Zahl der Gewinn- und Umsatzwarnungen stiegen gegenüber Vorjahreszeitraum von 35 auf 70
Trotz des deutlichen Anstiegs im Jahr 2022 liegt die Zahl der Warnungen damit aber weiterhin deutlich unter dem bisherigen Rekordwert von 108, der im Jahr 2020 erreicht wurde, als der Ausbruch der Corona-Pandemie dazu führte, dass Unternehmen reihenweise ihre Prognosen einkassieren mussten.
Trotz hoher Unsicherheiten und drohender Rezession: Zahl der positiven Prognosekorrekturen mit 157 weiter deutlich höher
Es gab im vergangenen Jahr aber längst nicht nur schlechte Nachrichten von den Unternehmen – im Gegenteil: Die Zahl der Aufwärtskorrekturen von Prognosen lag mit 157 deutlich höher als die Zahl der Warnungen und damit auf dem zweithöchsten Stand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2011. Gerade einmal 43 der 160 untersuchten Unternehmen haben ihre Prognose im Jahresverlauf unangetastet gelassen.
Laut der Studienautoren haben viele Unternehmen in den vergangenen Monaten sehr gut verdient und sich sogar besser entwickelt als erwartet. Ein hoher Auftragsbestand, anhaltend hohe Preise und eine bis zuletzt bemerkenswert starke Nachfrage hatten etliche positive Prognosekorrekturen zur Folge. Die Zahl der ad-hoc Meldungen blieb 2022 laut der EY-Analyse nach einem deutlichen Anstieg im Krisenjahr 2021 mit insgesamt 226 Prognoseänderungen auf hohem Niveau.
Den Studienautoren zufolge zeigen die 157 positiven Gewinn- und Umsatzkorrekturen zeigen, dass Unternehmen nach den letzten Krisenjahren in ihren Prognosen weiterhin vorsichtig sind. Allerdings hätten sich die Konjunktur und vielfach auch die Umsätze und Unternehmensgewinne zuletzt besser entwickelt als von vielen erwartet, die meisten düsteren Szenarien wurden nicht Realität. Dies erkläre die hohe Zahl an Aufwärtskorrekturen in der zweiten Jahreshälfte. Aber der Gegenwind sei eindeutig stärker geworden. Immer mehr Unternehmen müssten kämpfen und würden pessimistisch in die Zukunft schauen. Und es sei ist schwer zu prognostizieren, wie sich die geopolitische und wirtschaftliche Lage in den kommenden Monaten entwickeln werde. Letztlich sollten sich die Unternehmen auf alle Szenarien vorbereiten – von anhaltender Krise bis Aufschwung schon in der zweiten Jahreshälfte, so der Rat der Studienautoren.
Zahl der Warnungen steigt im Jahresverlauf
Im Jahresverlauf zeigt sich ein kontinuierlicher Anstieg bei der Zahl der Warnungen – von sieben im ersten Quartal auf 24 im vierten Quartal, während die Zahl der positiven Korrekturen tendenziell rückläufig war: von 47 im ersten Quartal auf 40 im letzten Quartal des Jahres.
Tendenziell zeige sich aber doch eine Eintrübung der Lage, stellen die Autoren der Analyse fest. Die Zahl der positiven Überraschungen nehme ab, gleichzeitig gebe es einen Anstieg bei den Gewinn- und Umsatzwarnungen.
Besser als erwartet lief es im vergangenen Jahr bei den deutschen Technologieunternehmen, von denen 80% ihre Prognosen nach oben korrigierten, gefolgt von Konsumgüterherstellern (71%) und Telekommunikationsunternehmen (67%). Die meisten Warnungen mussten Groß- und Einzelhändler veröffentlichen (60%), gefolgt von Industrieunternehmen (44%).
Prognosen für 2023 äußerst schwierig
Auch wenn es bislang nicht zur befürchteten Rezession gekommen sei, sollten sich die Unternehmen auf einen Abschwung einstellen, mahnen die Studienautoren. Für die Unternehmen gehe es in derart volatilen Zeiten darum, flexibel zu bleiben. Nur so könnten sie das Risiko begrenzen, Opfer geopolitischer Turbulenzen, neuer Handelskonflikten, pandemiebedingter Lieferkettenstörungen und ähnlicher Krisen zu werden.
Vor allem Warnungen beeinflussen den Aktienkurs
Für die Geschäftsleitungen und Investor Relations-Abteilungen der Konzerne sei diese unklare Situation eine große Herausforderung. In äußerst volatilen Zeiten mit multiplen Krisen, die sich gegenseitig verstärken, müssten die Unternehmen Investoren und Analysten trotzdem eine bestmögliche Prognose und Guidance für das laufende Geschäftsjahr geben. Dabei gehe es auch um Erwartungsmanagement gegenüber Analysten und Investoren. Das ist laut der Studie derzeit schwieriger denn je – aber auch eine Chance, Vertrauen auszubauen durch eine glaubwürdige und transparente Finanzkommunikation, etwa in Bezug auf die Ertrags- und Liquiditätslage und die Auswirkungen auf das Bilanzbild.
Warnungen lassen Aktienkurse im Durchschnitt um 6,1% einbrechen
Im vergangenen Jahr haben Anleger erneut deutlich stärker auf negative Unternehmensnachrichten als auf positive Prognosekorrekturen reagiert: Am Tag der Gewinn- oder Umsatzwarnung sank der Aktienkurs des jeweiligen Unternehmens um durchschnittlich 6,1%. Bei einer Gewinn- oder Umsatzerwartung hingegen, also bei einer Aufwärtskorrektur, stieg der Aktienkurs am Tag der Meldung nur um 2,0%. Negative Überraschungen bewegen den Markt deutlich stärker als positive, stellen die Studienautoren fest. Für Unternehmen bedeute das, treffsichere Prognosespannen zu kommunizieren, denn es lohne sich nicht, bei der Prognose tief zu stapeln – die Anleger danken den Unternehmen Aufwärtskorrekturen kaum. Umgekehrt könnten Gewinnwarnungen durchaus zu kräftigen Kursabschlägen führen.
Die EY-Studie zu den Prognoseänderungen in DAX 40, MDAX und SDAX finden Sie hier.
(Pressemitteilung EY vom 30.01.2023)