Konzerne aus den USA und Asien sind in punkto Umsatz- und Gewinnwachstum weltweit führend: Während die größten nordamerikanischen Unternehmen ihren Umsatz im vergangenen Jahr insgesamt um 4,5 Prozent steigern konnten und Asiens Großunternehmen immerhin ein Plus von 3,2 Prozent schafften, verzeichneten die europäischen Top Unternehmen zusammen ein Umsatzminus von 1,1 Prozent. Und auch bei der Gewinnentwicklung verlieren Europas Top-Konzerne den Anschluss: Sie mussten im Jahr 2024 einen Rückgang des operativen Gewinns um 6,5 Prozent hinnehmen – die US- und asiatischen Konzerne legten mit plus 8,2 bzw. plus 19,5 Prozent hingegen kräftig zu.
Die deutschen Unternehmen, von denen es 2024 insgesamt 43 ins Ranking der 1.000 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen der Welt schafften, verzeichneten beim Umsatz im vergangenen Jahr einen überdurchschnittlich starken Rückgang von 3,1 Prozent. Auch beim Gewinn entwickelten sie sich mit einem Minus von 8,5 Prozent schlechter als die übrigen europäischen Unternehmen. Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für die die Bilanzen der jeweils 1.000 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen der Welt (ohne Banken und Versicherungen) analysiert wurden.
Die europäische Wirtschaft schwächelt
Jan Brorhilker, Managing Partner des Geschäftsbereichs Assurance von EY in Deutschland: „Die Lage ist wirklich ernst und spitzt sich aktuell weiter zu: Während die Top-US-Konzerne zuletzt kräftig wuchsen und ihre Gewinne steigern konnten, sehen sich Europas Unternehmen zunehmend in der Defensive. Die europäische Wirtschaft schwächelt und leidet zudem weiter besonders stark unter den geopolitischen Spannungen und kriegerischen Auseinandersetzungen. Die besondere Stärke Europas im industriellen Bereich erweist sich derzeit als große Herausforderung, denn klassische Industriebranchen – etwa die Autoindustrie – befinden sich in einer tiefgreifenden Transformation. Sinkende Gewinne und Margen, hohe Restrukturierungsaufwendungen, eine schrumpfende Beschäftigung und ungewisse Zukunftsperspektiven: Die sogenannte Old Economy in Europa tut sich aktuell sehr schwer und sieht sich mit dynamisch wachsenden asiatischen Wettbewerbern konfrontiert.
In dieser Gemengelage komme die chaotische US-Zollpolitik zur absoluten Unzeit, meint Brorhilker: „Die hohen Zölle führen zu weiter steigenden finanziellen Belastungen für die Unternehmen und zu einer enormen Verunsicherung. Investitionen werden zurückgestellt, die Unternehmen fahren auf Sicht und drücken die Kosten, um sich wetterfest zu machen. Aber wenn jegliche Planbarkeit fehlt, sind die Handlungsmöglichkeiten der Unternehmen begrenzt.“
Zölle, Handelsbeschränkungen, gestörte Lieferketten
Die Stärke der US-Technologiekonzerne bereitet Brorhilker zusätzlich Sorgen: „Der Marktmacht und Umsatzstärke der großen US-Tech-Unternehmen haben wir in Europa wenig entgegenzusetzen: Nur ganz wenige europäische Unternehmen spielen im Technologiebereich in der Champions League. Die schwache Aufstellung Europas erweist sich derzeit als zusätzlicher Hemmschuh: Denn während Industrieunternehmen massiv unter Zöllen und Handelsbeschränkungen und gestörten Lieferketten leiden, verzeichnen Digitalkonzerne Rekordgewinne und können Milliarden in Innovationen investieren. Die Schere wird daher im laufenden Jahr weiter auseinander gehen“, erwartet Brorhilker. Die Technologieunternehmen im Top-1000-Ranking verzeichneten im vergangenen Jahr ein Gewinnwachstum von 28 Prozent – die Autoindustrie hingegen ein Minus von neun Prozent, bei der chemischen Industrie betrug der Gewinnrückgang sogar elf Prozent.
Saudi-Aramco und Apple erwirtschaften die höchsten Gewinne
Sieben der zehn Unternehmen mit dem höchsten operativen Gewinn haben ihren Sitz in den USA. Mit umgerechnet 191 Milliarden US-Dollar war allerdings der saudische Ölkonzern Saudi Aramco das bestverdienende Unternehmen der Welt – vor Apple (114 Milliarden Euro) und der Google Muttergesellschaft Alphabet (104 Milliarden Euro).
Das gewinnstärkste europäische Unternehmen war im vergangenen Jahr der Ölkonzern Shell auf Rang 13 im weltweiten Gewinnranking. Das höchstplatzierte deutsche Unternehmen in der weltweiten Gewinnrangliste war mit einem operativen Gewinn von gut 26 Milliarden Euro die Deutsche Telekom auf Rang 19.
Weitere Ergebnisse:
- Deutschland belegt im Länderranking Platz vier: Insgesamt schaffen es aktuell 43 deutsche Unternehmen unter die 1.000 größten Konzerne der Welt. Die Top 5: USA (317 Unternehmen), Japan (110), China (137), Deutschland (43), Südkorea (42).
- Die höchstplatzierten deutschen Unternehmen im weltweiten Umsatzranking sind Volkswagen (9. Platz), Mercedes-Benz (35.), BMW (36.) und Deutsche Telekom (50.).
- Die umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen der Welt waren 2024 zwei US-Unternehmen – Walmart und Amazon – vor Saudi Aramco.
- Die Pharmabranche wies mit 16,5 Prozent die höchste Gewinnmarge auf. Auf dem zweiten Platz folgen Energieversorger (15,6 Prozent) und die Kommunikations-/Medienbranche mit 15,0 Prozent. Die niedrigste Marge erzielte die Automobilindustrie (5,8 Prozent).
(EY vom 19.05.2025 / RES JURA Redaktionsbüro – vcd)