06.12.2016

China will Übernahmen erschweren

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Konzerne, Immobilien, Fußballklubs: In der Vergangenheit haben chinesische Firmen in Europa groß eingekauft. Nun will die Regierung Investitionen beschränken, um Kapital im Land zu halten. Geht der Übernahmeboom zu Ende?

Konzerne, Immobilien, Fußballklubs: In der Vergangenheit haben chinesische Firmen in Europa groß eingekauft. Nun will die Regierung Investitionen beschränken, um Kapital im Land zu halten. Geht der Übernahmeboom zu Ende?

Der Schock sitzt tief. Dabei war die Welt bei den Investmentbankern vor kurem noch in bester Ordnung. Chinesische Übernahmen in Deutschland schienen die Garantie für ein hervorragendes Jahr für Mergers & Acquisitions (M&A) 2017 zu sein, nachdem bereits von Januar bis Ende November dieses Jahres ein neuer Rekord erzielt wurde. Doch dann kursierte – zunächst im chinesischen Internet und später in lokalen Medien – ein Gesetzentwurf, der für große Nervosität sorgt. Der Staatsrat in China plant demnach, Auslandsinvestitionen von chinesischen Unternehmen von mehr als zehn Milliarden Dollar zu untersagen. Gleichzeitig sollen nach dem Entwurf M&A-Deals im Wert von über einer Milliarde Dollar nicht mehr erlaubt werden, falls diese außerhalb des Kerngeschäfts des Investors liegen. Mit den Vorgaben will Peking die Kapitalflucht eindämmen und Fehlinvestitionen verhindern. Die Übernahme des Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Küchengerätekonzern Midea hätte es unter den neuen Vorzeichen wohl nicht mehr gegeben. Die strengen Regeln sollen zunächst bis September 2017 gelten.

Angesichts der Brisanz des Themas versuchen die Investmentbanken derzeit eilig, sich mehr und genauere Informationen in China zu besorgen. Doch noch herrscht großes Rätselraten über die Auswirkungen. Öffentlich will sich keine Bank dazu äußern. Klar ist aber: Die ganz große Party ist vorbei.

Übernahmeboom damit beendet?

Der Plan der Kommunistischen Partei dürfte einen beispiellosen Boom im Übernahmemarkt beenden. Ausländische Direkt-Investitionen aus China sind in den ersten neun Monaten um 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 145 Milliarden Dollar gestiegen. Über die Hälfte kam nach Europa, wie der Finanzdatendienstleister Thomson Reuters errechnet hat. Allein in Deutschland kauften die Chinesen bis Ende November Unternehmen für 10,3 Milliarden Dollar. Ein neuer Rekord und mehr als das Fünffache des Jahres 2012, als der bisherige Höchststand erzielt worden war. Noch wurde kein Deal mit chinesischer Beteiligung, der sich auf den Listen der befragten Banken befindet, abgesagt. Die Meldungen sind noch zu frisch, um sich im Tagegeschäft niederzuschlagen.

Die Politik ist alamiert

Vor dem Gegenwind aus China hatte sich schon die deutsche und europäische Politik des Themas angenommen – und Verstimmung signalisiert. Denn der Kaufrausch aus China – man denke nur an den Roboterbauer Kuka, den Abfall-Entsorger EEW oder den Anlagenbauer Aixtron – löste eine Debatte um den Schutz deutscher Schlüsseltechnologien vor dem Ausverkauf aus. Beispiel Kuka: Zunächst hatte EU-Kommissar Günther Oettinger für eine europäische Gegenofferte geworben – und vor dem Transfer von Spitzentechnologie „Made in Germany“ gewarnt. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel schloss sich dem Appell an. Aber am Ende war die Offerte zu lukrativ, die Abwehr misslang.

Doch die politischen Interventionen in West und Ost werden Spuren hinterlassen. „Wir glauben nicht, dass das Jahr 2017 wieder ein Rekordjahr wie 2016 sein wird. Es deutet sich zurzeit eher eine abflachende Tendenz auf dem Markt an. Angesicht des erhöhten Transaktionsrisikos sind sowohl Käufer als auch Verkäufer bei einer M&A-Transaktion mit chinesischer Beteiligung vorsichtiger geworden“, sagt Huanping Zhang, Experte für Fusionen und Übernahmen und Chef der Beratungsgesellschaft Eurasian Consulting.

Dabei haben die chinesischen Unternehmen gute Gründe, deutsche und europäische Firmen zu kaufen. Weil die wirtschaftliche Dynamik im Inland nachlässt, sind grenzüberschreitende Transaktionen sinnvoll. „Der Innovationsdruck bei chinesischen Firmen führt dazu, dass diese vermehrt Schlüsseltechnologien und bekannte Marken in Industrieländern nachfragen“, sagt Ken-Oliver Fritz, Co-Chef der Investmentbank Lazard in Deutschland. Allerdings glauben Branchenbeobachter, dass die Zeit des wahllosen Einkaufens von Hotels, Fußballvereinen und Immobilien vorbei ist – weil die Führung in Peking das nicht mehr will.

Ob dies auch für neue Spieler gilt, die mit dem Geld milliardenschwerer Beteiligungsfonds nach Technologieführern suchen, ist ebenfalls eine offene Frage. Inländische Private-Equity-Fonds suchten zuletzt aktiv nach größeren Zukäufen und seien dabei offen für die Bildung von Konsortien oder die Kooperation mit strategischen Käufern, heißt es in einer Studie der US-Bank JP Morgan. Fonds wie JIC Investment Co. oder Agic Capital verfügen dabei schon über Stützpunkte und Erfahrungen im deutschen Markt. Wenn sich mehrere Strategen aus der Industrie mit diesen Finanzinvestoren verbünden, sind auch spektakuläre Transaktionen möglich. „Die Deals werden größer. Es handelt sich zwar oftmals um Summen im einstelligen Milliardenbereich. Aber auch zweistellige Milliardenbeträge sind denkbar“, sagt Rainer Langel, Deutschlandchef der australischen Bank Macquarie.

Genauere Untersuchungen für mehr Transparenz

Auf jeden Fall werden Käufer und Verkäufer zukünftig noch genauer als bisher untersucht werden. „Nach dem Reinfall mit dem chinesischen Investor beim Flughafen Hahn bei Frankfurt, dem das Geld für das geplante Investment am Ende fehlte, wird noch genauer hingeschaut. Es fehlt bei der riesigen Anzahl von möglichen chinesische Übernehmern oftmals die Transparenz“, sagt Sascha Pfeiffer, Managing Director bei der Investmentbank GCA Altium in Frankfurt. „Die Kaufinteressenten müssen mehr und deutlicher kommunizieren, warum sie ein Unternehmen erwerben wollen und was ihre Ziele dabei sind“, sagt ein Rechtsanwalt in Frankfurt.

Auch Jörg Asmussen, der frühere Spitzenbeamte im Bundesfinanzministerium und heutige Managing Director bei Lazard, sieht neue Herausforderungen auf die Chinesen zukommen. „Im Kern geht es beim deutschen Außenwirtschaftsgesetz um die Beschränkung von Übernahmen durch ausländische Firmen, wenn der Schutz der öffentlichen Sicherheit und öffentlicher Interessen zum Tragen kommt.“ Bislang seien die staatlichen Eingriffe gering gewesen. Aber es zeichne sich eine Verschärfung ab, so Asmussen. „Dabei wird der Einfluss der Kartellbehörden und der Börsenaufsichten sowie der Regulierungsbehörden zunehmen.“

(Quelle: Handelsblatt vom 02.12.2016)


Redaktion

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