Die Zeiten von Rekordgewinnen und Traummargen sind vorbei: Im abgelaufenen dritten Quartal verzeichneten die DAX-Konzerne insgesamt einen Umsatzrückgang von fünf Prozent. Der operative Gewinn (EBIT) schrumpfte sogar um elf Prozent. Immerhin 22 Unternehmen verzeichneten niedrigere Umsätze als im Vorjahreszeitraum – im zweiten Quartal gab es nur bei 14 Unternehmen Umsatzeinbußen. Zuletzt hatten die DAX-Konzerne im zweiten Quartal 2020, zu Zeiten weltweiter Corona-bedingter Lockdowns, Einbußen sowohl bei Umsatz als auch Gewinn registriert.
Das sind Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY auf der Basis der Geschäfts- bzw. Quartalsberichte der derzeit im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen. „Deutschlands Top-Konzerne bekommen zunehmend den weltweiten konjunkturellen Gegenwind zu spüren“, fasst Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY, zusammen. „Wir haben einen gefährlichen Mix aus lahmender Konjunktur, hohen Energie- und Materialpreisen, Lieferschwierigkeiten, politischen Krisen und kriegerischen Auseinandersetzungen. Immer mehr Branchen haben zu kämpfen und stemmen sich mit Kostensenkungsmaßnahmen gegen die Krise. Die Zeit des Rotstifts hat begonnen.“
Telekom und Autobauer mit höchsten Gewinnen
Das gewinnstärkste Unternehmen war im dritten Quartal die Deutsche Telekom mit einem operativen Gewinn von 5,4 Milliarden Euro – vor den Autoherstellern Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW. Immerhin vier Unternehmen verzeichneten hingegen ein negatives EBIT.
Ahlers rechnet für die kommenden Monate mit weiter sinkenden Gewinnen: „Derzeit deutet nichts auf einen Stimmungsumschwung bei Verbrauchern und Unternehmen hin – im Gegenteil. Zudem müssen die aktuellen Finanzzahlen vor dem Hintergrund der bis zuletzt hohen Inflation gesehen werden: Real – also bereinigt um die Geldentwertung – sieht die Umsatz- und Gewinnentwicklung noch deutlich düsterer aus.“
Vor allem US-Geschäft und Asien schwächeln
Am besten haben sich im dritten Quartal – wie schon im zweiten Quartal – die Umsätze auf dem Heimatkontinent entwickelt: Die in Europa erwirtschafteten Umsätze der DAX-Konzerne stiegen um sechs Prozent, was allerdings vor allem auf den steigenden Neuwagenabsatz der Autokonzerne zurückzuführen ist, deren Europa-Umsatz um 19 Prozent zulegte. In Nordamerika schrumpften hingegen die Umsätze der DAX-Konzerne um sechs Prozent, in Asien sogar um zehn Prozent.
Beschäftigungswachstum hält an – noch
Trotz der bescheidenen Geschäftsentwicklung und des sehr unsicheren Ausblicks hält der Beschäftigungsaufbau an: In Summe stieg die Zahl der Beschäftigten um 1,6 Prozent. Der Rüstungskonzern Rheinmetall verzeichnete mit einem Beschäftigungswachstum von 13 Prozent das stärkste Plus.
Immerhin 18 Unternehmen haben zusätzliche Mitarbeiter eingestellt, 12 Unternehmen haben hingegen Stellen abgebaut – die übrigen DAX-Konzerne machen keine Angaben zur Beschäftigtenzahl. Ahlers rechnet allerdings nicht mit einem Anhalten des Aufwärtstrends: „Die Unternehmen müssen angesichts der unsicheren Konjunkturentwicklung auf Sicht fahren und werden sich bei Neueinstellungen verständlicherweise zurückhalten.“ Und Meyer ergänzt: „Aufgrund der rückläufigen Ertragsaussichten und steigender Finanzierungskosten werden viele Unternehmen sogar Einstellungsstopps verhängen. Zudem steht jetzt schon in vielen Unternehmen das flexible Arbeiten von zu Hause aus auf dem Prüfstand.“
Künstliche Intelligenz werde zu erheblichen Fortschritten bei der Automatisierung und Effizienzsteigerung führen, aber auch in den Bereichen Forschung und Entwicklung und bei der Kundenansprache, so Ahlers: „An vielen Stellen wird KI Aufgaben erledigen, die bislang von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernommen wurden. In Zeiten des Fachkräftemangels bietet KI die Chance, die Produktivität zu steigern und so wieder auf einen Wachstumskurs zu kommen.“
Leicht aufwärts ging es im dritten Quartal bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die um drei Prozent auf 16,6 Milliarden Euro stiegen. Der operative Cashflow wuchs deutlicher – um sieben Prozent. Und die flüssigen Mittel liegen mit 159 Milliarden Euro – plus neun Prozent – auf einem weiterhin sehr hohen Niveau.
(EY vom 16.11.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)