• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • MiFID II: Europas Banken fürchten Millionenausfälle

14.06.2016

MiFID II: Europas Banken fürchten Millionenausfälle

Autokonzerne auf der Überholspur

Corporate Finance

Europas Banken ächzen unter der Regulierungsflut – allerdings nicht alle. Die Top-Banken in Deutschland geben sich im Europavergleich überdurchschnittlich optimistisch. Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie Markets in Financial Instruments Directive (MiFID II) rechnen sie mit verkraftbaren Einbußen. Anders in Italien und Frankreich: Die Großbanken dort befürchten jeweils Einnahmenausfälle im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich, weil ihnen Provisionserträge entgehen.

Das ergibt die „MiFID II European Benchmark Study“ des Beratungshauses Eurogroup Consulting. Für die Studie wurden Interviews mit Entscheidern von Top-Großbanken aus fünf EU-Ländern geführt, die für eine Bilanzsumme von fast elf Billionen € stehen. Das beschlossene Provisionsverbot ist einer der größten Sorgentreiber in der Finanzbranche. Vermögensverwalter und Portfoliomanager dürfen für eine unabhängige Beratung künftig keine Zuwendungen von Anbietern der Wertpapierprodukte erhalten. Lediglich kleine, nichtmonetäre Vorteile sind im Einzelfall erlaubt. Dafür muss sich aber die Servicequalität für den Kunden belegbar verbessern. Je nach Geschäftsmodell reißt das Verbot riesige Löcher in die Bankbilanzen.

Deutsche Großbanken sind in Bezug auf mögliche Ertragsverluste weniger besorgt

„Im Retailgeschäft setzen Institute hierzulande überwiegend auf das bisherige nicht unabhängige Beratungsmodel. Es erlaubt ihnen, weiterhin Provisionen von Produktanbietern zu erhalten. In der Portfolioverwaltung haben die meisten Häuser darüber hinaus schon sehr frühzeitig auf Bestandsprovisionen verzichtet, so dass sie auf die Änderungen aus MiFID II gut vorbereitet sind“, sagt Studienleiter Dr. Christian Jensen von Eurogroup Consulting. „Nichtsdestotrotz bedeuten die Umstellungen auch für deutsche Institute in der IT sowie in der Vertriebsorganisation erhebliche Kosten“, so Jensen.

In Italien und Frankreich machen die Zuwendungen der Produktlieferanten dagegen einen beträchtlichen Anteil am Wertpapiergeschäft aus. Entsprechend groß ist die Sorge dort, wie sie künftig noch Einnahmen generieren sollen. Um den Wegfall von Provisionen zu kompensieren, müssen die Institute ihre sichtbaren, direkten Gebühren drastisch erhöhen: „In den Ländern mit großer Abhängigkeit von Provisionen sind als Ausgleich Gebührensteigerungen von bis zu 20% nötig. Das werden nicht alle Kunden mitmachen“, so Jensen.

Direktbanken und Fintechs profitieren von Transparenzvorschriften

Einig ist sich Europas Top-Bankenwelt bei der Bewertung des Themas Kostentransparenz. Hierdurch steigt das Risiko, dass Kunden verstärkt zu Direktbanken und Fintechs abwandern. Denn Produkt- und Dienstleistungskosten müssen gemäß MiFID II künftig exakt berechnet und dem Kunden mitgeteilt werden. „Viele Depotinhaber werden, wenn sie zukünftig ihren Jahresreport ihrer Bank erhalten, genau rechnen, ob ihr Vermögensverwalter gut gewirtschaftet hat. Die meist attraktiveren Preismodelle der Institute ohne großen Vertriebsapparat und mit automatisierten Prozessen bedeuten einen großen Vorteil im Kampf um Kunden“, sagt Co-Autor Norman Weißer, Bankenexperte bei Eurogroup Consulting.

Verschiebungen in der Angebotspalette

Als Ausweg aus der Provisions- und Transparenzfalle reagiert die Bankenwelt recht einheitlich. Die Mehrheit will auf den Status „unabhängige Beratung“ verzichten und ihren Kunden stattdessen andere Mehrwerte liefern. Das sind zum Beispiel spezielle Auswertungen sowie gesonderte Kundenreports. In diesem Fall dürfen die Institute weiterhin Provisionen von Produktanbietern erhalten. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass die Institute mit unabhängiger Beratung Produkte mit geringeren Gebühren anbieten werden. Bislang unattraktive börsengehandelte Fonds, sog. ETFs (Exchange Traded Funds) rücken dann in den Fokus der Banken.

Weitere Informationen zur Studie „MiFID II European Benchmark Study“ finden Sie hier.

(Pressemitteilung EGC Eurogroup Consulting vom 13.06.2016)


Redaktion

Weitere Meldungen


Dr. Christian Frank
Interview

Dr. Christian Frank

29.04.2024

Restrukturierungen: „Krisenzeiten bieten viel Raum für Mutige!“

Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Krisenzeit – auch in Folge der jüngsten Marktturbulenzen – werden im laufenden Jahr deutlich mehr Firmenpleiten erwartet. Die rasante Erhöhung der Zinskosten, aber auch Faktoren wie hohe Preissteigerungen bei Vorprodukten und die hohen Energiepreise verstärken den Druck auf bislang gesunde Unternehmen. Ein Ende dieser negativen Entwicklung ist nicht abzusehen. Dr. Christian

Restrukturierungen: „Krisenzeiten bieten viel Raum für Mutige!“
Energie, Energiekrise, Strom, Stromkosten, Stromzähler
Meldung

©JürgenFälchle/fotolia.com

29.04.2024

Jedes zweite Unternehmen nutzt Strom aus erneuerbaren Energien

Unternehmen sind wichtige Akteure für das Gelingen der Energiewende, entfallen doch auf Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen rund 42 % des deutschen Endenergieverbrauchs. Eine Sonderauswertung des KfW-Klimabarometers liefert neue repräsentative Ergebnisse zu Investitionen in sowie die Nutzung von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien im heimischen Unternehmenssektor: So äußerten 54 % der Unternehmen in Deutschland,

Jedes zweite Unternehmen nutzt Strom aus erneuerbaren Energien
Künstliche Intelligenz, KI, AI
Meldung

©peshkova/123rf.com

25.04.2024

KI in der Finanzabteilung? Deutsche CFOs skeptisch

Im März dieses Jahres hat die EU das weltweit erste KI-Gesetz verabschiedet, das die Entwicklung vertrauenswürdiger KI unterstützen soll. Diese Initiative entspricht der teilweise noch vorherrschenden Skepsis in der Wirtschaft. Denn die Finanzentscheider in deutschen Unternehmen trauen der neuen Technologie noch nicht über den Weg. Mehr als 44 % stehen dem Einsatz von KI in Finanzprozessen

KI in der Finanzabteilung? Deutsche CFOs skeptisch
CORPORATE FINANCE - Die Erfolgsformel für Finanzprofis

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank