Die Stimmung im deutschen Maschinen- und Anlagenbau ist alarmierend. Der Blick der Entscheider:innen auf die Entwicklung der deutschen Konjunktur hat sich im Vergleich zur Mitte des Jahres deutlich verschlechtert. Inzwischen ist mehr als die Hälfte (54 %) der Unternehmer:innen der Ansicht, dass die Wirtschaftsentwicklung hierzulande negativ verlaufen wird. Zwar sehen sie die globale Konjunktur deutlich weniger skeptisch und weniger als ein Drittel glaubt an einen weltweiten Abschwung. Düster sind jedoch die Umsatzerwartungen für die gesamte Branche: sie ist im Vergleich zum Vorquartal weiter ins Minus gerutscht, wie das aktuelle Maschinenbau-Barometer der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland (PwC) zeigt.
Umsatzprognose weiterhin negativ
Im Durchschnitt liegt die Umsatzerwartung für das laufende Jahr bei -1,6 % – ein Rückgang gegenüber dem Vorquartal um 1,1 Prozentpunkte. Seit Jahresbeginn ist die Prognose insgesamt um 2,8 Prozentpunkte gesunken und bleibt damit weiterhin im negativen Bereich. Vom Optimismus zu Jahresbeginn ist nicht mehr viel übrig geblieben. Einziger Hoffnungsschimmer bleibt der Ausblick auf die Entwicklung des eigenen Unternehmens. Hier sind die Befragten optimistischer als in der Wahrnehmung der Gesamtbranche: sie rechnen mit einem Wachstum von durchschnittlich 2,6 %. Doch auch diese kleinen positiven Signale drohen von der Vielzahl der Herausforderungen überdeckt zu werden. Dies zeigen die Antworten zur Entwicklung einzelner Kennzahlen in den kommenden Monaten. So glaubt immer noch fast die Hälfte der Befragten, dass die Gesamtkosten weiter steigen werden. Lediglich 15 % rechnen mit steigenden Gewinnmargen. Und das sind nicht die einzigen Herausforderungen. Über 80 % der Entscheider:innen geben an, dass der zunehmende Kostendruck sowie der Fachkräftemangel die größten Hindernisse für das Wachstum darstellen. Mehr als die Hälfte sorgt sich zudem um die politischen Entwicklungen im Ausland, das schwierige Regulierungsumfeld und den intensiven Wettbewerb.
Kontrollierte Personalpolitik
Rund zwei Drittel der befragten Manager:innen blicken mit Sorge auf den Fachkräftemangel. Er gehört zu den größten Bedrohungen für das Umsatzwachstum im Maschinenbau. Die Unternehmen werden versuchen, gegenzusteuern. Immerhin möchten vier von zehn Befragten die Zahl der Vollzeitbeschäftigten in den kommenden zwölf Monaten erhöhen. Die Mehrheit zeigt sich hier vorsichtiger: 57 % möchten den Personalbestand auf dem jetzigen Niveau halten. Mit Blick auf die demografische und konjunkturelle Entwicklung dürfte allein dies bereits eine Herausforderung sein. Bei den Anforderungsprofilen sind digitale Fähigkeiten auf dem Vormarsch. Gegenüber den Vorjahren werden inzwischen häufiger Mitarbeitende mit Erfahrungen im Bereich Digitale Technologien oder Softwareentwicklung gesucht. Fähigkeiten im Vertrieb und in der Produktionsplanung werden inzwischen seltener bei Neueinstellungen gesucht als vielmehr im Rahmen von Fortbildungen bei den bereits für die Unternehmen tätigen Kolleg:innen gefördert.
Nachhaltigkeit bleibt eine Baustelle
In Sachen Nachhaltigkeit zeigt die Branche weiterhin vergleichsweise wenig Dynamik. Zwar ist der Anteil der Unternehmen, die über eine Nachhaltigkeitsstrategie zu den Themen Umwelt, Soziales sowie Governance & Compliance verfügen, im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen, allerdings verfügt nur ein Drittel von ihnen über eine ausformulierte Roadmap mit konkreten Maßnahmen und definierten Verantwortlichkeiten. Noch weniger veröffentlichen einen Nachhaltigkeitsbericht. Auffällig ist vor allem, dass die überwiegende Mehrheit bei der Formulierung ihrer Nachhaltigkeitsziele weiterhin auf Eigenentwicklungen setzt; weniger als die Hälfte bezieht sich auf externe Anregungen von Regulatoren oder Kunden, noch weniger auf sogenannte übergeordnete Referenzrahmen wie z.B. Science Based Targets. Dazu passt, dass sich weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen gut auf zukünftige Anforderungen, vor allem die der Regulatoren, vorbereitet fühlt.
„Die Branche nutzt die Chancen der Nachhaltigkeit nicht, sondern wirkt viel eher verunsichert. Die zunehmende Regulatorik ist sicherlich eine Herausforderung. Viele Unternehmen sind daher in erster Linie beschäftigt, die Reportinganforderungen zu erfüllen. Die Gefahr ist, dass dabei die Maßnahmen zur Transformation der Wertschöpfungskette und wichtige Produktinnovation auf der Strecke bleiben. Wichtig ist, dass der Maschinenbau über seine Unternehmensgrenzen hinweg die entstehenden Ökosysteme der Nachhaltigkeit besser nutzt. Bislang geschieht dies viel zu selten. Nachhaltigkeit bleibt eine steile Lernkurve für die deutsche Industrie“, erklärt Dr. Hans-Jörg Kutschera, ESG Operations Lead bei Strategy&Germany bei PwC Germany.
(pwc vom 02.11.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)