Klimawandel, Ukraine-Krieg, hohe Inflation, steigende Zinsen – die Liste der aktuellen Krisen ist lang. Allerdings werden Unternehmen auch besser darin, sich an die Mischung aus Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität – kurz VUCA – anzupassen und ihre strategischen Ansätze entsprechend zu überarbeiten. So geben 55 % der Unternehmen an, in den kommenden zwölf Monaten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Anpassungen in ihrem Geschäftsbereichs-Portfolio vorzunehmen.
Zu diesen Ergebnissen kommt die Corporate Portfolio Management-Studie 2023, die PwC Deutschland bereits zum dritten Mal in Kooperation mit der TU Darmstadt erstellt hat. Dafür wurden 200 Verantwortliche aus Vorständen, Strategie- und M&A-Abteilungen von Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt.
Knapp die Hälfte der Entscheider blickt moderat optimistisch in die Zukunft
Fest steht: Das Marktumfeld ist von hoher Unsicherheit geprägt – und nach Ansicht der Befragten wird sich daran vorerst nichts ändern. Im Gegenteil: 55 % gehen davon aus, dass die Unsicherheiten in den kommenden fünf Jahren weiter zunehmen werden. Insbesondere Preisrisiken (80 %), Lieferkettenrisiken (77 %) und das Risiko wirtschaftlicher Unsicherheiten und Krisen (70 %) bereiten den Entscheidungsträgern Sorgen. Zudem erkennen Entscheider, wie all diese Risiken miteinander verbunden sind und sich dadurch deren Wirkung zu einer „Polykrise“ kumuliert.
Nichtsdestotrotz zeigt sich fast jede*r Zweite (46 %) optimistisch mit Blick auf die Marktattraktivität und die Wachstumschancen des eigenen Geschäftsfelds in den kommenden fünf Jahren. Das verdeutlicht, dass Volatilität nicht länger nur als Bedrohung wahrgenommen wird, sondern eben auch als Katalysator für Transformation.
Transformieren statt konservieren 58 % setzen auf „Adapter“-Ansatz
Um herauszufinden, ob Unternehmen bei ihrer Portfoliosteuerung eher auf Erhalt oder auf Veränderung setzen, haben die PwC-Expert*innen sie nach den wichtigsten Kriterien für den Prozess der Strategieentwicklung befragt. Dabei wurden Kriterien wie Flexibilität, Geschwindigkeit und Risikooptimierung, die eher auf Transformation („Adapter“-Ansatz) abzielen, häufiger genannt als Eigenschaften wie Stabilität, Detailorientierung und Profitoptimierung, die auf ein Weiter-so („Preserver“-Ansatz) ausgerichtet sind. Der strategische Ansatz des „Adapters“, der sich flexibel an verändernden Marktbedingungen orientiert, dominiert mit 58 %. Den Ansatz des „Preservers“, der bestehende Strukturen optimiert und Potenziale zur Effizienzoptimierung ausnutzt, verfolgen nur 42 % der Befragten.
Anorganische Maßnahmen zu wenig im Fokus
Um ihre strategischen Ziele zu erreichen, setzen die Befragten vor allem auf organische Maßnahmen. Als wichtigste Maßnahmen der kommenden fünf Jahre nennen sie Programme für Nachhaltigkeit (72 %) und Wachstum (71 %) sowie Restrukturierung und Kostenreduktion (66 %). Anorganische Maßnahmen, die mit Blick auf Geschwindigkeit und Wirkung in dynamischen Märkten Vorteile bieten, sind hingegen zu wenig im Fokus. Unternehmenszukäufe, haben zum Beispiel nur 44 % der Entscheider auf der Liste, Carve-outs gar nur elf %.
Die Veränderungsgeschwindigkeit bleibt hoch, denn die Befragten erwarten weiterhin große Anpassungen bei den Umsatzquellen in ihrem Kerngeschäft. 44 % der Entscheider*innen gehen davon aus, dass sich die Einkommensquellen im Kerngeschäft in den kommenden fünf Jahren um mindestens 20 % verändern werden.
Große Lücke bei der Umsetzung: Nur 7 % sind konsequent
Je komplexer das Marktumfeld, desto wichtiger sind starke strategische Strukturen und Prozesse, die überlegte Portfolioentscheidungen in unsicheren Zeiten ermöglichen. Allerdings haben nur 29 % der Befragten einen strategischen Portfolio-Management-Ansatz vollständig implementiert. Das sind deutlich weniger als in den Vorjahren (2020: 47 %; 2022: 38 %). 35 % haben einen solchen Ansatz zumindest teilweise umgesetzt, 33 % jedoch überhaupt nicht.
Letztlich ist jeder Portfolio Management-Ansatz aber nur so effektiv wie die definierten Maßnahmen und deren Umsetzung. Wenn es um die konsequente und zeitnahe Ausführung von definierten Anpassungsmaßnahmen geht, klafft jedoch eine große Lücke: Nur 7 % der Befragten sagen, dass sie Geschäftseinheiten konsequent und zeitnah verkaufen würden, wenn eine Analyse ergäbe, dass sie nicht mehr zum Kerngeschäft zählen. 34 % würden nur bei günstigen Marktbedingungen verkaufen.
Die vollständige Studie finden Sie hier.
(PwC vom 26.05.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)