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25.07.2024

Schwache Entwicklung bei wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit

Deutschlands Nachhaltigkeitsbilanz für den Zeitraum von 2019 bis 2023 weist nur geringe Fortschritte auf. Das Problem könnte sich durch eine Sparpolitik noch verschärfen.

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©peterschreibermedia/123rf.com

Mehr als vier Jahre internationaler Krisen, geprägt durch die Corona-Pandemie, den russischen Überfall auf die Ukraine, die dadurch ausgelöste, gerade abgeebbte Inflationswelle sowie wachsende geopolitische Spannungen, haben deutliche negative Spuren bei zentralen Kenngrößen wirtschaftlicher, staatlicher, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit in Deutschland hinterlassen. Die Bundesregierung hat zwar mit hohem Aufwand, darunter weit verbreitete Kurzarbeit, Unterstützungszahlungen und Energiepreisbremsen, verhindert, dass die Polykrise voll auf die Einkommen der Bevölkerung und den Arbeitsmarkt durchschlägt. Dieser wichtige Stabilisierungserfolg der Wirtschaftspolitik ändert allerdings wenig daran, dass Deutschlands Nachhaltigkeitsbilanz für den Zeitraum von 2019 bis 2023 nur geringe Fortschritte aufweist. Das Problem könnte sich noch verschärfen, wenn Bund und Länder zugunsten einer strikten Anwendung der Schuldenbremse weiterhin dringend notwendige Investitionen unterlassen. Das ergibt der neue Nachhaltigkeits-Check im Auftrag des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung anhand von 15 Indikatoren. Lediglich bei einem davon – der Entwicklung der Beschäftigung – geben die Forschenden im Durchschnitt der fünf untersuchten Jahre uneingeschränkt grünes Licht. Bei einem zweiten – der Senkung der Treibhausgasemissionen – mit Abstrichen.

„Eine durchwachsenen Bilanz“

Trotz der geringen Quote erreichter Ziele sprechen Prof. Dr. Fabian Lindner und Prof. Dr. Anita Tiefensee, die die Studie für das IMK erstellt haben, von einer „durchwachsenen Bilanz“ angesichts der fortgesetzten externen Schocks, auf die die Wirtschaftspolitik reagieren musste. Sie heben besonders hervor, dass die Beschäftigungsquote in Deutschland trotz der ökonomischen Krisen leicht gestiegen ist – „ein großer beschäftigungs- und sozialpolitischer Erfolg, der dabei geholfen hat, die sozialen Folgen der Krisen deutlich abzuschwächen“, betonen der Ökonomieprofessor von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin und die Professorin an der Hochschule des Bundes.

Mit Blick auf die kommenden Jahre sehen es Lindner und Tiefensee als zentrale politische Herausforderung an, den Zielkonflikt bei der Staatstätigkeit zu lösen, der sich auch im Nachhaltigkeits-Check abbildet: Dort werden sowohl die staatliche Verschuldung aus als auch die öffentliche Investitionsquote ausgewertet. Bei beiden Größen wurden im Untersuchungszeitraum die Anforderungen verfehlt. Allerdings sind Defizit und Schuldenquote nach einem Anstieg durch die zur Krisenabwehr nötigen Ausgaben zuletzt wieder gesunken und Letztere nähert sich dem Ziel von 60 Prozent oder weniger des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Sparpolitik gefährdet ökonomische Stabilität

In der Abwägung ist für die Forschenden klar, welche Prioritäten gesetzt werden müssten: „Für die mittelfristige Zukunft von Wohlstand und Nachhaltigkeit in Deutschland besteht die Gefahr, dass die Bundesregierung in den nächsten Jahren zu einseitig die Einhaltung der Schuldenbremse priorisiert“, warnen sie. Denn: „Durch eine damit verbundene Sparpolitik gefährdet sie die ökonomische Stabilität, indem sie das Wachstum des BIP niedrig hält; im Bereich der Nachhaltigkeit der Staatstätigkeit die Investitionstätigkeit weiterhin zu gering bleibt; die soziale Nachhaltigkeit, da ein zu geringes Wachstum Armut und Ungleichheit vergrößern sowie fehlende Investitionen den Anteil junger Menschen ohne weiteren Abschluss weiter erhöhen könnten; und die ökologische Nachhaltigkeit, da viele Investitionen und Gelder für die Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität bereits gestrichen wurden.“ Eine sichere, klimaverträgliche und bezahlbare Energieversorgung sei eine zentrale Anforderung, schreiben die Forschenden. Sie sei einerseits wichtig, „um die Legitimität der Klimapolitik nicht zu gefährden und einem weiteren Anstieg des Populismus keinen Vorschub zu leisten“. Andererseits sei sie geboten angesichts „steigender geopolitischer Risiken wie einer möglichen Änderung der Regierung in den USA im nächsten Jahr und einer weiteren Eskalation der Spannungen zwischen den USA und China, die die stark exportabhängige deutsche Wirtschaft bedroht.“

Die Zahlen zeigen die Herausforderungen, vor denen wir im Moment stehen. Mit einer deutlichen Erhöhung und Verstetigung der öffentlichen Investitionen können wir diesen Herausforderungen erfolgreich begegnen. Die Schuldenbremse darf dabei einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung nicht im Weg stehen.

Detaillierte Ergebnisse finden Sie hier.

(Hans-Böckler-Stiftung vom 24.07.2024 / RES JURA Redaktionsbüro)


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