• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • BVI-Studie: Taxonomie allein ist kein Maßstab für Nachhaltigkeit von Fonds

08.06.2021

BVI-Studie: Taxonomie allein ist kein Maßstab für Nachhaltigkeit von Fonds

Autokonzerne auf der Überholspur

©Elnur Amikishiyev/123rf.com

Fonds, die marktübliche ESG-Anlagestrategien und Mindestausschlüsse anwenden, erreichen selbst dann bessere Nachhaltigkeitswerte als nicht nachhaltige Vergleichsportfolios, wenn der Anteil der taxonomiekonformen Aktivitäten im Fondsportfolio gering ist. Der Taxonomie-Anteil ist deshalb kein alleiniger Maßstab für die Nachhaltigkeit eines Fonds. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) auf Basis einer Portfolio-Simulation. Demnach wird die Taxonomie-Quote selbst in nachhaltigen Fonds im Sinne der EU-Offenlegungsverordnung vorerst nur im einstelligen Prozentbereich liegen, sofern das Portfolio ausreichend diversifiziert sein soll. Grund dafür ist, dass die Taxonomie noch am Anfang steht. Bisher sind erst für zwei der insgesamt sechs Umweltziele der Taxonomie entsprechende nachhaltige Aktivitäten und technische Kriterien definiert. Auch die geplanten sozialen Nachhaltigkeitsziele fehlen noch. Voraussetzung für höhere Taxonomie-Anteile in den nachhaltigen Fondsportfolien ist daher die Weiterentwicklung der technischen Kriterien der Taxonomie.

Eine weitere Ursache für geringe Taxonomie-Anteile im Musterportfolio könnte laut der Analyse des deutschen Fondsverbands die eingeschränkte Verfügbarkeit von ESG-Daten der Unternehmen sein. Um die Übereinstimmung der Aktivitäten von Portfoliounternehmen mit der Taxonomie prüfen und veröffentlichen zu können, brauchen Fondsmanager detaillierte Daten zu anteiligen Umsätzen, Investitionsausgaben („Capex“) und Betriebsausgaben („Opex“). Während sich der Markt bei den Umsätzen mit Schätzungen behelfen kann, sind zu Capex und Opex selbst dafür zu wenige Daten verfügbar. Darüber hinaus gibt es noch erhebliche Datenlücken zu Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU, beispielsweise aus den USA und China. Diese Lücken sollen zumindest teilweise durch die neue EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (CSRD) geschlossen werden. Im weltweiten Maßstab bleibt die Beschaffung vergleichbarer und belastbarer ESG-Daten aber ein Problem. Der BVI setzt sich schon seit längerem für eine verbesserte Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen ein und fordert einen einheitlichen EU-Datenzugang (European Single Access Point, ESAP).

Höhe der Taxonomie-Quote abhängig von Fortentwicklung der EU-Kriterien

Die Ergebnisse der Analyse machen deutlich, dass die Nachhaltigkeit von Fondsportfolios nicht nur anhand der EU-Taxonomie zu bewerten ist, stellen die Studienautoren fest. Vertrieb und Anleger bräuchten einen alltagstauglichen Standard für die Auswahl nachhaltiger Fonds. Deshalb arbeitet der deutsche Fondsverband gemeinsam mit Vertriebspartnern an einem Zielmarktkonzept für nachhaltige Finanzanlagen, das sich an den MiFID II-Kriterien für Nachhaltigkeitspräferenzen und weiteren EU-Vorgaben orientieren wird. Im Gegensatz zu den kürzlich von der BaFin vorgeschlagenen Leitlinien für nachhaltige Investmentvermögen könne man damit dem Grünwaschen vorbeugen, ohne den Standort Deutschland durch realitätsferne Vorgaben für nachhaltige Fonds unattraktiv zu machen, so der BVI.

