14.09.2023

BMWK zur wirtschaftlichen Lage

Autokonzerne auf der Überholspur

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Aktuelle Frühindikatoren deuten auf ein schwaches drittes Quartal hin; frühestens zum Jahreswechsel 2023/24 ist mit einer spürbaren konjunkturellen Belebung zu rechnen.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sieht die wirtschaftliche Situation in Deutschland aktuell zweigeteilt: Auf der einen Seite hat die binnenwirtschaftliche Dynamik im Zuge wieder leicht steigender Reallöhne und einer anhaltend positiven Investitionsentwicklung langsam an Fahrt aufgenommen. Auf der anderen Seite hat sich die Auslandsnachfrage im Zuge der noch schwachen welt­wirtschaftlichen Entwicklung weiter eingetrübt.

Rückgang von Produktion und Umsätzen

In der Industrie kam es erneut zu einem deutlichen Rückgang der Produktion in Höhe von 1,8 %, im Baugewerbe hingegen erhöhte sich der Ausstoß um 2,6 %. Die besonders energieintensiven Industriezweige verzeichneten nach der Stabilisierung im Vormonat wieder ein Minus von 0,6 %. Die Auftragseingänge waren im Juli gegenüber dem Vormonat mit -11,7 % deutlich rückläufig, nachdem sie im Juni kräftig zugelegt hatten (+7,6 %). Der Rückgang ist allerdings zuvorderst auf Sondereffekte infolge von Großaufträgen im Vormonat zurückzuführen. Ohne Großaufträge nahmen die Bestellungen um 0,3 % zu.

Die realen Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz sind im Juli erneut leicht zurückgegangen (-0,8 %). Im weniger volatilen Dreimonatsvergleich ergab sich aber noch ein Plus von 1,8 %. Die Frühindikatoren deuten aktuell noch eine verhaltene Entwicklung des privaten Konsums in den kommenden Monaten an.

Die Verbraucherpreisinflation setzte ihren Abwärtstrend im August fort. Die Teuerungs­rate lag bei 6,1 % (Juli: +6,2 %), die Kerninflation verharrte bei 5,5 %. Nahrungsmittel verteuerten sich gegenüber dem Vorjahresmonat erneut überproportional (+9,0 %), allerdings ließ der Preisauftrieb weiter nach (Juli: +11,0 %).

Arbeitslosigkeit steigt an

Die konjunkturelle Schwäche macht sich zunehmend auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Die Arbeitslosigkeit stieg im August saisonbereinigt (sb) merklich um 18.000 Personen. Die Frühindikatoren von IAB und ifo deuten mit ihrer verhaltenen Entwicklung im August weiterhin auf eine verminderte Dynamik am Arbeitsmarkt hin. Insgesamt zeigt sich der Arbeitsmarkt aber trotz der schwachen konjunkturellen Lage weiter weitgehend stabil.

Weltwirtschaftliches Umfeld weiter schwach

Die weltweite Industrieproduktion nahm im Berichtsmonat Juni im Vergleich zum Vormonat leicht zu (+0,4 %), der Welthandel ging allerdings wieder zurück (-0,7 %). Die Frühindikatoren zum Welthandel deuten auf eine uneinheitliche Entwicklung in den kommenden Monaten hin.

Der RWI/ISL-Containerumschlag-Index ist im Berichtsmonat Juli (saisonbereinigt) von 123,3 auf 121,9 Punkte wieder etwas gefallen, da sich der Containerumschlag weltweit abgeschwächt hat. Der Nordrange-Index ging dabei relativ gesehen deutlicher zurück als der Umschlag in den chinesischen Häfen. Die Schiffbewegungsdaten des Kiel-Trade-Indikators senden für den Welthandel im August dagegen leicht positive Signale (+0,9 %).

Der Stimmungsindikator von S&P Global ist im August auf 50,6 Punkte gefallen und liegt im Bereich der „wachstumsneutralen“ Schwelle. Während die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe zuletzt wieder leicht auf 49,0 Punkte stieg, trübte sie sich bei den Dienstleistern weiter ein. Demnach bleiben die Aussichten für die Weltwirtschaft schwach.

Laut dem aktuellen Prognosedurchschnitt von Consensus Economics dürfte sich die wirtschaftliche Aktivität in China mit 5,3 % in diesem Jahr schwächer entwickeln als zuvor erwartet. Und auch im Euroraum ist zunächst nur mit einem verhaltenen Wachstum von +0,6 % zu rechnen. Auch wenn sich die Aussichten in den USA zuletzt etwas aufgehellt haben (2023: +1,9 %), bleibt die weltwirtschaftliche Nachfrage zunächst – auch laut den aktuellen Prognosen der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute – verhalten.

