Die Stimmung am deutschen Immobilien-Investmentmarkt hat sich binnen kürzester Zeit deutlich verschlechtert: 76% der Immobilienunternehmen erwarten in diesem Jahr ein sinkendes Investitionsvolumen, Ende 2019 hatten nur 16% ein rückläufiges Volumen prognostiziert. Umgekehrt rechnen derzeit nur 4% mit einem steigenden Transaktionsvolumen – vor drei Monaten waren noch 14% optimistisch, so die Ergebnisse der Studie „Immobilien Trendbarometer März 2020“ von EY Real Estate.
Die aktuelle Coronakrise könnte laut der Analyse weitreichende Folgen für die Immobilienwirtschaft haben. Die Immobilienwirtschaft sei stark mit dem Finanzsystem und der Wirtschaft verwoben. Sollten sich etwa durch Mietausfälle eklatante Liquiditätsengpässe übertragen, so würden negative Auswirkungen drohen, die weit über die Immobilienmärkte selbst hinausgehen können.
Wohnen und Logistik mit geringsten negativen Auswirkungen
Wohn- und Logistikimmobilien kommen nach Meinung der Befragten am besten durch die Krise. Gerade letztere könnten kurzfristig durch den steigenden Lieferverkehr profitieren, weswegen ein Drittel der Umfrageteilnehmer in diesem Segment steigende Preise erwartet – 28% sehen hingegen eine rückläufige Preisentwicklung. Der Ausblick für das Wohnimmobiliensegment hat sich laut der Studie stärker eingetrübt: Vor drei Monaten hatten 55% der Marktteilnehmer weiter steigende Preise prognostiziert, inzwischen rechnen nur noch 16% mit einem steigenden Preisniveau. Umgekehrt ist der Anteil derer, die sinkende Preise erwarten, von vier auf 34% in die Höhe geschnellt. Immerhin: Die Hälfte der Befragten rechnet auch in der aktuellen Situation mit einem gleichbleibend – hohen – Preisniveau im Bereich Wohnimmobilien, so die Studienautoren.
Negativer Ausblick bei Büroimmobilien
Der recht positive Ausblick bei Büroimmobilien vom Jahresanfang hat sich der Analyse zufolge inzwischen umgekehrt: 73% erwarten nun sinkende Preise – nach 2% zu Jahresanfang. Noch stärkere Auswirkungen werden für Einzelhandelsimmobilien befürchtet: Aufgrund der notwendigen Schließungen steigt der Anteil derer, die sinkende Preise erwarten, von 38% auf 87%. Ein weiteres großes Sorgenkind ist das Hotelsegment: Zu Jahresbeginn waren insgesamt gleichbleibende Preise erwartet worden, nun rechnen 95% mit sinkenden Preisen.
Steuerliche Maßnahmen gegen gesamtwirtschaftliche Verwerfungen
Mittlerweile hat die Politik ein Bündel von Maßnahmen zur Milderung der Krise beschlossen, die auch die Immobilienwirtschaft betreffen, wie den verschärften Kündigungsschutz für Wohnungs- und Gewerbemieter, so die Studienautoren. Die Befragungsteilnehmer wünschen sich allerdings weitere Maßnahmen, insbesondere steuerrechtlicher Natur. Rund zwei Drittel der Befragten erhoffen sich Erleichterungen im Besteuerungs- sowie im Erhebungs- und Vollstreckungsverfahren. Etwa die Hälfte der Teilnehmer erachtet zudem einen vorübergehenden Verzicht auf die Erhebung von Lohn- und Umsatzsteuer als wertwolle sofortige Liquiditätsmaßnahmen.
Steuerliche Maßnahmen seien eine entscheidende Stellschraube, um auch kurzfristig Liquidität freizusetzen. Die ersten Maßnahmen der Regierung seien begrüßenswert, werden jedoch nicht ausreichen, um Verwerfungen zu vermeiden. Hier müsste genauso rasch wie bedacht nachgelegt werden, so die Forderung der Studienautoren.
Weniger Neubauten befürchtet – Finanzierungen restriktiver
Aufgrund der massiven Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaft erwarten der Analyse zufolge fast 96% ein weiter anhaltendes Niedrigzinsumfeld. Mehr als 80% befürchten dennoch einen Rückgang von Neubauten. Neubauprojekte kommen jetzt auf den Prüfstand, stellen die Studienautoren fest. Viele Investoren würden jetzt abwarten, wie sich die Situation in einigen Monaten darstelle und welche Projekte dann noch Sinn machen würden. Mehr als die Hälfte der Befragten erwarten zudem verminderte Investitionen in Bestandsgebäude. Auch das Finanzierungsumfeld wird wohl rauer werden: So rechnen 75% der Teilnehmer mit restriktiveren Kreditvergaben und mehr als 70% sehen auch laufende Finanzierungen gefährdet.
Kollateralschäden für das Finanzsystem minimieren
Der Studie zufolge ist die aktuelle Situation ein Drahtseilakt: Ohne Frage seien die akuten Hilfestellungen für Mieter notwendig und berechtigt. Das Augenmerk müsse jedoch auch darauf liegen, die Schäden für die Vermieter wenigstens so weit zu begrenzen, dass Kollateralschäden für das Finanzsystem minimiert würden. Ein positiver Aspekt der Situation: Fast 85% der Befragten erleben in Zeiten der Pandemie, dass der Büroalltag digitaler wird. Die Entwicklung zu Home-Office und Videokonferenz wird sich fortsetzen, so das Fazit der Studienautoren.
Das „Immobilien Trendbarometer März 2020“ finden Sie hier zum Download.
(Pressemitteilung EY vom 31.03.2020)