19.09.2023

Europa wirtschaftlich unter Druck

Europa als Wirtschaftsstandort gerät immer stärker unter Druck und braucht eine neue wirtschaftspolitische Agenda, um sich in einer verändernden Welt gut aufzustellen.

Beitrag mit Bild

©Grecaud Paul/fotolia.com

Das aktuelle IHK-Energiewende-Barometer zeigt, dass viele Industrieunternehmen in Deutschland aufgrund der hohen Energiekosten weniger investieren können. In der energieintensiven Industrie schränkt fast die Hälfte der Firmen ihre Investitionen sogar in den Kernbereichen ein. Der von der EU-Kommission vorgelegte „Net-Zero Industry Act“ soll durch kürzere Genehmigungsverfahren die Produktion von günstigen erneuerbaren Energien und den dazugehörigen Technologien in der EU beschleunigen.

EU verliert gegen USA

Die Europäische Union verliert dennoch als Wirtschaftsstandort gegenüber den USA mit deren unkomplizierterer Förderung durch den „Inflation Reduction Act“ an Attraktivität. Besorgniserregend ist etwa die Folge in Deutschland: Gut 32 % der deutschen Industriebetriebe planen oder realisieren die Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland beziehungsweise die Einschränkung ihrer Produktion im Inland – eine Verdopplung gegenüber dem Vorjahr. Laut einer Sonderauswertung aus der letzten DIHK-Konjunkturumfrage gaben 33 % kleinere Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten Kostenersparnis als Hauptmotiv für ihre Auslandsinvestitionen an – das ist fast so viel wie im Jahr 2004 (36 %), als Deutschland „kranker Mann Europas“ war. Nordamerika hat dabei in den letzten Jahren als Zielregion deutscher Auslandsinvestitionen an Bedeutung gewonnen.

Europa muss es nicht besser wissen, sondern besser machen

Nur wenn es Europa gelingt, die nachhaltige Transformation der Wirtschaft mit wirtschaftlichem Erfolg zu verbinden, werden andere Regionen diesem Modell folgen. Die DIHK hat in einem 10-Punkte-Papier konkrete Forderungen aufgelistet, um die europäische Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Hierfür sind Faktoren wie Offenheit und Vernetzung im globalen Handel ebenso von Bedeutung wie die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte und die Gewährleistung einer zuverlässigen Energie- und Rohstoffversorgung. Aber auch die Sicherung der technologischen Souveränität in Schlüsselbereichen gehört zu den Herausforderungen. Zusätzlich sind kluge Regeln sowie eine effiziente Verwaltung, die die Förderung von Innovationen, Investitionen und wirtschaftlichem Wachstum erleichtern, aus Sicht der Wirtschaft unerlässlich.

Bürokratieabbau und schnellere Genehmigungsverfahren dringend notwendig

Daher stehen die Forderungen nach Bürokratieentlastung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Unternehmen aller Branchen ganz oben auf der Agenda. Statt Entlastungen drohen gegenwärtig neue Belastungen durch weitere EU-Gesetzesvorhaben: das Lieferkettengesetz, die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie und die Nachhaltigkeitsberichtsstandards, die Verpackungsverordnung und der Richtlinien-Entwurf für ein Recht auf Reparatur – um nur einige zu nennen. Angesichts der aktuell enormen Herausforderungen passen diese Vorhaben mit ihren erheblichen – sowohl administrativen als auch bürokratischen – Belastungen für die Wirtschaft nicht in die Zeit.

Energiepreise senken

Bis günstige erneuerbare Energie in ausreichendem Maße zur Verfügung steht, bedarf es einer unkomplizierten Entlastung von Unternehmen, beispielsweise über die Anhebung von Schwellenwerten für die Notifizierung von Beihilfen. Direktstromlieferverträge (PPA) zwischen Anbietern erneuerbarer Energien und verbrauchenden Unternehmen können zudem einen wichtigen Beitrag leisten, erneuerbare Energien schneller auszubauen. Solche PPAs stehen in Deutschland noch am Anfang und sollten durch Investitionsprämien und Entlastungen beim Netzentgelt unterstützt werden.

Diese Punkte machen deutlich: Die Liste der Hausaufgaben, welche die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten angehen müssen, ist inzwischen lang – Zeit sie anzugehen.

(DIHK vom 15.09.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)


Weitere Meldungen


Meldung

© designer49/fotolia.com

17.12.2025

M&A 2026: „Buy-and-Build“-Strategien gewinnen an Bedeutung

Der globale Markt für Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) ist 2025 auf dem besten Weg, sein erfolgreichstes Jahr seit dem Post-Pandemie-Boom zu erzielen. Das zeigt eine neue Analyse von WTW, die gemeinsam mit dem M&A Research Centre der Bayes Business School durchgeführt wurde. Grundlage der Untersuchung ist die Wertentwicklung börsennotierter Unternehmen nach M&A-Transaktionen

M&A 2026: „Buy-and-Build“-Strategien gewinnen an Bedeutung
Meldung

©ra2 studio/fotolia.com

16.12.2025

Umweltinnovation: Chancen treffen auf Hindernisse

Umweltinnovationen gelten als Schlüssel zur Lösung zentraler gesellschaftlicher Herausforderungen – von Klimaschutz bis Ressourcenschonung. Doch viele Unternehmen stoßen bei ihrer Umsetzung auf unerwartete Hürden. Eine aktuelle Studie von KfW Research beleuchtet, welche Herausforderungen besonders schwer wiegen und wie sie sich von klassischen Innovationshemmnissen unterscheiden. Kaum Unterschiede bei den Hemmnissen von Umwelt- und traditionellen Innovationen Umweltinnovationen

Umweltinnovation: Chancen treffen auf Hindernisse
Meldung

© Coloures-pic/fotolia.com

15.12.2025

Working Capital Performance erneut verschlechtert

Europäische Unternehmen verschenken Milliarden: Im Jahr 2024 blieben 1,4 Billionen Euro an Working Capital ungenutzt, die zeigt die aktuelle Working Capital-Studie „EU 1000 WC Results“ von The Hackett Group, der führenden Gen AI- und strategischen Beratung für digitale Transformation. Demnach blieben bei den untersuchten 1000 europäischen Unternehmen insgesamt 1,4 Billionen Euro ungenutzt  ̶̶  das entspricht

Working Capital Performance erneut verschlechtert
Corporate Finance Zeitschrift plus Datenbank

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank