Die Bedingungen am deutschen Private-Equity-Markt bleiben trotz des überraschenden Brexit-Votums von Ende Juni akkomodierend für die Geschäfte von Finanzinvestoren. Weder beim Kreditzugang noch bei Neu-Investments, Exits oder Fundraisings zeigen sich durch die Entscheidung der Briten Beeinträchtigungen.
Die Verfügbarkeit von Dealfinanzierungen hat sich gegenüber der letzten Befragung, die vor dem Brexit-Votum im Monat Mai durchgeführt wurde, auf hohem Niveau sogar noch einmal leicht auf 7,96 von 10 möglichen (= ausgezeichnete Konditionen) Punkten verbessert. Allerdings scheinen sich die Bedingungen für die angebotenen Kreditpakete verschlechtert zu haben: Diese werden von den PE-Professionals nur noch mit 6,91 statt 7,56 Punkten bewertet. Das sind Ergebnissse des neuen Private Equity Panels, für das CMS Deutschland und das Magazin “FINANCE“ dreimal jährlich rund 40 Private Equity-Häuser anonym befragen. „Fremdkapital ist nach wie vor mehr als ausreichend vorhanden. Insofern können auch die leicht verschlechterten Konditionen die gute Stimmung der Investoren kaum trüben“, betont CMS-Partner Dr. Joachim Dietrich.
Investoren weiter in Kauflaune
Die bevorstehenden Brexit-Verhandlungen nehmen nur sehr wenige PE-Investoren als Bremsfaktor für ihre Projekte wahr. Weniger als zehn Prozent der Befragten erkennen bei der praktischen Umsetzung von M&A-Projekten und den Kaufpreisverhandlungen, aber auch bei Finanzierungen und Exit-Möglichkeiten Marktverschlechterungen, die durch das Brexit-Votum ausgelöst wurden. Gerade einmal 13 Prozent der Befragten geben an, dass sich das Brexit-Votum auf die Geschäfte ihrer Portfoliounternehmen ausgewirkt hätte. Leichte Irritation scheint es allerdings bei den Transaktionspartnern gegeben zu haben. Eine gewisse Verunsicherung am M&A-Markt glaubt knapp jeder Dritte zu sehen, auch ein Rückgang der Risikofreude bei den Finanzierungspartnern wird von rund 30 Prozent der Panelisten beobachtet. „Der Brexit steht aktuell weder bei den Portfolio-Unternehmen noch bei den anstehenden Transaktionen im Fokus. Die Mehrzahl der Markteilnehmer geht vielmehr davon aus, dass im Zuge der Verhandlungen für alle Beteiligten akzeptable Ergebnisse erzielt werden“, so Dr. Joachim Dietrich.
Da es auch keine anderen externen Faktoren gibt, die negativ auf den Private-Equity-Markt eingewirkt haben, bleibt das positive Gesamtbild intakt: Mit 6,83 Punkten von 10 (= sehr gute Aussichten) möglichen Punkten sind die Geschäftsaussichten der Private-Equity-finanzierten Unternehmen unverändert stabil. Zwar werden die Kaufpreise nach wie vor als teuer eingestuft, trotzdem sehen sich 61 Prozent der befragten Finanzinvestoren derzeit eher auf der Käuferseite. Das ist der höchste Anteil seit über zehn Jahren. „Die nach wie vor sehr guten Rahmenbedingungen für Private Equity dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kampf um attraktive Targets weiterhin intensiv ist, was in erster Linie zu hohen Kaufpreisen und in zweiter Linie zu sehr guten Verhandlungspositionen für die Verkäufer führt“, erläutert CMS-Partner Dr. Tobias Schneider.
Rückzug aus Automotive hält an
Bei den favorisierten Zielbranchen für Neu-Investments stehen die Sektoren Healthcare, Software/IT und Dienstleistungen weiterhin in der Gunst der Finanzinvestoren. Unattraktiv sind dagegen Finanzdienstleister und Automobilzulieferer. Auch wenn die Automobilindustrie einst die Lieblingsbranche der deutschen PE-Investoren war, ist zu erwarten, dass der Rückzug in den kommenden Monaten anhalten wird. Damit reduzieren Private Equity-Häuser – in der weltweiten Betrachtung – nun schon im dritten Jahr ihre Aktivitäten in der Automobilbranche. Auch in Deutschland gab es Mitte Oktober wieder einen größeren Trade Sale: Der PE-Investor Equistone verkaufte den Industrie- und Automobilzulieferer Hornschuch an den Dax-Konzern Continental. „Dass wir derzeit im Automotive-Sektor viele Exits und wenig Neuinvestments sehen, ist nicht überraschend, möglichweise aber etwas voreilig, denn gerade im Automotive-Sektor sind viele attraktive und innovative Unternehmen tätig, die noch sehr viel ungenutztes Potential haben, man muss sie nur identifizieren“, meint Dr. Tobias Schneider.
(Pressemitteilung CMS vom 27.10.2016)