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13.05.2022

DAX-Vorstandsvergütung: Chaos mit Ansage im Vergütungsausweis

Autokonzerne auf der Überholspur

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Die Vergütungen der Vorstandsvorsitzenden (CEOs) in den größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland (DAX40) beläuft sich für das zurückliegende Geschäftsjahr auf rund 8,3 Mio. € inklusive Altersversorgungsaufwand. Eine direkter Vergleich zum Vorjahr ist nach veränderter Index-Zusammensetzung nicht möglich. Der Vergleichswert für den früheren Kreis der DAX30-Unternehmen lag für 2020 bei rund 8,5 Mio. €. Neben dem veränderten Index-Zuschnitt erschweren die neuen regulatorischen Vorgaben im Rahmen der Europäischen Aktionärsrechterichtlinie, in Deutschland umgesetzt durch ARUG II, die Vergleichbarkeit von individuellen Vergütungsinformationen. So bieten Unternehmen zwar vorgabenkonform deutlich mehr Vergütungsdetails, bei denen aber der unternehmensübergreifende Vergleich zu kurz kommt, weil entsprechende Vorgaben fehlen. Ein überaus heterogenes Bild zeigt sich auch bei den erstmals auf Basis von ARUG II erfolgten Abstimmungen über den Vergütungsbericht auf der Hauptversammlung, die institutionelle Investoren für unterschiedliche Kritikpunkte nutzen, die teilweise thematisch nicht mit dem Kernziel der Abstimmung zum Vergütungsbericht vereinbar sind. Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse Vorstandsvergütung DAX 2021 der Unternehmensberatung hkp/// group. Sie stützt sich auf die relevanten öffentlichen Angaben aller im Börsen-Index DAX40 notierten Unternehmen für das zurückliegende Geschäftsjahr. Angesichts der mangelnden unternehmensweiten Vergleichbarkeit der Vergütungsinformationen nach ARUG II und der Interpretationsalternativen durch Wirtschaftsprüfer verzichtet die Analyse in diesem Jahr erstmals auf den Ausweis einer Rangreihe der CEO-Vergütungen.

Bei deutlich gestiegener unternehmensindividueller Transparenz hat im Ergebnis der gesetzlichen Neuregelungen die Vergleichbarkeit sowohl national als auch international einen deutlichen Rückschritt erfahren. Es wurde der deutsche und zugleich weltweit führende Standard bei Transparenz und Vergleichbarkeit von Top-Management-Vergütung zerschlagen. Die Scherben müssen die Unternehmen jetzt zusammenkehren, erklären die Studienautoren. Es sei ein Chaos mit Ansage. Die rechtlichen Vorgaben und die Interpretation der Wirtschaftsprüfer gingen in Teilen an der Anforderung der Investoren vorbei und hätten alle Vorgaben die unternehmensübergreifend waren vom Tisch gewischt.

Im Unterschied zu den Vorjahren müssen Unternehmen für das Geschäftsjahr 2021 ihre Ausführungen zur Vergütung des Vorstands nicht mehr mit dem Geschäftsbericht, sondern spätestens im Rahmen der Einladung zur Hauptversammlung veröffentlichen, so die Analyse. Neben der generellen zeitlichen Verzögerung und unterschiedlichen Veröffentlichungsdaten werde die unternehmensübergreifende Vergleichbarkeit vor allem aber durch die Vielzahl der bereitgestellten Informationen erschwert.

Mehr Vergütungsinformationen führen zu höherer Transparenz aber geringerer Vergleichbarkeit

So zeichnen sich die aktuellen Vergütungsberichte laut der Analyse mehr denn je durch eine Vielzahl von Tabellen und Grafiken sowie Textinformationen aus. Im Rahmen der damit grundsätzlich verbesserten Darstellung erschwert allerdings die hohe Anzahl an unterschiedlichsten Tabellen ein Auffinden der relevanten Informationen, merken die Studienautoren an. Hintergrund für den sprunghaften Anstieg tabellarischer Darstellungen seien die neuen gesetzlichen Anforderungen sowie die darauf basierenden Interpretationsalternativen durch Wirtschaftsprüfer. Diese hatten zu den durch ARUG II neu eingeführten Begrifflichkeiten von gewährter und geschuldeter Vergütung zwei unterschiedliche Auslegungsvarianten publiziert, wobei eine den Erwartungen von Investoren entspricht. Im Ergebnis haben viele Unternehmen neben der Bereitstellung der neuen Angaben an den herkömmlichen Formen des Vergütungsausweises festgehalten und freiwillige Zusatzangaben zur vertraglichen Zielvergütung wie auch zum tatsächlichen Vergütungszufluss für das Geschäftsjahr getätigt – aber nicht in einem standardisierten Format.

Unternehmensübergreifende Vergleichbarkeit von Vergütungsinformationen in Deutschland wird erschwert

Die Analyse der DAX-Vorstandsvergütung kommt daher zu dem Schluss, dass gerade die Variantenvielfalt in der neuen Vergütungspublizität die unternehmensübergreifende Vergleichbarkeit von Vergütungsinformationen in Deutschland dramatisch erschwert. Laut der Studienautoren ist keine kurzfristige Lösung in Sicht. Man warte schon seit Jahren auf die als tragfähige Alternative gepriesenen EU-Mustertabellen, deren nächste Fassung für Ende 2022 avisiert ist. Angesichts der Qualität der vorangegangenen Ausarbeitungen bleibt die Skepsis der Corporate Governance-Experten diesbezüglich aber groß.

Hauptversammlungsabstimmung kanalisiert Kritikpunkte der Investoren – teils auch sachfremde

Im Rahmen von ARUG II hat der Gesetzgeber die jährliche Abstimmung über den Vergütungsbericht durch die Hauptversammlung vorgesehen. Kernziel ist neben der Erhöhung der Vergütungstransparenz vor allem die Überprüfung der Vergütungspraxis mit dem bereits abgestimmten Vergütungssystem, wobei angesichts der Qualität der Corporate Governance kaum Abweichungen zu erwarten sein sollten.

Abstimmung über Vergütungsberichte auf der Hauptversammlung wird zur faktisch jährlichen Diskussion von „allem“

Umso überraschender identifiziert die Analyse zum Teil signifikante Gegenstimmen von Investoren zum Vergütungsbericht. Zu den auffälligsten Beispielen zählen dabei Bayer mit einer Zustimmung von nur 24%, gefolgt von Continental mit rund 68% und Beiersdorf mit rund 73%. Damit sehen sich bislang insgesamt drei Unternehmen (Stand: 30.04.2022) mit der maßgeblichen Zustimmungsquote von weniger als 80% der Eigentümer zum Vergütungsbericht konfrontiert – und das, obwohl das zugrundeliegende Vergütungssystem bereits im Vorjahr durch Investoren gutgeheißen wurde.

Vergütung ist ein mächtiger Hebel in den Händen von Investoren. Es war daher absehbar, dass mit der Institutionalisierung der Abstimmung zum Vergütungsbericht dieses Votum als Instrument zur Durchsetzung auch anderer Themen genutzt wird, so das Fazit der Studienautoren.

(Pressemitteilung hkp/// group vom 03.05.2022)


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