Zielmarktkonzept bietet praktischen Standard für nachhaltigkeitsorientierte Anleger

Für die BVI-Analyse wurde das Anlageuniversum des FTSE World Index in einer Portfolio-Simulation mithilfe von Sustainalytics-Daten mehrfach gefiltert: Zunächst wurden Mindestausschlusskriterien angewendet, die verbleibenden Titel dann nach dem sogenannten Best-in-Class Ansatz bewertet. Diese ESG-Strategie entspricht den Anforderungen der EU-Offenlegungsverordnung an ein ESG-Strategieprodukt („Artikel-8-Produkt“) und schließt die Anwendung der Standards für verantwortliches Investieren der Vereinten Nationen (UN Principles for Responsible Investment; PRI) ein. ESG-Strategien berücksichtigen über die üblichen fundamentalen Kriterien hinaus weitere Nachhaltigkeitsaspekte, sowohl in der Anlageallokation als auch in der Titelselektion. Alle diese Schritte entsprechen den Kriterien des Zielmarktkonzepts, das der BVI derzeit gemeinsam mit den Vertriebspartnern der Fondswirtschaft entwickelt. Als weitere Filter folgten die Anlagestrategie nach Value-Kriterien und schließlich die Sektorallokation und abschließende Titelauswahl. Von den ursprünglich 2568 Titeln im Index blieben damit letztlich 450 Titel im Portfolio. Diese Auswahl zeigte im Vergleich zum Gesamtindex deutlich niedrigere Nachhaltigkeitsrisiken (ESG-Risk Score).

Sämtliche Ergebnisse der BVI-Studie „How Taxonomy-aligned are ESG-Strategy Funds? – A practical example“ finden Sie hier. Der BVI veröffentlicht mit dem „BVI Fokus Nachhaltigkeit“ vierteljährlich zusätzlich einen Marktüberblick zur Entwicklung nachhaltiger Fonds in Deutschland, der hier heruntergeladen werden kann.

(Pressemitteilung Bundesverband Investment und Asset Management vom 01.06.2021)


Redaktion

Weitere Meldungen


Georg Bach
Interview

Georg Bach

06.05.2024

„GenAI steigert den Wertbeitrag in den General and Administrative-Funktionen“

Die öffentliche Wahrnehmung von Künstlicher Intelligenz (AI), vor allem der generativen AI (GenAI, die selbsttätig Inhalte generieren kann), wird oft bestimmt von den Ängsten und Befürchtungen vor allem der kreativen Berufe. Vor diesem Negativ-Szenario ist eine nüchterne Bewertung der AI für den Einsatz in der Geschäftswelt wichtig. Georg Bach, Geschäftsführer Zentraleuropa bei der Hackett-Group, liefert

„GenAI steigert den Wertbeitrag in den General and Administrative-Funktionen“
Abwärtstrend, Krise
Meldung

© bluedesign/fotolia.com

06.05.2024

Volkswirte stellen dem Standort Deutschland ein schlechtes Zeugnis aus

Wirtschaftsprofessorinnen und -professoren bewerten den Standort Deutschland im internationalen Vergleich nur mit der Schulnote 3,4. Das geht aus dem neuesten Ökonomenpanel des ifo Instituts hervor. Die Note Drei vergaben 38 % der Antwortenden, 20 % eine Zwei und 17 % eine Vier, 17 % die Note Fünf. „Dieses Ergebnis ist für die Industrienation Deutschland besorgniserregend

Volkswirte stellen dem Standort Deutschland ein schlechtes Zeugnis aus
Investment Process Concept on the Gears.
Meldung

©tashatuvango/ fotolia.com

02.05.2024

Ausländische Investitionen sinken im sechsten Jahr in Folge

Ausländische Investoren haben ihr Engagement in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich reduziert: Die Zahl der von ausländischen Unternehmen in Deutschland angekündigten Investitionsprojekte sank im Vergleich zum Vorjahr um 12 % auf 733 – und damit auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2013. Das vergangene Jahr war zudem das sechste Jahr in Folge mit einer rückläufigen

Ausländische Investitionen sinken im sechsten Jahr in Folge
CORPORATE FINANCE - Die Erfolgsformel für Finanzprofis

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank