10.03.2016

EZB öffnet Geldschleusen noch weiter

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Corporate Finance

Im Kampf gegen die chronische Wachstumsschwäche und die Mini-Inflation im Euro-Raum greift die EZB zu drastischen Maßnahmen.

So wird erstmals der Schlüsselzins für die Versorgung der Geschäftsbanken mit Notenbankgeld auf null Prozent von bislang 0,05 Prozent gesenkt, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag mitteilte. Außerdem stocken die Währungshüter ab April ihre vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe auf monatlich 80 von bisher 60 Milliarden Euro auf. Auch Unternehmensanleihen werden künftig aufgekauft. Insgesamt erhöht sich damit der Umfang des Programms auf 1,74 Billionen Euro. Bisher waren es 1,5 Billionen Euro. Banken müssen zudem künftig einen höheren Strafzins zahlen, wenn sie über Nacht Geld bei der Notenbank parken. Als Ausgleich winken ihnen besonders günstige längerfristige Kreditlinien.

Heftige Reaktionen an den Börsen

Die Beschlüsse lösten an den Börsen heftige Reaktionen aus: Der Euro verbilligte sich zeitweise um mehr als einen US-Cent auf 1,0836 Dollar. Anschließend stieg er aber wieder über die Marke von 1,10 Dollar. Der Dax kletterte zeitweise um bis zu 2,7 Prozent auf ein Zweimonatshoch von 9989 Punkten, gab danach aber einen Teil der Gewinne wieder ab.

„Mit dem heutigen umfassenden Paket geldpolitischer Entscheidungen liefern wir erhebliche Anreize, um den erhöhten Risiken für das EZB-Preisstabilitätsziel entgegenzuwirken“, erklärte Draghi. „Die Zinsen werden für eine sehr lange Zeit niedrig bleiben.“ Die Währungshüter streben eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an, was sie als ideal für die Wirtschaft erachten. Davon sind sie aber momentan sehr weit entfernt. Im Februar waren die Preise im Währungsraum wegen des Ölpreisverfalls sogar um 0,2 Prozent gesunken.

„Wegen der Ölpreisentwicklung sind sehr niedrige oder sogar negative Inflationsraten in den kommenden Monaten unvermeidlich“, räumte Draghi ein. Die Verbraucherpreise werden nach den neuen Prognosen der EZB-Experten in diesem Jahr voraussichtlich nur um durchschnittlich 0,1 Prozent steigen. Noch im Dezember waren sie von 1,0 Prozent ausgegangen. Auf breiter Front fallende Preise gelten als gefährlich, weil sich Konsumenten dann zurückgehalten – in der Erwartung, Produkte bald noch günstiger zu bekommen. Unternehmen verdienen dann weniger und schieben Investitionen auf. So entsteht eine Abwärtsspirale.

Draghi rechnet nicht mit negativen Auswirkungen für Banken

Geschäftsbanken müssen künftig mit einem negativen Einlagensatz von 0,4 Prozent zurechtkommen. Zuvor lag dieser bei minus 0,3 Prozent. Die Institute müssen nun also eine höhere Strafe zahlen, wenn sie Geld bei der EZB horten. Damit will die Notenbank die Kreditvergabe ankurbeln, die zuletzt kaum in Schwung kam. Mit negativen Auswirkungen für die Geldhäuser durch die schärferen Strafzinsen rechnet Draghi nicht. Er kündigte zudem an, dass die EZB vier längerfristige, besonders günstige Kreditlinien für die Banken auflegen wird. Diese sogenannten TLTRO-Geschäfte haben eine Laufzeit von vier Jahren. Sie sollen im Juni 2016 starten.

(Quelle: Reuters vom 10.03.2016)

 


Redaktion

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