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14.10.2019

Deutsche Banken fürchten Konkurrenz durch US-Digitalkonzerne

Autokonzerne auf der Überholspur

© kevers/fotolia.com

Die deutschen Banken rechnen mehrheitlich mit einem Konjunkturabschwung und richten sich mit einer restriktiveren Kreditvergabe auf ungemütlichere Zeiten ein: 68 Prozent der Bankmanager erwarten eine Eintrübung der Wirtschaftslage – gerade einmal fünf Prozent rechnen mit einem Konjunkturaufschwung. Für Unternehmen dürfte es in diesem Umfeld schwieriger werden, an frisches Geld zu kommen: Knapp jeder zweite Bankmanager (47 Prozent) erwartet, dass die Kreditvergabe restriktiver wird – nur sieben Prozent rechnen mit einer gegenteiligen Entwicklung.

Angesichts der schwachen Gewinnentwicklung plant jede sechste Bank Gebührenerhöhungen für Privatkunden: Im Fokus steht dabei das Girokonto, das bei 13 Prozent der Banken teurer wird. Für Überweisungen will jede zehnte Bank höhere Gebühren verlangen. Dass es trotz der schwachen Gewinnentwicklung im Bankensektor nicht zu flächendeckenden Gebührenerhöhungen kommt, dürfte auf den intensiven Wettbewerb zurückzuführen sein – und auf neue Wettbewerber, die bereits in den Startlöchern stehen. So rechnet die Mehrheit der deutschen Banken mit einer steigenden Bedeutung neuer Wettbewerber wie Technologiekonzerne oder Finanz-Start-ups.

Das sind Ergebnisse des aktuellen „Bankenbarometers“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Für die Studie wurden 120 Banken und 30 FinTech-Unternehmen in Deutschland befragt.

„Die Lage im deutschen Bankensektor hat sich in den vergangenen Monaten deutlich eingetrübt“, beobachtet Robert Melnyk, Leiter des Bereiches Banken und Kapitalmärkte bei EY. „Die Konjunktur schwächelt, was eine höhere Risikovorsorge zur Folge haben dürfte. Und das niedrige Zinsniveau sowie steigende Strafzinsen führen dazu, dass die Zinseinnahmen immer weiter abschmelzen. Viele Banken hatten auf eine Zinswende gehofft – davon kann inzwischen keine Rede mehr sein. Im Gegenteil: Die Banken stehen vor der Herausforderung, trotz eines dauerhaft extrem niedrigen Zinsniveaus profitabel zu wirtschaften.“

Viele Banken haben in den vergangenen Jahren bereits über andere Ertragsquellen nachgedacht und beispielsweise Gebühren auch für solche Dienstleistungen verlangt, die für die Kunden bislang kostenlos waren. Vor allem aber setzen die Banken auf Kostensenkungen: Für 63 Prozent der Institute haben Kostensenkungsmaßnahmen derzeit eine große Bedeutung – vor einem Jahr lag der Anteil nur bei 44 Prozent.

Stellenabbau in der Kundenbetreuung

Bei den Banken beträgt die Personalaufwandsquote etwa 50 Prozent – entsprechend versuchen viele Institute, vor allem an den Personalkosten zu sparen. Auch in diesem Jahr dürfte die Beschäftigung im Bankensektor moderat sinken: 22 Prozent der befragten Kreditinstitute wollen die Zahl der Mitarbeiter in diesem Jahr reduzieren – 19 Prozent rechnen hingegen mit steigender Beschäftigung. Vor allem in Bereichen mit direktem Kundenkontakt, also etwa der Beratung oder beim Schalterpersonal, dürften Stellen wegfallen: 28 Prozent der Institute rechnen hier mit einem sinkenden Personalbestand, nur 16 eher mit steigender Beschäftigung.

Umgekehrt werden in Zentralbereichen wie IT, Risikomanagement und Compliance zusätzliche Stellen geschaffen werden: 28 Prozent sehen hier ein steigendes, nur drei Prozent ein sinkendes Beschäftigungsniveau. „Ambitionierte Sparpläne stoßen in der Realität an ihre Grenzen“, beobachtet Melnyk. „Regulierungsvorschriften, neue Risiken wie Cyberangriffe und die Digitalisierung sorgen für großen Bedarf an hoch spezialisierten Fachkräften.“

Wettbewerb wird sich verschärfen – Banken fürchten Konkurrenz durch US-Digitalkonzerne

Derzeit sind andere Banken die Hauptwettbewerber deutscher Kreditinstitute – FinTechs, also Jungunternehmen im Finanzbereich, bereiten den Banken hingegen kaum Sorgen: Gerade einmal 18 Prozent bezeichnen sie als relevante Wettbewerber. Das könnte sich in Zukunft allerdings ändern: Insgesamt 66 Prozent der Bankmanager rechnen mit einer steigenden Bedeutung, 24 Prozent sogar mit einer stark steigenden Bedeutung von FinTechs.

„Finanz-Start-ups sind derzeit noch kaum eine echte Konkurrenz für Banken. Eine große Bedeutung kommt ihnen aber als Innovationstreiber zu: Während sich klassische Banken schwertun, ihre Geschäftsmodelle zu digitalisieren und eine jüngere, digitalaffine Zielgruppe anzusprechen, bringen FinTechs mit innovativen Ideen frischen Wind in den Markt“, urteilt Thomas Griess, Managing Partner Financial Services Deutschland bei EY. Und für die Banken sei es enorm wichtig, wieder näher an ihre Kunden zu rücken.

Gefährlicher für traditionelle Banken sind aus Griess‘ Sicht hingegen Technologiekonzerne wie Facebook, Amazon oder Apple: „Die US-Digitalkonzerne haben längst den Finanzdienstleistungsmarkt ins Visier genommen. Sie verfügen über die nötigen Finanzmittel und den direkten Zugang zum Endkunden – sie haben damit alles, um den traditionellen Banken das Leben schwer zu machen. Mit ihren Mobile Payment-Lösungen drohen sie beispielsweise gerade den Banken den direkten Kontakt zu jüngeren Kunden aus der Hand zu nehmen.“

Griess rechnet damit, dass sich das mobile Bezahlen mit dem Smartphone oder mit Wearables früher oder später auch in Deutschland durchsetzen wird: „Und wenn es die US-Digitalkonzerne sind, über die diese Zahlungsströme laufen, werden die Banken im Massengeschäft erheblich an Boden verlieren. Das Massengeschäft ist eindeutig in Gefahr“.

Auch die Banken sehen die Bedrohung: 69 Prozent der befragten Bankmanager erwarten eine zunehmende Konkurrenz durch Technologiekonzerne, 31 Prozent rechnen sogar mit einer stark steigenden Bedeutung. „Die Sorgen der Banken sind berechtigt – sie sollten dringend in innovative Produkte investieren,“ betont Melnyk. Hier hapert es allerdings: Gerade einmal 23 Prozent der Banken beschäftigen sich derzeit intensiv mit der Einführung neuer Produkte.

(Pressemitteilung EY 14.10.2019)


Redaktion

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