Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Belastungen der Weltwirtschaft haben für die allermeisten Unternehmen keine nachhaltigen Auswirkungen auf ihre Strategie in Bezug auf Übernahmen und Fusionen. Die Pandemie wirkt aber als Katalysator für eine moderne Unternehmensausrichtung jenseits der reinen Gewinnmaximierung. Nachhaltigkeit und Purpose sind Kernthemen für Unternehmen während und nach der Krise. Das hat eine Umfrage der Kanzlei Noerr unter Chefjustiziaren führender Unternehmen in Deutschland und Europa aus verschiedenen Branchen ergeben.
Seit März 2020 wirkt sich die Covid-19-Pandemie weltweit grundlegend auf alle Aspekte des wirtschaftlichen und sozialen Lebens aus. Regierungen haben Grenzen, Universitäten, Schulen, Geschäfte und Restaurants geschlossen und Abstandsregeln verordnet. Dies führte laut der Studienautoren zu einer neuen Normalität für Unternehmen und für jeden Einzelnen. Die Maßnahmen, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ergriffen wurden, stellten eine Beeinträchtigung für die Weltwirtschaft dar. Rund um den Globus sahen sich Regierungen veranlasst, Konjunkturmaßnahmen zu ergreifen. Ohne Vorwarnung befanden sich Unternehmen in einem Stresstest in Bezug auf ihre Kunden- und Lieferantenbeziehungen. Bei einigen stellten sich, der Umfrage zufolge, grundlegende Fragen in Bezug auf ihr Geschäftsmodell.
Gesteigerte M&A-Aktivität nach kurzfristiger Schockstarre
Obwohl im zweiten Quartal 2020 eine kurzfristige Schockstarre des Transaktionsmarktes festgestellt werden konnte, bestätigte sich laut der Studienautoren, dass 85% der Unternehmen keine mittel- oder langfristigen Auswirkungen auf die strategischen M&A-Ambitionen erwarten. Dieser Befund deckt sich mit einer gesteigerten M&A-Aktivität spätestens seit dem dritten Quartal 2020, die im Markt feststellbar sein.
Herausforderungen bei der Unternehmensbewertung durch die Pandemie
Laut der Noerr-Umfrage sieht allerdings etwa die Hälfte der Unternehmen durch die Pandemie ausgelöste Herausforderungen bei der Unternehmensbewertung. Ein weiterer Treiber auch bei M&A-Transaktionen ist nach Einschätzung der Studienautoren die immer stärkere Fokussierung auf ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) in der Unternehmensausrichtung, was sich auch auf das Steuerung des Beteiligungsportfolios auswirkt. Die Antworten der Umfrageteilnehmer offenbaren erstaunliche Einblicke über den Stand der unternehmensinternen Überlegungen und Debatten. Mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie habe sich das geschäftliche und gesellschaftliche Leben fundamental und unerwartet verändert. Bei vielen Unternehmen wurden langjährige Beziehungen zu Kunden und Lieferanten in Frage gestellt bzw. einem Stresstest unterzogen, stellen die Autoren der Studie fest. Die Befragung ergab außerdem, dass 72% der befragten Unternehmensjuristinnen und -juristen Shareholder Activism nicht als Bedrohung für ihr Unternehmen ansehen.
Durch die Corona-Pandemie hat sich die Beteiligung von Investoren durch virtuelle Hauptversammlungen erhöht und zu häufigerer Kommunikation mit Investoren geführt. Auch ist der Kontakt wegen des fehlenden persönlichen Austausches laut der Studienteilnehmer formeller geworden.
81% der befragten Chefjuristen erwarten, dass 90% ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nie mehr vollständig an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werden. Immerhin 85% der Befragten erwarten, dass Geschäftsreisen nie mehr das Vor-Corona-Niveau erreichen werden.
Die Corona-Krise lässt die M&A-Ambitionen der Unternehmen aber offensichtlich unberührt. 85% der befragten Unternehmensjuristinnen und -juristen sehen keine oder nur kurzfristige Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die M&A-Ambitionen. Ebenfalls 85% geben an, ihr Unternehmen habe seine M&A-Strategie aufgrund der Covid-19-Krise nicht angepasst. Trotzdem sehen 45% sehen Corona-bedingte Herausforderungen bei der Unternehmensbewertung.
Zum Themenbereich Unternehmensführung und Corporate Governance befragt, sagen 92% der Unternehmensjuristinnen und -juristen sagen, dass Klimawandel und Umwelt für ihr Unternehmen von hoher Bedeutung sind. 85% sagen, dass ein Sinn bzw. Zweck (Purpose) für ihr Unternehmen von hoher Bedeutung ist und 81% sagen, dass Vielfalt (Diversity) für ihr Unternehmen von hoher Bedeutung ist.
Nach den zukünftigen Herausforderungen befragt, nennen die Unternehmensjuristinnen und -juristen regulatorische Fragen, Datenschutz und Cybersicherheit, Sanktionen, Umwelt, Soziales & Unternehmensführung (Environment, Social & Goverance, ESG) und Rechtsstreitigkeiten.
Die wichtigsten strategischen Initiativen liegen laut der befragten General Counsel in den Bereichen Digitalisierung und Technologie (37%), Risiken und Compliance (11%), Kostenreduzierung und Effizienzsteigerung (11%) sowie Unternehmensintegration (7%).
Nach der Bedeutung von Legal Tech, also der Automatisierung juristischer Tätigkeiten, befragt, gaben 58% der Unternehmensjuristen an, dass diese sehr wichtig sei. Nur für 38% ist das Thema Legal Tech nicht wichtig.
Die vollständige Studie können Sie hier anfordern.
(Pressemitteilung Noerr vom 05.07.2021)