Das größte Risiko für das eigene Unternehmen sind aus Sicht der CEOs von deutschen Großunternehmen neue Unterbrechungen der weltweiten Handelsketten und Wirtschaftsprozesse durch die Pandemie. Mehr als jeder zweite Befragte (52%) gibt dies an – das sind 9% mehr als im internationalen Vergleich.
Deutsche CEOs fürchten Wiederaufflammen der Pandemie und weitere Fragmentierung der Weltwirtschaft
Deutsche Unternehmen haben in der Vergangenheit vom freien, internationalen Handel enorm profitiert, erklären die Studienautoren. Die deutsche Wirtschaft sei auf freie Handelswege, internationale Regelungen und sichere Lieferketten angewiesen. Aktuell stehe dieses Geschäftsmodell Deutschlands angesichts der vielen Krisenherde aber vor der vermutlich größten Herausforderung seit dem Bestehen der Bundesrepublik. Dies zeigen auch die harten Zahlen: Die Wareneinfuhren nach Deutschland haben inzwischen fast ein genauso großes Volumen wie die Ausfuhren. Ein Trend, der sich bereits seit knapp eineinhalb Jahren abzeichnet. Findet die deutsche Wirtschaft hier keine Lösungen, droht mehr als der Verlust des Titels des Exportweltmeisters, warnen die Autoren des CEO Survey. Es gehe hier um Arbeitsplätze und nicht zuletzt den Wohlstand Deutschlands.
Jedes zweite deutsche Großunternehmen musste bereits Investitionen aufgrund der geopolitischen Lage verschieben
Tatsächlich bereitet eine zunehmende Regionalisierung und Fragmentierung der Weltwirtschaft deutschen Unternehmenslenkern größere Sorgen als den CEOs in anderen Ländern: So bezeichnen 37% der CEOs in Deutschland eine wirtschaftliche Blockbildung und Unterbrechung des Warenhandels als eines der größten Risiken für das Wachstum des eigenen Unternehmens – weltweit liegt der Anteil bei 30%.
Laut der Studienautoren gibt es seit vielen Monaten Lieferschwierigkeiten, die ganze Branchen in einen ständigen Ausnahmezustand versetzen und zu erheblichen Kostenbelastungen führen. Nun kommen der Umfrage zufolge eine drohende Rezession und eine Energiekrise in Europa hinzu – und diese treffe Deutschland, das sich von russischem Gas abhängig gemacht hat, besonders hart. Den hiesigen Unternehmenslenkern stehen extrem herausfordernde Monate bevor, so die Studienautoren.
Während bei deutschen Unternehmen vor allem im Bereich der Lieferkettenstabilität und Regionalisierung der Weltwirtschaft die Alarmglocken schrillen, stufen sie die Risiken durch Cyberkriminalität ähnlich groß wie im weltweiten Schnitt ein: Sowohl in Deutschland als auch weltweit betrachtet knapp ein Drittel der Befragten diesen Faktor als großes Risiko für das Wachstum ihres Unternehmens.
Pandemie als Hauptgrund für Änderung von Investitionsplänen – Brexit spielt fast keine Rolle
Deutsche Unternehmen hatten zuletzt offenbar überdurchschnittlich stark mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen: 40% der deutschen CEOs, aber nur 33% der weltweit befragten Unternehmenschefs, sagen, dass sie ihre Investitionspläne aufgrund pandemiebedingter Probleme – etwa gestörter Lieferketten – geändert haben.
Bei den Auswirkungen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine liegt Deutschland dagegen nur einen%punkt über dem weltweiten Schnitt von 22%. Insgesamt werden die Auswirkungen in europäischen Unternehmen (28%) im weltweiten Vergleich am stärksten wahrgenommen, in Amerika (16%) und Asien (19%) dagegen weniger stark. Anhaltende Brexit-Reibungen spielen dagegen weder weltweit (9%) noch hierzulande (5%) eine große Rolle. Vor allem in Asien werden allerdings die Spannungen zwischen den USA und China mit Sorge betrachtet.
So sind deutsche CEOs auch etwas weniger pessimistisch, wenn es um die Auswirkungen der Inflation auf die Leistungsfähigkeit des eigenen Unternehmens geht. Weltweit sagen zwei von drei Befragten (69%), dass sie von negativen Auswirkungen ausgehen. In Deutschland ist der Anteil mit 60% etwas niedriger. Größte Herausforderung sehen die Unternehmen in steigenden Preisen, die die Nachfrage der Kunden verringern könnten.
Zukunftsinvestitionen sollen weiter durchgeführt werden
Bei allen Unwägbarkeiten: Deutsche Unternehmen stellen weiterhin die Weichen für die Zukunft: Steigen sollen vor allem die Investitionen in Digitaltechnik und Technologie (68%), in Mitarbeiter und ihre Fähigkeiten (59%) und in Forschung und Entwicklung (58%). Ohne Investitionen sind selbst aktuell profitable Unternehmen langfristig nicht wettbewerbsfähig, warnen die Studienautoren. Unternehmen müssten ihre Geschäftsmodelle immer wieder hinterfragen, anpassen und wenn nötig transformieren, um langfristig erfolgreich zu sein. Das gehe nur, wenn sie investieren. Angesichts der drohenden Rezession und exorbitanter Preissteigerungen müssen kurzfristig auch Ausgaben kritisch geprüft werden, so der Rat der Studienautoren. Erneut zeige sich, wie wichtig es sei, fortwährend an der Resilienz und Flexibilität des Unternehmens zu arbeiten, um von Krisen nicht aus der Bahn geworfen zu werden.
Den „EY CEO Survey“ können Sie hier kostenlos bestellen.
(Pressemitteilung EY vom 15.10.2022)