Es ist fraglich, ob der Finanzsektor die Erreichung der Klimaziele schon ausreichend unterstützt. Unklar ist vor allem, über welche Kanäle er am besten zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft beitragen kann. Das Projekt Green Financial Intermediation – From Demand to Impact (INTERACT), das das ZEW Mannheim gemeinsam mit dem ifo Institut durchführt, untersucht, wie der Finanzsektor nachhaltiges Investieren effektiver unterstützen kann.
ESG-Ratings und Finanzwissen als Gamechanger
Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass ESG-Ratings und Finanzwissen einen entscheidenden Einfluss auf grüne Investitionen haben und dass die Emission von grünen Bonds Banken zu einer klimafreundlicheren Kreditvergabe anregt. INTERACT wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Finanzielle Bildung und verlässliche Informationen für Privatanleger
„Privatanleger investieren vermehrt in nachhaltige Anlageklassen, wenn deren Nachhaltigkeit durch ESG-Ratings belegt ist. Divergierende Ratings mindern jedoch das Vertrauen der Anleger und beschränken damit die Wirksamkeit dieses Instruments zur Förderung nachhaltiger Investitionen“, erklärt Prof. Dr. Tabea Bucher-Koenen, Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte“. Ein weiteres Hindernis ist fehlendes Wissen über nachhaltige Finanzprodukte: „Vielen Haushalten fällt es schwer, Nachhaltigkeitsziele in ihre Anlagestrategien zu integrieren, weil ihnen die notwendigen Kenntnisse fehlen oder ihnen nachhaltige Finanzprodukte gar nicht bekannt sind. Die finanzielle Bildung sollte daher gestärkt werden und Nachhaltigkeitsthemen einbeziehen.“
Nachhaltige Finanzprodukte: Potenziale bei grünen Bonds
Grüne Bonds können ein effektiver Wirkungskanal sein: Sie ermutigen institutionelle Investoren, verstärkt in nachhaltige Finanzprodukte zu investieren, und Banken, Kredite mit positiven Klimaeffekten zu vergeben. Prof. Dr. Karolin Kirschenmann, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte“ und Projektleiterin betont: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass grüne Bonds eine unterstützende Rolle bei der Finanzierung der Transformation spielen können. Allerdings treten die positiven Klimawirkungen nur bei bestimmten Untergruppen von Krediten und Unternehmen auf, so dass noch gezieltere Initiativen erforderlich sind, um die Wirkung zu skalieren.“
Lenkungswirkung der Nachhaltigkeitsberichterstattung unklar
Es ist fraglich, ob die EU-Taxonomie bisher die gewünschte Lenkung der Kapitalströme in nachhaltige Investitionen erreicht hat. Gleichzeitig sind die Berichtspflichten mit erheblichen Kosten verbunden, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die nicht direkt berichtspflichtig sind, aber in Lieferketten eingebunden sind und externe Finanzierung nachfragen. Banken und Kapitalmärkte nehmen die entsprechenden Compliance-Kosten auch als Risiko bei berichtspflichtigen Unternehmen wahr. „Die hohen Berichtskosten sind nur dann gerechtfertigt, wenn sie tatsächlich zu einer relevanten Mobilisierung grüner Investitionen führen. Kosten und Nutzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen in den kommenden Jahren sorgfältig bewertet und die notwendigen Anpassungen vorgenommen werden“, so Kirschenmann.
(ZEW vom 07.05.2025 / RES JURA Redaktionsbüro – vcd)