Die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden bzw. CEOs in den führenden börsennotierten Unternehmen Europas (STOXX-Unternehmen) sind in 2018 um 7,8% auf einen Durchschnittswert von 6,4 Mio. Euro gestiegen. Der Anstieg ist jedoch nicht unmittelbar auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr zurückzuführen, sondern auf ein außerordentlich gewährtes Vergütungselement in einem einzelnen Unternehmen. So führt der Vorstandsvorsitzende des belgischen Brauereikonzerns Anheuser-Busch InBev die europäische Vergütungsrangreihe mit einer Direktvergütung von 32,7 Mio. Euro an, wobei ca. 25,2 Mio. Euro aus der Gewährung eines außerordentlichen Aktienoptionsprogramms stammen. Ohne diesen Extremwert beträgt die Steigerungsrate der durchschnittlichen CEO-Direktvergütung gegenüber dem Vorjahr nur 0,8%, was der Steigerungsrate des Net Incomes der STOXX-Unternehmen entspricht.
Die höchsten CEO-Vergütungen nach Ländern werden wie in den Jahren zuvor in der Schweiz erzielt, gefolgt von Spanien und Deutschland – das Schlusslicht bildet Frankreich. Mit Blick auf die Branchen werden die höchsten Direktvergütungen weiterhin in der Konsumgüterindustrie und im Gesundheitswesen gezahlt. Die Vergütungen in der Finanzindustrie setzen mit einem Anstieg um 5,7% gegenüber 2017 den Aufholprozess seit dem Einbruch in der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise weiter fort.
Bei den Aufsichtsrats-/Verwaltungsratsvorsitzenden (Chairmen) steigen nach rückläufigen Entwicklungen in den letzten beiden Jahren die Vergütungen wieder an. Für das Geschäftsjahr 2018 lässt sich für diese Personengruppe gegenüber 2017 ein Anstieg der durchschnittlichen Gesamtvergütung um 11,8% auf 0,9 Mio. Euro beobachten. Auch hier bilden Unternehmen aus der Schweiz mit deutlichem Abstand die Spitze im europäischen Vergleich.
Zu diesen Erkenntnissen kommt die Analyse „Executive and Non-Executive Director Compensation in Europe 2018“ der Unternehmensberatung hkp/// group. Die Auswertung basiert auf den in den aktuellen Geschäftsberichten veröffentlichten Angaben der in den Börsenindices STOXX® Europe 50 und EURO STOXX 50® geführten Unternehmen zur Vergütung ihres Top-Managements. Verglichen werden können auf europäischer Ebene nur die gewährten und nicht die realisierten Langfristvergütungen. Auch Altersversorgung und Nebenleistungen können aufgrund der unterschiedlichen Ausweispraxis nicht berücksichtigt werden.
„Die normale Vorstandsvergütung entwickelt sich mittlerweile in nahezu allen europäischen Unternehmen moderat. Zahlreiche Sonderfälle wie Vertragsbeendigung, Change-of-Control oder strategischen Einmal-Incentives bringen das Vergütungsgefüge aber durcheinander“, bilanziert hkp/// group Managing Partner Michael H. Kramarsch. Er verweist auf die zahlreichen Spezialfälle auch bei den nicht ganzjährig tätigen CEOs, etwa 25,2 Mio. Euro außerordentlicher LTI für den CEO bei Anheuser-Busch InBev, 41,4 Mio. Euro unverfallbare Pensionsansprüche bei Linde durch Change-of-Control Bestimmungen und 17,8 Mio. Abfindung für den ausgeschiedenen Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen. „Bei vielen Sondersituationen bzw. Einzelfällen muss man aufpassen, dass eine an sich positive Entwicklung nicht negativ überlagert wird“, so Kramarsch. Der Corporate Governance Experte ist überzeugt, dass vor dem Hintergrund der europäischen Aktionärsrechterichtlinie diese Sonderfälle seltener werden, weil der Einfluss der Investoren über Say-on-Pay-Beschlüsse deutlich steigt.
CEO-Vergütungen – Weniger deutsche Unternehmen in der europäischen Spitze
Laut hkp/// group Analyse beläuft sich die durchschnittliche Direktvergütung der CEOs (ohne Altersversorgung und Nebenleistungen) in den STOXX-Unternehmen auf rund 6,4 Mio. Euro (ohne Anheuser-Busch InBev 6 Mio. Euro). Aufgrund eines außerordentlichen Aktienoptionsprogramms in Höhe von ca. 25,2 Mio. Euro erzielt der Anheuser-Busch InBev CEO eine Direktvergütung von 32,7 Mio. Euro.
