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13.01.2022

Banken verfolgen ehrgeizige ESG-Strategien, liegen bei Governance und Reporting aber zurück

Autokonzerne auf der Überholspur

© kevers/fotolia.com

Nachhaltigkeit ist ein Megatrend. Auch Kreditinstitute stehen zunehmend unter regulatorischem Druck, Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG-Kriterien) in ihre Geschäftspraktiken zu integrieren. Weltweit erkennen Banken, dass sie eine Schlüsselrolle beim Übergang in eine nachhaltige Zukunft spielen – entsprechend der „Ziele für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen und des Pariser Klimaabkommens. In der dritten Auflage der globalen Benchmark-Studie „Responsible Banking Practices“ untersucht die Beratungsgesellschaft Mazars, wie Banken gemeinsam Verantwortung übernehmen, um die Grundlagen für einen nachhaltigen Finanzsektor zu schaffen und zum Aufbau gesünderer Volkswirtschaften beizutragen.

Der regulatorische Druck auf Kreditinstitute nimmt im Bereich Nachhaltigkeit zu. ESG-Kriterien sind für Banken zunehmend ein relevanter Faktor in der Geschäftsorganisation und im Risikomanagement, stellen die Studienautoren fest. Dass der für 2022 angekündigte EZB-Stresstest sich auf ausgewählte Klimarisiken beziehen werde, zeige die gestiegene Bedeutung des Themas ESG auf der Agenda der Aufsicht.

Die aktuelle Studie bewertet die 37 nach Bilanzsumme größten Banken in Afrika, Nord- und Südamerika, Asien und Europa. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die meisten Banken bereits deutliche Fortschritte auf ihrem Nachhaltigkeitsweg gemacht haben. Trotzdem bleibt die vollständige Umsetzung relevanter Nachhaltigkeitsmaßnahmen für den Übergang zu einer sozial verantwortlichen Netto-Null-Wirtschaft eine große Herausforderung, so die Analyse.

Schon große Fortschritte gemacht

Der Anteil der Banken, die eine langfristig ausgerichtete und ehrgeizige Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt haben, steigt der Studie zufolge. Er liegt inzwischen bei 76%, nach 71% im Vorjahr. Außerdem haben die meisten Banken die Verantwortung für nachhaltigkeitsbezogene Themen im Vorstand bzw. im Management verankert und spezielle Überwachungsprozesse aufgesetzt. Mittlerweile beziehen 66% der Banken Nachhaltigkeitskriterien in die variable Vergütung ihrer Mitarbeiter ein, verglichen mit 41% im Vorjahr. Allerdings legen nur 33% der Banken klare Kriterien fest, die sich sowohl auf interne Nachhaltigkeitsinitiativen als auch auf Finanzierungsaktivitäten beziehen.

Während sich die meisten Banken Umweltziele für ihre Aktivitäten gesetzt haben, können nur 24% von ihnen Netto-Null-Emissionsziele in Einklang mit den Pariser Klimazielen vorweisen. Rund 35% der Banken (vor allem in Europa) definieren ihre Klimaziele mit einem Science Based Target und folgen damit der SBT-Initiative. Auf dem Vormarsch ist die PACTA-Methode (Paris Agreement Capital Transition Assessment) in Europa, Australien und Südamerika, so die Analyse.

Datenlücken bleiben eine Herausforderung

Welche Risiken birgt der Klimawandel für den Bankensektor? Die Untersuchung zeigt, dass viele unterschiedliche Ansätze zur Bewertung der Klimarisiken eingesetzt werden. Zwar bauen 70% der Banken Kapazitäten für Szenarioanalysen und Stresstests auf, doch bleiben Datenlücken eine Herausforderung für die Risikobewertung. 62% der Banken entwickeln Lösungen, um diese Lücken zu schließen. Nur 19% legen ihre Risiken anhand von Kredit- oder Marktrisikokennzahlen offen.

