Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erwartungsgemäß auf die seit Herbst letzten Jahres deutlich gesunkenen Inflationsrisiken reagiert. Die Leitzinsen wurden leicht gesenkt. Die Währungshüter beschlossen, den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 % zu senken. Den Zinssatz zur kurzfristigen Beschaffung von Geld, den Spitzenrefinanzierungssatz, senkte sie um 0,25 Prozentpunkte auf 4,5 %. Den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz senkte sie auf 3,75 % von bisher 4,00 %.
Die Leitzinsen bleiben aber auf einem Niveau, das die Konjunktur weiterhin dämpft. „Das ist gut so“, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, „denn die europäischen Währungshüter sind bei der Bekämpfung der Inflationsgefahren noch lange nicht am Ziel. Preistreiber bleiben die überdurchschnittlich steigenden Löhne im Dienstleistungssektor. Und perspektivisch könnte auch ein fallender Euro-Wechselkurs für steigende Inflation sorgen.“
Überzogene Konjunkturhoffnungen sind fehl am Platz
Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, dass die EZB erst gar nicht die Erwartung einer dichten Abfolge von Zinssenkungen aufkommen lasse. „Es gibt keinen Autopiloten für weitere Zinssenkungen. Für die nächsten EZB-Sitzungen muss gelten, dass weitere Schritte nur möglich sind, wenn erkennbar die Inflationsrisiken weiter zurückgehen. Dies gilt insbesondere für die Ratssitzung im September, auch wenn die Mehrheit der Marktteilnehmer derzeit dort die nächste Zinssenkung erwartet.“
Unabhängig davon müsse gerade in Deutschland vor überzogenen Konjunkturhoffnungen durch Zinssenkungen gewarnt werden, so Herkenhoff: „Hierzulande belasten seit geraumer Zeit strukturelle Investitions- und Standortprobleme das Wirtschaftswachstum. Diese Bremsfaktoren lassen sich nicht allein durch die EZB und Leitzinssenkungen beseitigen. Vielmehr muss die Wirtschaftspolitik klar die Vorfahrt für Investitionen regeln.“
(BdB vom 06.06.2024 / RES JURA Redaktionsbüro)