Auf Platz 2 folgt der CEO von Roche. Als bisheriger europäischer Spitzenverdiener bleibt dessen Vergütung gegenüber 2017 mit rund 12,5 Mio. Euro unverändert. Erst 2018 in den STOXX aufgestiegen, belegt der Vorstandsvorsitzende des Mode- und Accessoires-Konzerns Kering den dritten Platz im Ranking der Bestverdiener. Auch hier erfolgte eine außerordentliche Gewährung von mehrjähriger variabler Vergütung in Höhe von 5,8 Mio. Euro.
Die geringsten CEO-Bezüge im Kreis der STOXX-Unternehmen finden sich bei ING Groep und Glencore mit 1,8 bzw. 1,2 Mio. Euro, wobei der CEO von ING aufgrund eines strafrechtlichen Verfahrens und der CEO von Glencore freiwillig auf die variable Vergütung verzichten.
SAP, als deutscher Spitzenwert, belegt im europäischen Vergütungsranking Platz 7 mit rund 10,2 Mio. Euro. „Fanden sich im Vorjahr noch die CEOs der deutschen Automobilhersteller Volkswagen, Daimler und BMW mit unter den besten 15 verdienenden CEOs der STOXX-Unternehmen, ist in dieser Gruppe aktuell einzig noch SAP vertreten. Generell liegen die DAX-CEOs mit aktuell durchschnittlich rund 5,5 Mio. Euro deutlich unterhalb des europäischen Durchschnitts von 6,4 Mio. Euro“, so hkp/// group Vergütungsexpertin Verena Vandervelt.
Die Vergütungsspitze in den USA (Dow Jones Industrial Unternehmen) wird weiterhin von Walt Disney besetzt. Dessen CEO erhielt 2018 Bezüge in Höhe von rund 55 Mio. Euro. Nike, als Unternehmen mit der geringsten CEO-Vergütung in diesem Unternehmenskreis, zahlt seinem CEO rund 8 Mio. Euro. Der Durchschnittswert der CEO-Direktvergütung im Dow Jones Industrial (16,9 Mio. Euro) beträgt mehr als das Zweieinhalbfache des europäischen Durchschnittswerts.
Aufsichtsratsvergütung: Keine Veränderungen an der Spitze
Bei den Aufsichts-/Verwaltungsratsvorsitzenden (Chairmen) bilden wie in den Vorjahren Unternehmen mit Hauptsitz in der Schweiz die Spitze des europäischen Vergütungsrankings: UBS (4,9 Mio. Euro), Roche (3,9 Mio. Euro), Nestlé (3,5 Mio. Euro) und Novartis (3,3 Mio. Euro). Mit Vergütungen jenseits der 3 Mio.-Euro-Marke übertreffen sie bei weitem den STOXX-Durchschnittswert in Höhe von 0,9 Mio. Euro. Dieser weist nach einer rückläufigen Entwicklung in den letzten zwei Jahren einen Anstieg von 11,8% gegenüber 2017 auf.
Die ersten deutschen Vertreter in der Rangreihe für 2018 sind BMW und Fresenius, die sich Platz 25 mit einer Vergütung in Höhe von je rund 0,6 Mio. Euro teilen.
„Aufgrund der unterschiedlichen Governance-Systeme ist eine direkte Vergleichbarkeit eines Aufsichtsrats in Deutschland mit einem Verwaltungsrat in der Schweiz bzw. einem Chairman nach US-Governance nur eingeschränkt möglich“, verweist hkp/// group Managing Partner Michael H. Kramarsch auf eine Herausforderung der Analyse. So seien die Boards verschieden groß: In Deutschland sitzen in beiden Gremien zusammen etwa 25 bis 30 Personen, international liegt der Durchschnitt bei maximal der Hälfte. „Auch galt in der Vergangenheit die Arbeitsbelastung eines Verwaltungsratspräsidenten in der Schweiz als Vollamt höher als die eines Aufsichtsratsvorsitzenden in Deutschland. Die Arbeitsbelastung gleicht sich jedoch zunehmend an“, so der Corporate Governance-Experte.
Verbesserter Vergütungsausweis
Mit Blick auf den Ausweis von Top-Management-Vergütungen in Europa bilanzieren die Studienautoren über die Jahre eine leichte Verbesserung. „Der Druck von Investoren und Öffentlichkeit hat zuletzt in den Vergütungsberichten der Unternehmen deutliche Spuren hinterlassen. Wir gehen davon aus, dass die europäische Aktionärsrechterichtlinie noch weitere Verbesserungen bei Transparenz und Vergleichbarkeit in der Vorstandsvergütung mit sich bringen wird“, zeigt sich hkp/// group Managerin Verena Vandervelt überzeugt. „Wir wissen noch nicht, was am Ende auf europäischer Ebene exakt umgesetzt wird; hoffen aber, dass die international führende Praxis des Vergütungsausweises in Deutschland entlang der Logik der DCGK-Mustertabellen annähernd erreicht wird“, so die hkp/// group Vergütungsexpertin.
(Pressemitteilung hkp/// group vom 28.05.2019)