Nachdem im Juni insgesamt 16 europäische Staaten schlechter bewertet wurden, hat Coface seine Länderrisiko-Bewertung für sechs weitere Länder in Europa abwärtsrevidiert. Das Länderrisiko spiegelt die Wahrscheinlichkeit von erhöhten Zahlungsausfällen bei Exportkrediten in einem Land in den kommenden sechs Monaten wider. Dänemark, Luxemburg und die Schweiz konnten die Höchstnote A1 nicht halten und sind neu in Risikoklasse A2, die für „geringes Ausfallrisiko“ steht. In allen drei Ländern macht sich die beschleunigte Inflation bemerkbar, getrieben von steigenden Energiepreisen. Durch die starke Integration des europäischen Gasmarktes hat sich das Angebot für alle verknappt und bringt durch die innereuropäischen Solidaritätsabsprachen für die Gasversorgung im Winter letztlich auch Nationen wie Dänemark, Luxemburg und die Schweiz unter Druck, erklären die Studienautoren. Als einziges Land verbleibe Norwegen in A1. Bei der Bewertung werde die ebenfalls stark ausgeprägte Inflation über hohe Gewinne der Öl- und Gasindustrie sowie Rekordergebnisse bei der Leistungsbilanz wettgemacht.
„Ziemlich hohes Risiko“ in Italien und Zypern
Ebenfalls herabgestuft wurden der Inselstaat Malta – von A2 in A3 („zufriedenstellendes Ausfallrisiko“) – sowie Zypern und Italien, die sich beide aus dem A-Segment verabschieden und nun mit B („ziemlich hohes Ausfallrisiko“) bewertet werden. Ein Grund für die Abwertung Maltas ist neben dem trüben Wirtschaftsausblick für den europäischen Absatzmarkt ein Beschluss der Regierung, weitere große staatliche Stützungsmaßnahmen umzusetzen. Diese bedrohen die Nachhaltigkeit der maltesischen öffentlichen Verschuldung. In Zypern ist unter anderem die Abhängigkeit von russischen und ukrainischen Touristen ein Problem, denn durch das Kriegsgeschehen und die Sanktionen fällt diese wichtige Einnahmequelle zu großen Teilen aus. Italien wurde bereits vor Ausbruch des Krieges auf A4 zurückgestuft und konnte diese Bewertung laut Coface zuletzt gerade noch halten. Die Kombination aus sehr hohen Konsumentenpreisen, einem schwachen Konjunkturausblick und dem Anstieg des politischen Risikos durch den Wahlsieg eines womöglich instabilen Rechtsbündnisses hat allerdings den Abstieg ins B-Segment besiegelt, so die Autoren der Analyse. Als einzige nicht-europäische Länder wurden Ägypten (von B auf C) und Chile (von A3 auf A4) herabgestuft.
Deutschland: Weniger Wachstum, wieder mehr Insolvenzen
Deutschland wird weiterhin mit A3 bewertet. Diese Einschätzung spiegelt den schlechten Konjunkturausblick wider. Derzeit erwartet Coface, dass die Wirtschaftsaktivität im Winter zurückgeht. Nach einem BIP-Wachstum von 1,5% zum Vorjahr für das Jahr 2022 sollte sich daher im Jahr 2023 ein Minus von 0,5% einstellen. Diese Entwicklung wird getrieben von der starken Inflation, die in diesem Jahr mit 8,0% ihren Höhepunkt erreicht haben sollte. Zwar erwartet Coface, dass die Verbraucherpreise auch 2023 steigen, allerdings wird die Dynamik wohl abnehmen, was zu einer Inflationsrate um die 6,7% im kommenden Jahr führen dürfte. Diese Entwicklung sollte auch deutsche Unternehmen spürbar treffen und dem Abwärtstrend bei den Unternehmensinsolvenzen ein Ende setzen. Aufgrund staatlicher Hilfsmaßnahmen während der Pandemie war die Zahl der Firmenpleiten in den vergangenen Jahren trotz Rezession um 16% (2020) bzw. 12% (2021) im Vergleich zum Vorjahr gesunken und hatte einen Tiefststand erreicht. Die Coface-Volkswirte erwarten nach einem leichten Rückgang der Insolvenzen in der ersten Jahreshälfte 2022 einen moderaten Anstieg zum Jahresende hin. Damit lägen die Unternehmensinsolvenzen 2022 im Durchschnitt immerhin wieder 1% über dem Vorjahr. Es wäre das erste Mal seit 2009, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr wieder zunehmen würde.
Die Risikokarte zum aktuellen Coface-Barometer finden Sie hier. Die Länder-Risikobewertungen finden Sie im Coface Barometer Q3-2022, das hier heruntergeladen werden kann.
(Pressemitteilung Coface Deutschland vom 17.10.2022)