Nach den Erleichterungen beim Finanzierungszugang zu Jahresbeginn waren die Finanzinstitute in Deutschland im zweiten Quartal bei Kreditgesuchen ihrer Firmenkunden wieder vorsichtiger, wie die aktuelle KfW-ifo-Kredithürde zeigt. Dabei empfanden im Mittelstand nahezu gleich viele Unternehmen wie im Vorquartal das Bankverhalten bei Kreditverhandlungen als restriktiv. Mit 25,6 % (+0,1 Prozentpunkte) liegt ihr Anteil weiter auf überdurchschnittlichem Niveau. Bei den Großunternehmen kam es nach dem deutlichen Rückgang der Kredithürde im Vorquartal nun zu einer Gegenbewegung nach oben auf 17,9 % (+3,4 Prozentpunkte).
Lichtblick für das Baugewerbe
Im Mittelstand nivellierten sich die Unterschiede zwischen den Wirtschaftsbereichen. Positiv entwickelte sich der Kreditzugang für die kleinen und mittleren Dienstleister, bei denen die Banken zuvor besonders strenge Maßstäbe bei der Kreditvergabe angelegt hatten. Die Kredithürde für diese Unternehmensgruppe sank um 4,9 Prozentpunkte auf 26,5 %. Hier spiegelt sich die derzeit bessere wirtschaftliche Lage in den Dienstleistungsbranchen wider, die dazu beiträgt, verbleibenden finanziellen Belastungen der Pandemiezeit weiter abzubauen. Bei den Großunternehmen gibt es einen Lichtblick für das Baugewerbe: Die Kredithürde für die besonders stark von straffer Vergabepolitik betroffenen großen Bauunternehmen ging um 15,8 PP auf 30,9 % zurück.
Wer führt überhaupt Kreditverhandlungen mit Banken?
Der Anteil der Unternehmen, die überhaupt Kreditverhandlungen mit Banken führten, stieg im zweiten Quartal in beiden Größenklassen an, blieb aber jeweils unterhalb des langfristigen Durchschnitts. So legte die Quote kreditinteressierter Großunternehmen gegenüber dem Vorquartal um deutliche 3,0 Prozentpunkte auf 31,6 % zu. Auch unter den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sprach ein höherer Anteil von 21,6 % mit ihren Banken über eine mögliche Kreditaufnahme. Der Zuwachs war mit 0,7 Prozentpunkten nur gering, aber immerhin der zweite in Folge.
„Im zweiten Quartal zeichnet sich bei weiterhin herausfordernden Kreditzugangsbedingungen eine vorsichtige Belebung bei der Nachfrage von Unternehmen nach Bankdarlehen ab. Das spricht dafür, dass sich die Kredit-aufnahme trotz des markanten Zinsanstiegs im letzten Jahr stabilisieren dürfte und ein ähnlicher Einbruch wie bei den privaten Wohnungsbaudarlehen vermieden werden kann“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Trotz des schwachen konjunkturellen Umfelds gehe ich auch deshalb weiter davon aus, dass es bei den Unternehmensinvestitionen 2023 für ein moderates Plus reichen wird. Angesichts des hohen Investitionsbedarfs für Digitalisierung und Klimaneutralität ist das eine gute Nachricht.“
(KfW vom 01.08.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)