Verbraucherstimmung zurückhaltend

Die Frühindikatoren für die Stimmung unter den Verbraucherinnen und Verbrauchern senden zurückhaltende Signale. Laut Prognose der GfK trübt sich die Stimmung unter den privaten Konsumenten im September wieder etwas ein, nachdem sie sich im August etwas erholt hatte. Sie stagniert damit bei leichten monatlichen Schwankungen auf einem niedrigen Niveau, vor allem aufgrund von eingetrübten Einkommenserwartungen und Kaufzurückhaltung. Das ifo Geschäftsklima im Einzelhandel hat sich im August zum vierten Mal verschlechtert und liegt unverändert tief im negativen Bereich, auch wenn sich die Geschäftserwartungen im August auf einem niedrigen Niveau etwas verbessert haben. Insgesamt sprechen die Frühindikatoren am aktuellen Rand für eine zunächst gedämpfte Entwicklung der privaten Konsumausgaben.

Inflation weiter rückläufig – Energiepreise ziehen wieder an

Die Inflationsrate (Anstieg des Verbraucherpreisniveaus binnen Jahresfrist) lag im August bei 6,1 %. Damit setzte sie ihren Abwärtstrend fort (Juli: +6,2 %). Die Kernrate (ohne Energie und Nahrung) blieb unverändert bei 5,5 %. Nahrungsmittel verteuerten sich erneut überproportional (+9,0 %), allerdings ließ der Preisauftrieb hier ebenfalls weiter nach (Juli: +11,0 %). Die Energiepreise legten mit +8,3 % wieder stärker zu als der Gesamtindex und als in den drei Vormonaten (Juli: +5,7 %,). Verantwortlich hierfür war auch ein Basiseffekt infolge des Wegfalls der EEG-Umlage zum 1. Juli 2022.

Der Preisdruck von Seiten der Energieträger hat zuletzt wieder zugenommen. An den Spotmärkten steigen die Preise für Erdgas seit Mitte Juli wieder an. Aktuell liegt der TTF Base Load mit 35 €/MWh aber noch 84 % unter dem Niveau des September 2022 und 7 % unter dem des August 2023. Die Markterwartungen deuten allerdings darauf hin, dass die Erdgaspreise bis zum Jahreswechsel wieder auf etwa 50 €/MWh steigen könnten.

Die Entwicklung auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen signalisiert eine nachlassende Preisdynamik. Die Erzeugerpreise sind im Juli 2023 deutlich um 6,0 % gegenüber Juli 2022 gesunken (Juni: +0,1 %,). Gegenüber dem Vormonat nahmen die Erzeugerpreise ab (-1,1 %). Die Einfuhrpreise gingen im Juli mit -13,2 % gegenüber dem Vorjahresmonat kräftig zurück (-0,6 % gegenüber Vormonat). Auch die Verkaufspreise im Großhandel gaben im Juli sowohl im Vormonats- (-0,2 %) als auch im Vorjahresvergleich (-2,8 %) nach. Bei den Einfuhr- und Erzeugerpreisen kam es damit im Vergleich zum Vorjahresmonat zu einem Rückgang, wie er schon lange nicht mehr zu beobachten gewesen war (Erzeugerpreise: Okt. 2009; Importpreise: Jan. 1987). Für die nächsten Monate ist – auch mit Blick auf die Preiserwartungen der Unternehmen – von einer weiter hohen, aber langsam abflauenden Preisdynamik auszugehen. Der Preisdruck vergangener Kostensteigerungen und Lieferkettenstörungen ist weitgehend überwälzt worden. Die Energiepreise liegen auf moderatem Niveau. Die geldpolitische Straffung wirkt dämpfend auf die Nachfrageseite. Während im Vorjahresvergleich erhöhende Sondereffekte (9-Euro-Ticket, „Tankrabatt“) im September entfallen, ergeben sich steigernde Basiseffekte im Zeitraum Oktober 2023 bis März 2024 infolge der befristeten Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas und Fernwärme. Vor diesem Hintergrund liegt das aktuelle Prognosespektrum der Wirtschaftsforschungsinstitute für die Inflationsrate im Jahr 2023 bei 6,0 bis 6,1 % und im Jahr 2024 bei 2,1 bis 3,0 %.

(BMWK vom 13.09.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)


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