbewerbsfähigkeit der grünen Industrie deutlich verschoben und machen sie zunehmend zu einem harten Standortkriterium. „Die grüne Transformation ist längst kein politisches Projekt mehr, sondern ein globaler Wachstumssektor mit erwarteten zwei Billionen Dollar zusätzlichem Marktvolumen bis 2030. Für Unternehmen und Volkswirtschaften stellt sich die Frage, wer welche Marktanteile in dem komplexen Sektor bedienen kann und wie erfolgversprechende Strategien aussehen“, sagt Dr. Patrick Herhold, Senior Partner bei BCG und Co-Autor der Studie.
Unternehmen mit ‚grünen‘ Umsätzen wachsen schneller – und werden an den Kapitalmärkten höher bewertet
Für die Studie analysierte BCG die Finanzdaten von mehr als 6.500 börsennotierten Unternehmen weltweit. Firmen mit einem relevanten Anteil ‚grüner‘ Umsätze wachsen seit 2020 doppelt so schnell wie Unternehmen ohne solche Aktivitäten. Zudem profitieren sie von geringeren Kapitalkosten und erzielen im Schnitt 12 bis 15 % höhere Bewertungen, sofern mindestens die Hälfte ihrer Umsätze aus grünen Produkten oder Dienstleistungen stammt.
Die Green Economy wird damit zunehmend zu einem handfesten Wettbewerbs- und Kapitalmarktvorteil – im Gegensatz zu früheren Jahren, in denen Nachhaltigkeit primär als CSR- (Corporate Social Responsibility) oder Regulierungsthema galt. „Die grüne Transformation bleibt eine der größten Wachstumschancen unserer Zeit. Sie schafft Arbeitsplätze, fördert Innovation, stärkt die Widerstandsfähigkeit und ermöglicht nachhaltigen Wohlstand“, sagt Pim Valdre, Leiter Climate & Nature Economy beim WEF.
China dominiert den grünen Aufbruch
China investiert so viel wie kein anderes Land in grüne Technologien. 2024 flossen 659 Milliarden US-Dollar in saubere Energie – mehr als in den USA und der EU zusammen. Das Land führt bei der Herstellung von Solar- und Windtechnik, Batterien und grünen Patenten und prägt damit zentrale Lieferketten klimafreundlicher Technologien. USA und Europa bleiben in einigen Bereichen innovativ, doch Chinas Größe, politische Steuerung und staatliche Industriepolitik verschieben das Kräfteverhältnis zunehmend.
Deutschland: Strategische Lücke zwischen Ambition und Umsetzung
Für Deutschland zeigt sich: Die industrielle Ausgangsbasis ist stark – insbesondere in den Sektoren Maschinenbau, Chemie, Automotive und Energietechnik –, doch der internationale Wettbewerb hat sich beschleunigt. Die Standortbedingungen sind im globalen Vergleich zunehmend herausfordernd: hohe Strompreise, lange Planungs- und Genehmigungsprozesse, unzureichende Investitionsanreize und ein Kapitalmarkt, der gegenüber vielen Konkurrenten im Ausland strukturell im Nachteil ist. „Ein Feld, in dem deutsche Unternehmen durch Ingenieurs- und Technologiestärke eigentlich überdurchschnittliche Chancen haben“, sagt Dr. Jens Burchardt, Managing Director & Partner bei BCG und Mitautor der Studie. „Doch beim Hochlauf der Green Economy geraten wir zunehmend ins Hintertreffen.“
Hinzu kommt: Der Markt für Klimaanpassung – also Technologien, die Volkswirtschaften resilienter gegen die Folgen des Klimawandels machen – ist heute bereits 1,1 Billionen US-Dollar schwer. Das entspricht rund einem Fünftel der Green Economy, mit weiter steigender Tendenz. Besonders stark wachsen aktuell jährlich resiliente Baustoffe (plus 7 bis 10 %), Klimaanalytik (plus 25 bis 30 %) sowie Hitzeschutz- und Kühlungstechnologien (plus 3 bis 5 %.).
Weltweit führende Unternehmen zeichnen sich aktuell dadurch aus, dass sie Innovationen schnell skalieren und so die Kosten drücken, Partnerschaften eingehen und eine frühe Nachfrage schaffen. Außerdem stützen sie sich auf einen Kapitalmix aus staatlicher Förderung, institutionellem Kapital, Entwicklungsbanken und strategischen Beteiligungspartnern. Die gemeinsame Studie von WEF und BCG zeigt anhand von rund 15 Fallbeispielen aus dem Netzwerk der WEF-CEO-Climate-Leaders, wie Unternehmen den Business Case positiv für sich nutzen können.
(BCG vom 02.12.2025 / RES JURA Redaktionsbüro – vcd)

