Die Niedrigzinsphase führt europaweit zu deutlichen Verschiebungen in den Portfolios der institutionellen Anleger. Seit 2010 sinkt der Anteil der Anleihen, während neben Aktien und Immobilien vor allem alternative Anlagen zulegen.
Dies zeigt der Mercer European Asset Allocation Survey 2017, in dessen Rahmen mehr als 1.200 institutionelle Investoren in Europa mit einem Anlagevolumen von insgesamt über 1,1 Billionen Euro analysiert wurden. Die Studie wurde dieses Jahr zum 15. Mal durchgeführt.
„Der Trend zu alternativen Investitionen liegt nicht ausschließlich in den extrem niedrigen Zinsen für europäische Staatsanleihen begründet“, sagt Herwig Kinzler, Chief Investment Officer bei Mercer in Deutschland. „Es sind auch die reiferen Märkte für Private Debt, Private Equity und Infrastrukturinvestitionen, die aktiv Kapital an sich ziehen und dafür attraktive Renditen versprechen.“
Die Deutschen sind Vorreiter der Entwicklung
Angeführt wird der Rückzug aus den klassischen Anleihen im europaweiten Vergleich von den regulierten deutschen Investoren, zu denen zum Beispiel die Pensionskassen gehören. Diese Investoren haben ihren Portfolioanteil an Anleihen in den letzten sechs Jahren mehr als halbiert, von 85 Prozent im Jahr 2010 auf inzwischen nur noch 41 Prozent. Dafür stieg der Anteil der Immobilien und alternativen Anlagen in ihren Portfolios auf 46 Prozent.
Diese Entwicklung zeigt sich auch bei den unregulierten deutschen Investoren, also CTAs (Contractual Trust Arrangements): In diesem Segment waren Aktien schon immer ein wichtiger Teil des Portfolios, doch Immobilien und alternative Anlagen kommen auch hier inzwischen auf zusammen 21 Prozent. Die unregulierten deutschen Investoren haben zudem ihren Aktienanteil erhöht, allein im letzten Jahr von 35 Prozent auf 40 Prozent. Die Mehrheit der europäischen Investoren hat ihr Aktienengagement dagegen zurückgeschraubt, in Großbritannien beispielsweise von 31 Prozent auf 29 Prozent. Die unregulierten deutschen Investoren sind jetzt noch vor den Iren mit der höchsten Aktienexposition in Europa vertreten.
„Insgesamt ist die Portfolio-Komposition bei den regulierten und den unregulierten Investoren ähnlich“, kommentiert Kinzler. „Obwohl ihr Anteil deutlich gesunken ist, machen bei beiden Gruppen Zinspapiere noch immer einen großen Teil des Portfolios aus. Der Unterschied besteht hauptsächlich in deutlich höheren Aktienanteilen der unregulierten Investoren, den die regulierten insbesondere durch Privatmarktanlagen wie Private Debt, Private Equity, Infrastruktur und Holzplantagen ausgleichen.“
Integration von Nachhaltigkeitskriterien ist noch ausbaufähig
Laut Studie spielt das Thema Nachhaltigkeit für Investoren zunehmend eine Rolle. So berücksichtigen mittlerweile 28% der befragten institutionellen Anleger in Europa ESG-Faktoren in der Kapitalanlage, weil sie ein finanzielles Risiko fürchten, wenn sie es nicht tun. 2016 waren es noch 20 Prozent. „Während einige wenige deutsche Investoren Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeitsintegration in die Kapitalanlage sind, ist die ESG-Integration in Deutschland insgesamt weniger fortgeschritten als in manchen Nachbarländern wie Frankreich, den Niederlanden oder Großbritannien“, erläutert Kinzler. „Ein Hindernisgrund ist die wahrgenommene konzeptuelle Unschärfe zwischen ethischen Investments und der ESG-Integration. Häufig wird auch fälschlicherweise angenommen, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien zwingend zu einem eingeschränkten Investment Universum und somit zu niedrigeren Erträgen führt.“
Hedge-Fonds sind wieder im Kommen
Der Mercer Asset Allocation Survey zeigt auch, dass die Allokationen in Absolute-Return-Strategien, wie z. B. Hedgefonds, wieder zunehmen. Waren im Vorjahr noch 33 Prozent der befragten Investoren in Hedge-Fonds engagiert, so sind es jetzt 37 Prozent. „Der US-Basiszins steigt und die Gebühren sind gesunken. Zudem steigen mehr und mehr Investoren direkt bei einzelnen Hedgefonds ein, statt über Dachfonds zu gehen, und sparen sich so den Großteil der Gebühren komplett. Damit sind Hedgefonds-Investments als liquide Alternatives wieder interessant geworden“, so Kinzler.
Über Alternative Investments
Alternative Investments bestehen meist mehrheitlich aus sogenannten Growth Fixed Income-Anlagen. Diese sind in der Regel eine Kombination von Staatsanleihen aus Schwellenländern (Emerging Markts Debt) und Unternehmens-Schuldverschreibungen (High-Yield Bonds und klassische Bonds). Dazu kommen sogenannte Privatmarkt-Anlagen, d. h. Beteiligungen an Private Equity-Fonds, Private Debt-Fonds oder privat finanzierten Infrastruktur-Projekten wie Häfen, Straßen, Brücken oder Krankenhäuser. Auch Hedge-Fonds-Beteiligungen und Rohstoff-Geschäfte zählen zu den alternativen Investments.
(Pressemitteilung Mercer vom 04.07.2019)