Die deutsche Wirtschaft fordert dringend umfassende Reformen in vielen (system-)relevanten Bereichen, unter anderem Bildung, Rente, politische Rahmenbedingen oder Energiekosten. Reformen sind essenziell notwendig, um den Standort Deutschland zu stärken – so die einhellige Meinung der Wirtschaftslenker. Dies geht aus der EY-Studie „Die Zukunft der deutschen Wirtschaft 2024“ hervor, die auf einer Umfrage unter 110 Großunternehmen in Deutschland basiert. Befragt wurden Inhaber und Top-Manager, jedes dritte befragte Unternehmen ist börsennotiert.
„Deutschland befindet sich am Scheideweg“
Jan Brorhilker, Managing Partner des Geschäftsbereichs Assurance von EY in Deutschland, resümiert: „Deutschland befindet sich am Scheideweg. Unser Land muss auf nahezu allen Gebieten besser werden. Die Unternehmen wollen Wachstum ermöglichen und somit ihre Zukunftsfähigkeit sicherstellen. Jedoch gibt es derzeit zu viele Hemmnisse, die dringend verbessert werden müssen. Zu viele Reformen wurden in den vergangenen Jahren verschlafen – jetzt wird es höchste Zeit, die Dinge anzupacken.“
Besonders prägnant sind die Umfrageergebnisse in den Bereichen Bildung, Fachkräftemangel und demografischer Wandel. Außerdem fällt auf, dass das Vertrauen in die Handlungsstärke der aktuellen Bundesregierung generell derzeit sehr gering ist. Jan Brorhilker erklärt: „Fast zwei Drittel der befragten Unternehmer kritisiert die derzeitige Geschwindigkeit der politischen Entscheidungsfindung und -umsetzung. Knapp 80 % der Befragten glauben nicht, dass die aktuelle Regierung unserer Volkswirtschaft einen Sprung nach vorne ermöglichen wird. Als Wirtschaftsprüfer kennen wir die Sorgen und Nöte der Unternehmer sehr genau. Die Studie bestätigt den Eindruck aus den persönlichen Gesprächen, die wir als Prüfer und Berater mit unseren Mandanten führen.“
„Übermaß an Regulierung“
Die Studie verdeutlicht zudem den Unmut vieler Unternehmen über die Geschwindigkeit politischer Entscheidungsfindung in Deutschland: 94 % der Befragten sehen diese als wirtschaftshemmend an. Unter anderem ist nach Ansicht von fast der Hälfte der Unternehmen das Lieferkettengesetz ein Hemmnis für ihre wirtschaftliche Entwicklung.
Generell bringt die Befragung zum Vorschein, dass politische Prozesse und Regulierungen von vielen als Bremsklotz für die Wirtschaft wahrgenommen werden – ein Appell an die Politik, effizientere und Unternehmensfreundlichere Entscheidungen zu treffen.
Auffällige Diskrepanz
Die Diskrepanz zwischen dem Vertrauen in das allgemeine Wirtschaftswachstum und dem Vertrauen in die Bundesregierung ist auffällig. Während die Mehrheit der Befragten generell optimistisch auf eine wirtschaftliche Erholung schaut, traut ein erheblicher Teil (78 %) der Befragten der aktuellen Regierung nicht zu, diesen Aufschwung aktiv zu unterstützen oder gar herbeizuführen. Diese Ergebnisse verdeutlichen eine starke Skepsis gegenüber der politischen Führung.
All dies hat Auswirkungen auf die Investitions-Planungen der Unternehmen. Während 72 % der Befragten explizit verneinen, dass sie planen, weitere Standorte in Deutschland zu eröffnen, stimmen 45 % eher bzw. sehr stark zu, dass sie neue Standorte im Ausland planen.
(EY vom 18.10.2024 / RES JURA Redaktionsbüro)