10.12.2021

Starkes IPO-Jahr 2021 trotz Corona-Pandemie

Autokonzerne auf der Überholspur

© moomsabuy/fotolia.com

2021 war eines der stärksten Jahre für Börsengänge in Deutschland seit dem Neuen Markt zur Jahrtausendwende – insbesondere getrieben durch die ersten sieben Monate. Das ist das Ergebnis der jährlich durchgeführten IPO-Studie der Hamburger Agentur für Finanz- und Unternehmenskommunikation Kirchhoff Consult AG. Demnach stieg die Zahl der Börsengänge im Börsensegment Prime Standard im Vergleich zum Vorjahr von fünf auf zwölf. Mehr gab es zuletzt im Jahr 2018. Zugleich stieg das Emissionsvolumen auf rund 8,6 Milliarden Euro, was nahezu einer Verzehnfachung entspricht (2020: 0,9 Milliarden Euro).

Grund hierfür waren insbesondere die hohen Platzierungsvolumina pro Börsengang mit einem Median von 405 Millionen Euro (2020: 127 Millionen Euro). Zudem kamen drei Milliarden-IPOs zustande. Der Emissionsmarkt für Mittelstandsanleihen entwickelte sich von der Anzahl der Emissionen hingegen schwächer als 2020. Insgesamt gab es 27 neue Mittelstandsbonds (2020: 43), wobei bis Jahresende noch weitere folgen könnten. Das Platzierungsvolumen stieg um drei Prozent auf 1,38 Milliarden Euro (2020: 1,34 Milliarden Euro).

Klaus Rainer Kirchhoff, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Kirchhoff Consult AG: „Das IPO-Jahr 2021 ist bis Juli außerordentlich stark verlaufen. Insbesondere die sogenannten ‚Corona-Gewinner‘ mit digitalen Geschäftsmodellen strebten an die Börse. Aber auch Industrieunternehmen waren mit ihren Börsengängen erfolgreich. Diese Vielfalt der Unternehmen zeigt, wie aufnahmefähig die Börse für erfolgreiche Unternehmen ist. Wir erwarten bei einem positiven Kapitalmarktumfeld für 2022, dass zahlreiche Unternehmen die offenen IPO-Fenster nutzen werden.“

Vantage Towers mit größtem Börsengang des Jahres

Der Markt für Börsengänge entwickelte sich 2021 in einem guten Marktumfeld bis Juli sehr stark. Alle zwölf Börsengänge im Prime Standard fanden in diesem Zeitraum statt. Im Herbst hingegen verschoben zahlreiche Unternehmen ihre IPOs oder sagten sie ab. Investoren wurden zurückhaltender, da die Sorge vor Kursabschlägen stieg und zudem die Kursperformance der IPOs 2021 schwach war. Bis 30.11.2021 wiesen nur vier der zwölf Unternehmen eine positive Kursentwicklung auf bei einem Kursrückgang von durchschnittlich 10 Prozent. Am besten war die Kursperformance seit IPO bei Synlab (+26 %), Suse (+23 %) und Bike24 (+21 %). Am schlechtesten schnitten Friedrich Vorwerk (-29 %), Mister Spex (-51 %) und Auto1 (-55 %) ab.

Insgesamt stiegen die Aktienkurse im Jahr 2021 hingegen deutlich an, sodass der DAX Ende November (Stand: 30.11.2021) ein Plus von 10,1 Prozent seit Jahresbeginn verbuchte. Insbesondere in der ersten Jahreshälfte wurden die Aktienkurse von positiven Wirtschaftsdaten, angebobenen Gewinnprognosen der Unternehmen und der expansiven Geldpolitik der EZB getrieben. Auch die US-Börsen erreichten neue Höchststände. Dieses Umfeld nutzte der Sendemastenbetreiber Vantage Towers für den größten IPO des Jahres in Deutschland mit einem Volumen von 2,2 Milliarden Euro. Damit war es zugleich auch einer der größten Börsengänge 2021 in Europa. Zwei weitere IPOs mit einem Emissionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro gelangen der Online-Autoplattform Auto1 und dem Softwareunternehmen Suse. Am häufigsten vertreten waren Online-Handelsunternehmen: Sie führten im Jahr 2021 ein Drittel der Börsengänge im Prime Standard durch.

