Unternehmen, bei denen bereits zu Beginn eines Übergabeprozesses geplant ist, dass ein Familienmitglied die Nachfolge antreten soll, sind deutlich seltener von einer Stilllegung betroffen als Unternehmen, die einen Verkauf anstreben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Projektteam des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn), das erstmals für Deutschland untersucht hat, wie viele Unternehmen im Zuge des Übergabeprozesses stillgelegt werden und welche Faktoren dazu beitragen.
Insgesamt betrachtet blieben rund drei Viertel der insgesamt gut 90.000 Betriebe, deren Übergabe im Beobachtungszeitraum geplant war, am Markt bestehen. Diejenigen Unternehmen, die im geplanten Übergabezeitraum stillgelegt wurden, waren eher klein und wiesen überwiegend eine mangelhafte Ertragslage, eine geringere Exportorientierung sowie oftmals eine geringere Investitionsneigung vor der geplanten Übergabe auf.
Zwischen 2018 und 2022 stehen rund 150.000 Familienunternehmen zur Übergabe an
Weniger wirtschaftlich attraktive Unternehmen haben demnach offenbar größere Schwierigkeiten, übergeben zu werden. Genau aus diesem Grund berücksichtigen die IfM-Forscher bei ihren regelmäßigen Schätzungen, wie viele Übergaben in den kommenden fünf Jahren zu erwarten sind, auch nur diejenigen Unternehmen, bei denen aufgrund des Mindestertragswerts eine Übernahme für potenzielle Nachfolger und Nachfolgerinnen ökonomisch sinnvoll ist. Für den vergangenen Fünf-Jahres-Zeitraum hatten sie geschätzt, dass zwischen 2018 und 2022 insgesamt in rund 150.000 Familienunternehmen Übergaben anstehen, von denen rund 2,4 Mio. Beschäftigte betroffen sind. Eine neue Fünfjahresschätzung wird das IfM im kommenden Jahr vorlegen.
Gründliche Abwägung von Kosten und Erfolgsaussichten der Übergabe
Noch immer wird eine Unternehmensstilllegung im Zuge des Übergabeprozesses als Scheitern verstanden. Dabei handelt es sich um eine ökonomisch-rationale unternehmerische Entscheidung, die nach Abwägung von Erfolgsaussichten und der Kosten, die mit der Übergabe verbunden sind, getroffen wird – auch wenn sie natürlich von den Familienunternehmern und -Unternehmerinnen nicht präferiert wird, erklären die Studienautoren.
Realistisches Bild vom Unternehmenszustand ist entscheidend
Sie empfehlen daher jedem Unternehmenseigentümer und jeder Eigentümerin, sich nicht nur frühzeitig mit dem Zeitpunkt des eigenen Rückzugs zu beschäftigen, sondern sich auch ein realistisches Bild vom Unternehmenszustand zu machen. Angesichts des zeitlichen und finanziellen Aufwands einer vergeblichen Nachfolgersuche und einer anschließenden Stilllegung sei eine realistische Einschätzung der Bedingungen zentral, unter denen eine Fortführung des Betriebs möglich erscheine.
Die Studien „Herausforderungen der Unternehmensübergabe: Unternehmenzwischen Fortführung und Stilllegung“ und „Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2018 bis 2022“ sind hier abrufbar.
(Pressemitteilung Institut für Mittelstandsforschung Bonn vom 15.03.2021)