Deutsche Fintechs können sich bislang in der Corona Krise am Markt behaupten und vor allem VC-finanzierte Startups werden zunehmend zu etablierten Partnern in der Finanzbranche. Wie der „Fintech-Kooperationsradar“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland zeigt, mussten 2020 deutlich weniger Fintechs ihr Geschäft einstellen und wurden auch seltener von anderen Unternehmen übernommen.
Kooperationen mit FinTech-Startups sind für Banken und Versicherungen attraktiv, um Kunden schnell innovative Produkte anzubieten oder kurzfristig die Kosten zu reduzieren. Die Bandbreite reicht von recht losen operativen Kooperationsformen bis zu finanziellen Beteiligungen in unterschiedlicher Höhe. Am weitesten gehend ist die vollständige Übernahme eines FinTechs. Unternehmen sichern sich hierdurch schnell den zeitlich unbefristeten Zugang zu Technologie, Kunden und Mitarbeitern des jeweiligen Startups.
„Wer ein FinTech-Startup übernimmt, muss sich darüber im Klaren sein, dass Art und Weise der Integration von zentraler Bedeutung sind. Wer die aufeinanderprallenden Kulturen nicht zügig in den Griff bekommt, riskiert Friktionen, erhebliche finanzielle Verluste und manchmal sogar die Totalabschreibung“, sagt Sven Meyer, Leader Fintech bei PwC Deutschland.
Weit über 100 Fintechs wurden schon übernommen
Der deutsche Fintech-Sektor ist noch recht jung. Dies erklärt auch, warum es nach wie vor wenig Informationen über FinTech-Übernahmen gibt. PwC analysiert deshalb detailliert die nunmehr insgesamt 127 deutschen Fintech-Akquisitionen der letzten acht Jahre. Vorrangig übernehmen FinTechs andere FinTechs. Bis zuletzt konnten hier ganze 55 Übernahmen gezählt werden. Mit deutlichem Abstand auf Platz zwei und drei folgen Banken sowie IT-Unternehmen, die bis dato 14 beziehungsweise zehn FinTechs übernommen haben. Versicherungen rückten mit nunmehr acht Transaktionen vom siebten Rang im Vorjahr aktuell auf den vierten Rang vor. In den ersten neun Monaten des laufenden Jahres konnten bislang 20 Übernahmen gezählt werden. Für das Gesamtjahr ergeben sich daraus hochgerechnet 26 FinTech-Übernahmen; ein merklicher Rückgang gegenüber 31 Transaktionen in 2019. Grundsätzlich werden FinTech-Startups in allen Altersstufen übernommen. Im Durchschnitt sind sie bei der Akquisition allerdings 5,5 Jahre alt.
„In der Entwicklung eines FinTech-Startups ist das vierte Jahr entscheidend. Denn in diesem Jahr finden nach unserer Analyse sowohl die meisten Geschäftsaufgaben als auch die meisten Übernahmen statt. Nach dem verflixten siebten Jahr hingegen, scheitert so gut wie kein Startup mehr“, so Meyer.
Fast 300 Fintech-Startups sind bereits gescheitert
Informationen über Geschäftseinstellungen werden seltener publik als die Gründung eines Startups oder anschließende Finanzierungsrunden. Für den Kooperationsradar wurden insgesamt 283 Geschäftseinstellungen von FinTech-Startups detailliert analysiert. Seit Jahresanfang 2020 konnten bis Ende September „lediglich“ 26 Geschäftseinstellungen beobachtet werden. Schreibt man diese Entwicklung bis Ende des Jahres fort, sind insgesamt etwa 35 Geschäftseinstellungen zu erwarten. Damit liegt der Wert erneut erheblich unter Vorjahr (57). Auffallend ist, dass der Anteil von VC-finanzierten Startups an den Geschäftseinstellungen bislang sehr gering ist. Er liegt aktuell nur bei etwa zwölf Prozent.
„Für den langfristigen Erfolg einer Fintech-Kooperation ist und bleibt die Tatsache, dass ein Start-up von einem Venture Capitalisten unterstützt wird, ganz offensichtlich einer der entscheidenden Faktoren“, resümiert Sven Meyer.
(Pressemitteilung PwC vom 16.11.2020)