Deutschlands Top-Unternehmen kämpfen zunehmend mit dem konjunkturellen Gegenwind: Zwar stieg der Gesamtumsatz der DAX Unternehmen im dritten Quartal noch leicht um 1,0 %. Der operative Gewinn (EBIT) sank aber um 9 %.
Allerdings sind es vor allem die Unternehmen aus der Automobilindustrie, deren Umsatz- und Gewinnentwicklung teils deutlich nach unten zeigt: So verzeichneten die sechs im DAX notierten Autozulieferer bzw. -hersteller zusammen ein Umsatzminus von 6 %, der Gewinn brach sogar um 45 % ein. Auf der anderen Seite gibt es aber nach wie vor zahlreiche DAX-Konzerne, die mit starkem Wachstum glänzen können, so etwa der Rüstungskonzern Rheinmetall mit einem Umsatzplus von 40 % und einem Gewinnwachstum von 57 %. Aber auch DAX-Schwergewichte wie Allianz oder SAP konnten jeweils ein deutliches Umsatz- und Gewinnwachstum vermelden.
Insgesamt verzeichneten im dritten Quartal immerhin 63 % der Unternehmen ein Umsatzplus, beim Gewinn schafften noch 59 % der Unternehmen ein Wachstum.Auch bei der Beschäftigung zeigt die Tendenz nach wie vor bei der Mehrheit der Unternehmen nach oben. Insgesamt stieg die Zahl der Beschäftigten um 0,3 % und erreichte damit einen neuen Höchstwert. Das sind Ergebnisse einer aktuellen Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY auf Basis der Geschäfts- bzw. Quartalsberichte der derzeit im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen.
Vielzahl an Krisen und Probleme
„Die Vielzahl an Krisen und Problemen, mit denen die DAX-Konzerne derzeit konfrontiert sind, schlägt sich zunehmend in den Geschäftszahlen der Unternehmen nieder“, sagt Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY. „Das Umsatzwachstum lag erneut unter der Inflationsrate. Und gerade viele Industrieunternehmen zeigen nur geringe Wachstumsraten oder schrumpfen sogar. Andererseits schaffen es immer noch etliche Konzerne, bemerkenswert starke Zahlen vorzulegen. Es ist also keineswegs so, dass alle deutschen Top Konzerne sich in einem Abwärtsstrudel befinden – im Gegenteil: Für viele zeigt der Trend weiterhin nach oben. Dabei zahlen sich auch Restrukturierungsmaßnahmen der Vergangenheit oder Anpassungen des Geschäftsmodells aus.“
Die Schwäche der Automobilkonzerne sei allerdings besorgniserregend, ergänzt Mathieu Meyer, Partner bei EY: „Die Automobilindustrie ist Deutschlands Leitindustrie. Wenn es ihr schlecht geht, bekommen das früher oder später die meisten anderen Industriebranchen, aber auch Dienstleister und nicht zuletzt der Staat durch sinkende Steuereinnahmen zu spüren.“ Zudem werfe die derzeitige Autokrise auch Fragen auf in Bezug auf die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland, so Meyer: „Die Rekordmargen, die die Autokonzerne im Nach-Corona-Boom erwirtschaften konnten, haben tiefliegende strukturelle Probleme des Standorts Deutschland verdeckt. Deutschland steht in einem scharfen Wettbewerb mit Ländern, die eine erheblich bessere Kostenstruktur aufweisen. In guten Zeiten kann man darüber hinwegsehen, in schlechten wird das zum Problem.“
Vor allem das Asien-Geschäft schwächelt
Im dritten Quartal liefen die Geschäfte in Nordamerika besonders gut: Der dort erwirtschaftete Umsatz stieg um 5 %. Auf dem europäischen Absatzmarkt wurde ein Umsatzplus von 2 % registriert, in Asien schrumpften die Umsätze hingegen um 5 %. „Asien und vor allem China waren lange die Wachstumstreiber für das Geschäft vieler DAX-Konzerne – davon ist aktuell nichts mehr zu sehen. Im Gegenteil: Die schwache Konjunkturentwicklung, Probleme auf dem Immobilienmarkt und der rasche Hochlauf der Elektromobilität in China sorgen dafür, dass es für viele deutsche Konzerne dort aktuell eher um Schadensbegrenzung geht,“ sagt Meyer.
Ahlers mahnt, rasch zu handeln: „Die Konjunktur und die politische Volatilität und Unsicherheit in Deutschland und im Ausland können die einzelnen Unternehmen nicht beeinflussen. Aber sie können sich wetterfest machen. Und wir dürfen uns nichts vormachen: Die kommenden Monate werden sehr hart. Zu den bestehenden geopolitischen Spannungen und Kriegen dürften neue Handelsbarrieren kommen. Der globale Handel wird ein weiteres Stück zurückgedreht. Deutschland als einer der größten Globalisierungsgewinner muss sich darauf einstellen.“
(EY vom 14.11.2024 / RES JURA Redaktionsbüro)