• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Die GAFA-Gefahr für Banking und Wealth Management

06.04.2018

Die GAFA-Gefahr für Banking und Wealth Management

Autokonzerne auf der Überholspur

Uwe Krakau

Wird Amazon zur Bank? Das Wall Street Journal hat jedenfalls Anfang März 2018 schon über Gespräche zwischen dem Handelsriesen und etablierten US-Banken wie JPMorgan Chase und Capital One berichtet. Dem Vernehmen nach geht es um ein Girokonto-Angebot für (junge) Amazon-Kunden. Umfragen von Mitte 2017, etwa durch Sopra Steria Consulting, zeigten noch, dass der Großteil der Branche die Bedrohung durch mögliche „GAFA“-Banken sehr gelassen nahm. Was aber, wenn die vier GAFAs – das sind Google (bzw. Alphabet), Apple, Facebook und Amazon – tatsächlich ins Bankgeschäft eintreten würden? Die finanziellen Mittel dafür brächte jeder der modernen Technologiegiganten spielend auf: Apple, Amazon und Google belegen aktuell die Spitzenplätze im weltweiten Marktkapitalisierungs-Ranking, sie sind die drei wertvollsten Unternehmen der Welt.

Der gigantische Kundenstamm als Faktor

Es wäre blauäugig, das Potenzial zu verkennen, das der Markteintritt eines der GAFA-Riesen hätte. Was sie gefährlich macht, ist, dass sie sehr genau wissen, wie man mit Kundendaten umgeht und wie man sie nutzt, um die Kundenbeziehung zu festigen und auszubauen. GAFAs sind schon deswegen potenziell disruptiv, weil ihr Kundenstamm gigantisch ist, erst recht im Vergleich zu Fintechs. Amazon etwa hatte 2016 allein in Deutschland 44 Millionen Kunden, 17 Millionen davon waren Prime-Nutzer. Auch in Asien gibt es Beispiele, die nachdenklich machen. Alipay etwa, das chinesische Online- und Mobile-Bezahlsystem der Alibaba Group, hat heute schon 600 Millionen Kunden – und erschließt mit einer Vielzahl von Apps so gut wie alle Lebensbereiche der Menschen. Alipay führt praktisch auch alle chinesischen Touristen durch Europa; Händler, die Alipay abwickeln können, haben einen entsprechenden Vorteil. Alipay macht vor, wie Marktmacht ausgespielt wird. Zieht Amazon bald nach? Ungeachtet des aktuellen Cambridge Analytica-Skandals um Facebook bleibt es unbestreitbar: Kundendaten sind das Gold der Zukunft. Und die Geschäftsmodelle der Tech-Giganten basieren darauf.

Unangreifbare GAFAs

Der Zugang zum Kunden, seinen Vorlieben, seinen Bedürfnissen und seiner Entscheidungshistorie wird sich im Finanzmarkt der Zukunft als immenser Vorteil erweisen. Vor diesem Hintergrund wirken neue Fintechs und Startups, die zwar digitale Innovationen, aber keine nennenswerte Kundenbasis bieten können, weit weniger bedrohlich. Zumal etablierte Marktteilnehmer auch durch Akquisitionen einen neuen, potenziellen Konkurrenten in ein Asset verwandeln können – wie es etwa die ING-Diba mit Lendico vorgemacht hat. Beim Markteintritt eines GAFA-Riesen existiert diese Option nicht. Im Gegenteil: Apple könnte bereits mit einem Bruchteil seiner Cash-Reserven die Deutsche Bank übernehmen.

Predictive Analytics sind die Zukunft

Ob im Retailbanking oder in der Vermögensberatung: Hier muss das Gold der Zukunft erst noch gehoben werden. Ein Unternehmen wie Google macht vor, was in Sachen Predictive Analytics schon alles möglich ist – inklusive Tracking von Websitebesuchern oder App-Nutzern, bis hin zum Ausspielen zielgerichteter, individualisierter Werbung. Davon sind Banken derzeit noch sehr weit entfernt. Dabei böte eine konsequente Analyse des Kundenverhaltens ganz neue Möglichkeiten, im Massenmarkt genauso wie im Wealth Management oder Private Banking. So gewinnt im Wealth Management derzeit die IT-gestützte Beratung immer mehr an Bedeutung. Und eine Bank wie die UBS beginnt gerade damit, moderne Analyse-Technologie über Anlageportfolios laufen zu lassen – durchaus mit dem Ziel, dadurch auch hochpreisige Anlagen in Zukunft sehr gezielt und bedarfsgerecht anbieten zu können.

