Zwischen Inflation, Zinswende und Wirtschaftsflaute kühlt die Stimmung unter deutschen Gründer:innen weiter ab – das Geschäftsklima liegt nur knapp über dem bisherigen Tiefpunkt im Corona-Jahr 2020. Neben der Geschäftslage hat sich auch die generelle Einschätzung zum Startup-Ökosystem eingetrübt und liegt mit 58 % positiven Bewertungen zehn Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Daraus lässt sich schließen: Das Innovationsökosystem in Deutschland steht aktuell unter Druck – der Deutsche Startup Monitor 2023 zeigt aber auch, dass sich die Gründer:innen hierzulande diesen Herausforderungen stellen und neue Wege gehen. So bleibt die große Mehrheit der Startups auf Wachstumskurs, verfolgt ehrgeizige Ziele und stellt sich den gegenwärtigen Herausforderungen. Mit Blick auf den Transformationsprozess, in dem sich die gesamte deutsche Wirtschaft befindet, ist das eine gute Nachricht, denn Startups leisten hier einen essenziellen Beitrag.
Gründer:innen passen Wachstumsstrategie an
Seit dem Rekord-Finanzierungsjahr 2021 wird die Kapitalbeschaffung für Startups schwieriger – angesichts des neuen Finanzierungsumfelds bewerten aktuell nur 15 % der Gründer:innen die Investmentbereitschaft von VCs und Business Angels positiv. Zudem passen viele ihre Strategie an: Während im letzten Jahr noch 44 % der Startups in ihrer Planung eine Finanzierung durch Venture Capital bevorzugt haben, sinkt dieser Wert deutlich auf knapp über ein Drittel. Gleichzeitig rückt das Thema Liquidität wieder stärker in den Fokus und ist aktuell für rund ein Drittel eine zentrale Herausforderung, gegenüber einem Viertel im Vorjahr. Davon sind vor allem die wachstumsstärksten Startups betroffen, denn größere Finanzierungsrunden werden schwieriger.
Startups behaupten sich als Wirtschaftsfaktor
Trotz der vielfältigen Herausforderungen kann von einem Einbruch der Entwicklung des Startup-Ökosystems jedoch keine Rede sein: Die durchschnittliche Mitarbeitendenzahl in deutschen Startups bleibt stabil und liegt bei 19. Zwar mussten 15 % der Startups innerhalb des letzten Jahres Entlassungen vornehmen, im gleichen Zeitraum konnte allerdings mit 56 % die große Mehrheit weiter einstellen und im Schnitt acht neue Stellen schaffen. Auch bei den Gründer:innen lässt sich keine Frustration feststellen – neun von zehn würden erneut ein Startup gründen und davon die große Mehrheit am Standort Deutschland (83 %). Hier bewahrheitet sich die allgemeine Einschätzung, dass Krisenzeiten auch Gründungszeiten sind.
Entwicklungspotenzial durch mehr Gründerinnen freisetzen
Nach einem stetigen Wachstum des Gründerinnenanteils in den Vorjahren verändert sich der Wert in diesem Jahr kaum und liegt bei 21 %. Gerade in schwierigen Zeiten scheinen Fortschritte im Bereich Diversität auf der Strecke zu bleiben. Im Wettbewerb um knappere Ressourcen können Netzwerke eine wichtige Rolle spielen, wodurch Eintrittshürden für Frauen zu wachsen drohen. Dabei ist es gerade jetzt wichtig, möglichst viele Talente und damit deutlich mehr Frauen für das Innovationsökosystem zu gewinnen. Denn der Diversitätseffekt verstärkt sich im Unternehmen: So ist der Anteil weiblicher Mitarbeitender (44 %) und Führungskräfte (40 %) in gemischten Gründungsteams deutlich höher als in rein männlichen Gründungsteams (29 % bzw. 14 %).
Hochschulen und Forschung als Innovationstreiber
Hochschulen und Forschungseinrichtungen sind für viele Gründungen elementar: Mit 49 % gibt jedes zweite Startup an, in diesem Kontext schon einmal Unterstützung erhalten zu haben. Im Vordergrund stehen dabei die Vermittlung von Kontakten und Business-Know-how sowie der Support durch Einzelpersonen, wie etwa Professor:innen. Hochschulen und Forschungseinrichtungen spielen für das Startup-Ökosystem vor allem mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit bei innovativen Technologien eine zentrale Rolle. Hervorzuheben ist hier besonders die Entwicklung im Bereich Künstliche Intelligenz: Der Anteil an Startups, für die KI einen großen Einfluss auf ihr Geschäftsmodell hat, ist im Vergleich zum Vorjahr von 45 % auf 52 % nochmal deutlich gestiegen.
Weitere spannende Fakten aus dem Deutschen Startup Monitor 2023
- Der Anteil der Startups mit Kooperationsbeziehungen zur etablierten Wirtschaft geht weiter zurück: 2020 lag der Wert bei 72 %, heute nur noch bei 61 %.
- 82 % der Startups nutzen Tools wie ChatGPT – besonders im Marketing (64 %) findet generative KI häufig Einsatz.
- 47 % der Startups sehen sich als Teil der Green Economy und wollen einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten, 42 % mehr als noch 2018.
- Im Schnitt haben Gründer:innen sieben andere Gründer:innen im Freundeskreis, in den Hotspots Berlin (12) und München (11) sind die Netzwerke nochmal stärker.
- Die Zahl der deutschen Unicorns hat sich seit 2018 auf 33 mehr als vervierfacht – im internationalen Vergleich liegen wir aber pro Kopf noch klar hinter Standorten wie den USA oder Israel.
- Der Hotspot Berlin ist von den aktuellen Turbulenzen und Finanzierungsengpässen stärker betroffen: Hier mussten im letzten Jahr 24 % der Startups Entlassungen vornehmen, im bundesweiten Durchschnitt sind es nur 15 %.
- RWTH Aachen, TU München und WHU sind die Top-3-Gründungshochschulen – hier haben 13 % der befragten Gründer:innen ihren Abschluss gemacht.
(pwc vom 25.09.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)