Wie im Vorjahr gingen 2021 im Börsensegment Scale zwei Unternehmen aufs Parkett. Apontis Pharma und Veganz sammelten insgesamt rund 137 Millionen Euro ein. Das ist fast ein Drittel weniger als im Vorjahr, als mit einem Emissionsvolumen von 200 Millionen Euro ein neuer Höchststand innerhalb eines Jahres im Scale erreicht wurde.

Im Jahr 2021 waren zudem SPAC-Börsengänge (Special Purpose Acquisition Company) im Trend. In Deutschland warben vier SPACs insgesamt 925 Millionen Euro ein. 468 SPAC I SE (tonies SE) und Lakestar SPAC I SE (HomeToGo SE) haben bereits erfolgreich ein Übernahmeziel gefunden und den jeweiligen Zusammenschluss vollzogen.

Mittelstandsanleihen erneut mit Rückgang

Am Markt für neue Mittelstandsanleihen wurden bis Ende November 27 neue Anleihen begeben – im Gesamtjahr 2020 waren es noch 43. Das Gesamtemissionsvolumen belief sich auf 1,38 Milliarden Euro – ein Plus von 3 Prozent (2020: 1,34 Milliarden Euro). Weitere Neuemissionen könnten noch bis Jahresende folgen. Der Anteil der Vollplatzierungen stieg gegenüber dem Vorjahresniveau deutlich auf 59 Prozent (2020: 37 Prozent). Zugleich erreichten die Unternehmen insgesamt 91 Prozent des angestrebten Zielvolumens und damit mehr als im Vorjahr (2020: 79 Prozent). Der durchschnittliche Kupon stieg um 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent.

Wie in den drei vorherigen Jahren waren Anleihen aus dem Immobiliensektor am Markt für neue Mittelstandsanleihen am stärksten vertreten. 6 der 27 Bonds stammten aus dieser Branche. Sie emittierten Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 376 Millionen Euro. Insgesamt gab es fünf Anleihen mit einem Volumen von mindestens 100 Millionen Euro, wobei die größte vom Metallhändler Metalcorp Group mit einem platzierten Volumen von 250 Millionen Euro begeben wurde.

Mehr Börsengänge in 2022 erwartet

Im Jahr 2021 war die Börse bis Juli sehr aufnahmefähig für neue Unternehmen. Danach wurden einige Börsengänge verschoben oder abgesagt. Auch deshalb gibt es laut offiziellen Informationen und Marktgerüchten eine lange Kandidaten-Pipeline für Börsengänge im Jahr 2022 mit derzeit rund 100 potenziellen Emittenten. Darunter befinden sich Fintechs wie N26 und Solarisbank, Abspaltungen von Konzernen wie Uhde Chlorine Engineers (Elektrolyse, Thyssenkrupp) und ParshipMeet (Online-Partnervermittlung, ProSiebenSat.1) sowie der Prothesenhersteller Ottobock und das Pharmaunternehmen Cheplapharm.

Sofern sich die Aktienkurse stabil entwickeln und die Weltwirtschaft weiter dynamisch wächst, dürfte die COVID-19-Pandemie weiteren Börsengängen nicht im Weg stehen. Die expansive Geldpolitik der EZB wirkt unterstützend. Größtes Risiko bleibt die Volatilität an den Börsen. Analysten gehen dennoch davon aus, dass der DAX bis Jahresende 2022 auf über 17.000 Punkte steigt.

Kirchhoff Consult erwartet unter diesen Bedingungen für das Jahr 2022 rege IPO-Aktivitäten. Neben Private-Equity-getriebenen Emissionen erwartet Kirchhoff Consult auch wieder mehr kleine und mittlere Unternehmen bei den Neuzugängen.

Jens Hecht, Vorstand der Kirchhoff Consult AG: „In einem volatilen Kapitalmarktumfeld steigen die Anforderungen der Investoren. Die IPO-Pipeline ist aber prall gefüllt mit vielen sehr aussichtsreichen Unternehmen. Wir rechnen daher mit mindestens 15 Börsengängen im Jahr 2022. Dabei wird sich der Trend zu Geschäftsmodellen mit einer überzeugenden ESG-Strategie auch bei den Neuemissionen durchsetzen.“

Die IPO-Studie 2021 steht hier zum Download bereit.

(Pressemitteilung Kirchhoff vom 09.12.2021)


Redaktion

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