Indien boomt – und das zieht immer mehr deutsche Unternehmen auf den Sub-Kontinent. So planen fast sechs von zehn deutschen Unternehmen ihre Investitionen in Indien im laufenden Geschäftsjahr zu erhöhen. Darüber hinaus erwarten 78 % der Unternehmen steigende Umsätze sowie 55 % höhere Gewinne. Für die nächsten fünf Jahre sind die Erwartungen noch positiver: 82 % rechnen mit einem Umsatzzuwachs sowie 74 % mit mehr Gewinn.
Die Unternehmen schätzen das Wachstum als sehr dynamisch ein: Bis 2029 erwarten 37 % der Befragten ein Umsatzwachstum von mehr als 20 % und 25 % von ihnen rechen mit einem Gewinnwachstum von mehr als 20 %.
Das sind die zentralen Ergebnisse des „German Indian Business Outlook 2024“. Die Umfrage der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (KPMG) und der Deutsch-Indischen Handelskammer (AHK Indien) fand zwischen dem 9. April und dem 20. Mai 2024 statt und beschäftigt sich mit den Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen in Indien.
Indien gewinnt Bedeutung als Investitionsstandort
Wie relevant der Sub-Kontinent mittlerweile ist, zeigt sich an den Investitionsvorhaben. 59 % der befragten Unternehmen planen in diesem Jahr einen Ausbau ihrer Investitionen. Das sind 23 Prozentpunkte mehr als im Jahr 2021. Die Zahlen belegen: Indien ist ein nachhaltig wichtiges Investitionsziel für deutsche Unternehmen.
Das wird noch deutlicher in der Fünfjahresperspektive: Drei Viertel (78 %) der Firmen wollen ihre Investitionen erhöhen, eine Verdopplung gegenüber 2021 (36 %). Nur 7 % der Befragten ziehen 2024 eine Kürzung ihrer Investitionen in Betracht.
Top-3-Standortfaktoren: Niedrige Lohnkosten, politische Stabilität sowie qualifizierte Fachkräfte
Befragt nach den Top 3-Standortfaktoren nennen 54 % der deutschen Unternehmen zuerst die niedrigen Lohnkosten gefolgt von der politischen Stabilität des Landes (53 %). An dritter Stelle nennen die Befragten die Verfügbarkeit hochqualifizierter Fachkräfte (47 %). Dies entspricht einem Anstieg um 12 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.
In den kommenden fünf Jahren erwarten die Unternehmen aber Verschlechterungen bei den Lohnkosten. 2029 sehen nur noch 36 % der Unternehmen entsprechende Kostenvorteile. Im Vergleich mit anderen asiatischen Ländern sehen 69 % der deutschen Unternehmen besonders Indiens stetig wachsende Wirtschaft als Vorteil. Hierzu trägt auch die schwächelnde Konjunktur Chinas bei.
Indien als Produktionsstandort für den lokalen Markt ist stärkstes Motiv für Investitionen
Deutschen Unternehmen bietet das bevölkerungsreichste Land der Welt enormes Potenzial. Aktuell nutzt ein Drittel (33 %) Indien als Produktionsstandort für den lokalen Markt. Bis 2029 planen das 45 % der Unternehmen. Für mehr als jedes vierte deutsche Unternehmen (27 %) ist das beeindruckende Absatzpotential Indiens – einem Markt mit über 1,44 Mrd. Konsumenten – der zweitwichtigste Grund für ein wirtschaftliches Engagement. Bis 2029 sagen dies bereits 40 % der Unternehmen.
Immer wichtiger wird für die Befragten die Rolle Indiens als globales Kompetenzzentrum bzw. Shared Service Center. Rund jedes fünfte Unternehmen (21 %) hat in Indien ein solches Zentrum eingerichtet, mehr als ein Drittel der Unternehmen (35 %) will dem Beispiel in den nächsten fünf Jahren folgen.
Hohe Erwartungen an die neu gewählte Regierung
Die Umfrage von KPMG und AHK wurde kurz vor Bekanntgabe der Wahlergebnisse durchgeführt. Dennoch gibt sie Hinweise auf die Erwartungshaltung deutscher Unternehmen an die neue Regierung. So hoffen zwei Drittel der Befragten (67 %) auf eine vereinfachte Regulierung, die Bekämpfung der Korruption sowie mehr Rechtssicherheit im Land. An zweiter Stelle folgt der Wunsch nach Ausbau und Modernisierung der Infrastruktur. Dies wünschen sich 55 % der Unternehmen. Eine Liberalisierung des Handels sowie eine Förderung der Exporte erhoffen 48 %.
Bürokratie sowie Korruption bleiben Themen
Trotz der positiven Aussichten sehen die befragten deutschen Unternehmen auch Herausforderungen in Indien. 64 % der Befragten empfinden die bürokratischen Hürden als besonders belastend. Dieses entspricht einem Anstieg um 11 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Danach folgt Korruption mit 39 %, die im Vergleich zum Vorjahr (47 %) jedoch als weniger relevant eingeschätzt wird. Als drittgrößte Herausforderung gilt das Steuersystem. Mehr als jedes vierte deutsche Unternehmen (27 %) beklagt dies.
Protektionismus, Cyber-Attacken und Luftverschmutzung
Steigende Einfuhrzölle werden von 52 % und nicht-tarifäre Handelshemmnisse von 43 % als weitere Risiken betrachtet.
Befragt nach exogenen Risiken nennen 40 % der deutschen Unternehmen mögliche Cyber-Attacken an erster Stelle. 37 % empfinden die hohe Luftverschmutzung in Indiens Großstädten als Risiko. Zunehmender Protektionismus und Blockbildung werden von 36 % als weitere wesentliche Risiken genannt.
(KPMG vom 18.06.2024 / RES JURA Redaktionsbüro)