Geld überweisen, Versicherungen organisieren oder Kredite beantragen – zwei von drei Deutschen erledigen diese Aufgaben mittlerweile online oder über Apps. Der Anteil der Verbraucher, die FinTechs nutzen, ist im Vergleich zur vorangegangenen Befragung 2017 sprunghaft von 35 auf 64 Prozent angestiegen. Damit liegt die Nutzung hierzulande auf dem gleichen Niveau wie im weltweiten Durchschnitt.
Vor allem Überweisungen und Onlinebezahlungen wickeln Verbraucher inzwischen über FinTechs ab. Etwa drei von vier Verbrauchern weltweit (75 Prozent) als auch in Deutschland (72 Prozent) nutzen entsprechende Dienste. Beliebt sind auch Versicherungslösungen, die von 60 Prozent der Verbraucher in Deutschland und 48 Prozent weltweit genutzt werden.
Im Wettbewerb haben derzeit noch die traditionellen Banken und Versicherungsunternehmen die Trümpfe in der Hand. Denn mehr als die Hälfte der Befragten (51 Prozent) würde sich zunächst an sie wenden, wenn sie ein neues Finanzprodukt erwerben wollen. 13 Prozent würden auf einer Vergleichsseite im Internet suchen. Nur sieben Prozent würden von sich aus auf ein neues Finanzunternehmen zugehen.
Das sind Ergebnisse des FinTech Adoption Surveys der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, an dem 27.000 Verbraucher in 27 Märkten teilnahmen. In Deutschland wurden 1.000 Verbraucher befragt. Als FinTech-Nutzer wurden Verbraucher definiert, die mindestens zwei von zuvor definierten digitalen Angeboten nutzen – darunter Geldüberweisung, Zahlungsverkehr, Kredite oder Versicherungen.
Christopher Schmitz, Partner bei EY und Leiter FinTech in EMEIA (Europa, Mittlerer Osten, Indien und Afrika): „Wir Verbraucher mögen das, was wir sehen und anfassen können. Hören wir nur von neuen Produkten, sind wir zunächst skeptisch. Aber inzwischen gibt es zahlreiche FinTech-Angebote ‚zum Anfassen‘ auf dem Markt, die Nutzer haben deren Vorteile entdeckt und ihre anfänglichen Berührungsängste hinter sich gelassen. FinTechs haben sich in Deutschland und auch weltweit längst durchgesetzt und sind zu ernstzunehmenden Konkurrenten von Banken geworden.“
Allerdings könnten die alteingesessenen Institute nach wie vor auf einen großen Vertrauensvorschuss zählen. „Die klassischen Banken und Versicherer können gegenüber den neuen Wettbewerbern vor allem einen Vorteil ausspielen: das Vertrauen der Kunden. Allerdings sollten sie sich noch einiges von den wesentlich agileren FinTechs abschauen: Wenn es ihnen schnell gelingt, innovative, benutzerfreundliche und sichere Digitalangebote auf den Markt zu bringen, werden sie auch in Zukunft trotz neuer Konkurrenten gute Chancen haben.“
87 Prozent der Chinesen und Inder nutzen FinTechs
Weltweit sind die Chinesen und Inder FinTech-Angeboten gegenüber am offensten – jeweils 87 Prozent nutzen sie. In Russland und Südafrika ist die Nutzung mit jeweils 82 Prozent ebenfalls stark ausgeprägt. In Europa ist die Verbreitung von FinTechs nur in den Niederlanden (73 Prozent), Irland und dem Vereinigten Königreich (jeweils 71 Prozent) größer als in Deutschland.
Die hohe Akzeptanz von FinTechs gerade in den großen Schwellenländern erklärt Schmitz so: „In diesen Ländern bildet sich eine Mittelschicht, die über ein höheres Einkommen verfügt und großes Interesse an Dienstleistungen rund um ihre Finanzen hat. Gleichzeitig sind es großflächige Länder ohne gewachsene Bankenstruktur. FinTechs bieten hier einen einfachen Zugang zu Finanz- und Versicherungsprodukten von jedem Ort mit Internet. Hinzu kommt: Die Verbraucher sind deutlich technikaffiner als bei uns und haben weniger Bedenken in Bezug auf ihre Daten.“
Mehr Männer als Frauen nutzen FinTechs
Der typische FinTech-Nutzer in Deutschland ist tendenziell jung, männlich, gutverdienend. So nutzen 69 Prozent der Männer FinTechs zur Abwicklung ihrer Bankgeschäfte, aber nur 60 Prozent der Frauen. Auch die Befragten mit den höchsten Einkommen sind eher bereit, auf FinTech-Angebote zuzugreifen. 77 Prozent von ihnen nutzen die Dienste.
Am deutlichsten ist die Nutzung zudem unter den 25-34-Jährigen ausgeprägt, von denen 78 Prozent in Deutschland FinTechs nutzen. Mit zunehmendem Alter nimmt die Akzeptanz dann ab: Von den Verbrauchern ab 65 Jahre nutzen nur noch 50 Prozent entsprechende Angebote.
„Nutzer von FinTech-Angeboten sind in der Regel jung, gut ausgebildet und verdienen überdurchschnittlich. Sie arbeiten in urbanen Zentren und sind neuen Trends gegenüber sehr aufgeschlossen“, betont Schmitz. „Für Bankinstitute und FinTechs sind sie eine wichtige Zielgruppe, weil sie noch viele Berufsjahre vor sich haben und potenziell langfristig als Kunden gewonnen werden können.“
(Pressemitteilung EY vom 02.08.2019)