Die Bedürfnisse der Klienten verstehen

Den Klienten und seine Bedürfnisse ins Zentrum zu stellen, zu analysieren, was ihm wichtig sein wird, bevor es ihm vielleicht selbst klar ist, und alle Kommunikationskanäle zu unterstützen, die Digital Natives heute als selbstverständlich betrachten, vom Online-Banking über die mobile App bis zum Sprachassistenten – das dürfte in Zukunft über Kundenzufriedenheit, Kundenbindung und Markterfolg entscheiden. Vermutlich noch nicht morgen, aber vielleicht schon übermorgen. Mit einem durchaus kurzfristigen Zeithorizont von ein oder zwei Jahren könnten bereits neue mächtige Player antreten. Die GAFA-Bedrohung ist real. Ob es Wealth Manager, Retail- oder Privatbanken sind: Es ist höchste Zeit, dass sie sich Gedanken um eine konsequente Digitalisierung machen. Wenn sich der Markt nicht auf die Zukunft vorbereitet, wird er für die GAFAs am Ende nur ein noch viel verlockenderes Ziel. Dennoch: Solch ein Markeintritt könnte auch eine Chance bedeuten. Im Idealfall eröffnet sich etablierten Markteilnehmern dadurch vielleicht sogar die Gelegenheit, sich einem neuen Ecosystem anzuschließen, mit neuen Produkten und neuen, weiteren Kanälen. Eine sprachgesteuerte, automatisierte Vermögensberatung per Amazon Echo direkt im Wohnzimmer des neuen Klienten: Warum eigentlich nicht?

Autor: Uwe Krakau, General Manager und Chief Market Officer Germany von Avaloq.


Redaktion

Weitere Meldungen


Metaverse
Meldung

Stockfoto/123rf.com

21.09.2023

Wie Unternehmen das Metaverse für sich nutzen können

Den Störfall bei der Produktion unter realen Bedingungen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchspielen, die Umrüstung einer Maschine an ihrem digitalen Abbild vorab simulieren oder virtuelle Produkttests durchführen – all das sind Möglichkeiten, die das Metaverse für Unternehmen künftig bieten soll. Aus Sicht des Digitalverbands Bitkom ist dieses Industrial Metaverse ein zentraler Hebel, um wirtschaftlich

Wie Unternehmen das Metaverse für sich nutzen können
Meldung

© Eisenhans / fotolia.com

21.09.2023

KfW-ifo-Mittelstandsbarometer: Durststrecke hält an

Die schlechte Stimmung unter den kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland hält an, wie das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer zeigt: Ihr Geschäftsklima sinkt im August auf -18,7 Saldenpunkte (-2,9 Zähler) und damit auf den niedrigsten Wert seit den akuten Energiesorgen im Oktober letzten Jahres. Wie bereits im Juli geben die Geschäftslageurteile des Mittelstands stärker nach als die

KfW-ifo-Mittelstandsbarometer: Durststrecke hält an
Leasing, Sale-and-lease-back, lease
Meldung

©photon_photo/fotolia.com

20.09.2023

Leasing im Mittelstand: ein Instrument mit Potenzial

Leasing ist ein im Mittelstand etabliertes Beschaffungsinstrument. Dies zeigen erstmalig repräsentative Zahlen des KfW-Mittelstandspanels zur Leasingnutzung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Zuletzt hat mehr als jeder fünfte Mittelständler in Deutschland Leasing zur Anschaffung von Anlagegütern in Anspruch genommen. Die Nutzung von Leasing im Mittelstand wird aber vor allem vom Pkw-Leasing dominiert. Rund 80 %

Leasing im Mittelstand: ein Instrument mit Potenzial
CORPORATE FINANCE - Die Erfolgsformel für Finanzprofis

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank