Die ökonomische und finanzielle Unsicherheit unter Finanzvorständen deutscher Unternehmen befindet sich derzeit auf einem Allzeithoch und beeinflusst ihre Planungen deutlich. Nach den US-Zollankündigungen vom 02.04.2025 sehen 80 % der teilnehmenden Chief Financial Officers (CFO) mittelfristig ihren Investitionsschwerpunkt in Deutschland, vor dem 02.04.2025 lag ihr Anteil bei 73 %, wie der CFO Survey von Deloitte zeigt. Für die aktuelle Ausgabe wurden zwischen dem 20.03. und dem 10.04.2025 mehr als 200 Finanzvorstände deutscher Unternehmen befragt.
Dagegen sinkt der Anteil derer, die in Nordamerika ihren Investitionsschwerpunkt sehen, nach dem 02.04.2025 von 25 auf 19 %. Am deutlichsten zeigt sich diese Entwicklung bei den exportorientierten Unternehmen. Während sich vor den Zollankündigungen der Anteil derer, die vorrangig in Nordamerika (50%) beziehungsweise in Deutschland (53%) investieren wollten, die Waage hielt, verschiebt sich der Fokus nach dem Stichtag: Nur noch 38 % sehen einen Schwerpunkt in Nordamerika, für 62 % steht Deutschland im Fokus. Investitionspläne in Asien sind ebenfalls rückläufig.
Unternehmen managen geopolitische Risiken zunehmend aktiv
Auch inhaltlich legen die Finanzvorstände einen Fokus auf die Widerstandsfähigkeit ihrer Unternehmen. Ausgaben für digitale Transformation und Resilienz werden von 49 und 34 % der CFOs priorisiert. Dagegen möchte jeder fünfte Befragte weniger für die Ausweitung der Produktionskapazitäten ausgeben. In der Automobilindustrie betrifft das sogar jedes zweite Unternehmen, im Maschinenbau jedes vierte (24%).
Die Hälfte der Teilnehmenden fühlt sich gewappnet, um geopolitische Risiken frühzeitig zu erkennen und damit umzugehen – 2022 war es nur etwa ein Drittel. „Geo- und handelspolitische Themen dominieren zunehmend Märkte und damit die Aussichten von Unternehmen“, sagt Dr. Alexander Börsch, Chefökonom und Leiter Research bei Deloitte. „Der Aufbau von Resilienz und ein effektives Management geopolitischer Risiken werden damit zu entscheidenden Erfolgsfaktoren.“ Um sich entsprechend abzusichern, setzen die Befragten auf Szenarioanalysen (41%), die Minimierung von Abhängigkeiten von Absatz- und Beschaffungsmärkten (34%) sowie Stresstests (33%). In der Automobilbranche plant fast jedes zweite befragte Unternehmen (47%), Standorte zu verlagern oder neu zu bewerten.
Politische Maßnahmen könnten aufgeschobene Investitionen wieder ankurbeln
„Die hohe Unsicherheit wirkt sich maßgeblich auf die CFO-Agenda aus“, sagt Markus Seeger, Finanzexperte und Mitglied des CFO Program von Deloitte. „Kostenoptimierung und die digitale Transformation stehen im Vordergrund, jedoch dicht gefolgt von Wachstumsstrategien – insbesondere im Mittelstand und in der Dienstleistungsbranche.“ Dabei könnten politische Maßnahmen dazu beitragen, dass Unternehmen aufgeschobene Investitionen wieder aufnehmen. Rund drei Viertel (76%) zögen dies in Betracht, wenn bürokratische Anforderungen vereinfacht würden, 44 % ließen sich durch gezielte Unterstützungen für Investitionen in Zukunftstechnologien motivieren. Das vor Kurzem beschlossene Maßnahmenpaket für Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung würde ein Drittel der Unternehmen dazu bewegen, Investitionen wieder aufzunehmen.
(Deloitte vom 08.05.2025 / RES JURA Redaktionsbüro – vcd)