Die Mehrheit der Banken setzt im ESG-Reporting auf Standards, die auf Klimaziele ausgerichtet sind. Die Zahl der Länder, die eine TCFD-Berichterstattung verpflichtend einführen wollen, steigt. Rund 92% der Banken haben ihr Reporting bereits an die Empfehlungen der „Task Force on Climate-related Financial Disclosures“ (TCFD) angepasst. Zum Vergleich: 2020 lag die Quote noch bei 76%.

Strengere Bewertungsmaßstäbe

Die Bewertung der 37 Banken stützt sich auf eine Matrix, die vier Bereiche umfasst: Governance, Strategie, Risikomanagement und Berichterstattung bzw. Reporting. Das Scoring der Banken ist vierstufig: Wer in mehr als 95% der Bewertungskriterien ein positives Ergebnis erzielt, gilt als „Outstanding“, gefolgt von den „Leaders“ (80-95%), den „Supporters“ (60-79%) und den „Followers“ (unter 60%). Damit hat Mazars die Bewertungskriterien im Vergleich zur letzten Benchmark-Studie verschärft. Ergebnis: Nur eine der 37 Banken bekommt die Bestnote „Outstanding“, die Kategorie „Leaders“ zählt 12 Banken, bei den „Supporters“ sind es 16 Banken, zu den „Followers“ gehören nunmehr acht Banken.

Die Anpassung der Bewertungsmaßstäbe spiegelt nicht nur die Fortschritte der Vergangenheit wider, sondern unterstreicht, dass die Banken ihren Weg in Richtung Klimaneutralität unbedingt fortsetzen müssen, stellen die Studienautoren fest. Sie seien noch nicht am Ziel.

Bei „Governance“ und „Reporting“ werden die jetzt strengeren Maßstäbe besonders deutlich. Hier gehen die Werte zurück: Nur noch rund 60% der Banken haben Maßnahmen eingeführt, um die Governance ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zu fördern. 2020 waren es 74% der untersuchten Institute. Einen Rückgang stellt Mazars auch bei der Berichterstattung nach ESG-Standards fest, nämlich von 82% auf nunmehr 77%.

Ein Sektor mit regionalen Unterschieden

Französische und britische Banken sind nach wie vor in allen bewerteten Bereichen führend. Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien ist ihre große Stärke. Beim ESG-Risikomanagement erzielen die Kreditinstitute aus Frankreich und Großbritannien im internationalen Vergleich die höchste Punktzahl.

Obwohl nordamerikanische Banken nach wie vor zu den führenden Instituten gehören, haben sie der Studie zufolge gegenüber vergleichbaren Banken in Europa keine großen Fortschritte gemacht. Bei Berichterstattung bzw. Reporting schneiden sie deshalb gut ab, weil die TCFD-Standards in naher Zukunft verpflichtend werden könnten. Dennoch bleibt die Integration von ESG-Risiken in das Risikomanagement der nordamerikanischen Banken ausbaufähig. Möglicherweise werden die 2021 an der New Yorker Börse eingeführten ESG-Leitlinien die Banken in diesem Bereich voranbringen.

Die südamerikanischen Banken schneiden bei der Bewertung ihrer Nachhaltigkeitsstrategie besser ab als die Banken im asiatisch-pazifischen Raum und in Afrika. Allerdings befinden sich die lokalen regulatorischen und staatlichen Initiativen im Bereich Nachhaltigkeit und Klimawandel noch in einer frühen Entwicklungsphase, da es keine Taxonomie für nachhaltige Finanzen gibt.

Im asiatisch-pazifischen Raum sticht eine Bank heraus, die in Bezug auf Governance und Risikomanagement besonders gut abschneidet und daher als „Leader“ eingestuft wurde. Unterm Strich zeigt die Region jedoch Verbesserungsbedarf. Veränderungen dürfte die 2021 in Kraft getretene „Green Finance Development Regulation“ in China bringen. Sie verpflichtet Finanzinstitute, die an der Börse in Shenzhen gelistet sind, umweltbezogene Informationen ab 2023 offenzulegen.

Den Studienreport „Responsible Banking Practices“ in englischer Sprache finden Sie hier zum Download.


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