17.05.2018

Chemieindustrie: Ende des Kaufrausches

Beitrag mit Bild

© designer49/fotolia.com

In den vergangenen Jahren dominierten zahlreiche Megadeals die Branche und trieben die Konsolidierungswelle in historische Rekordhöhen: So ging der Zusammenschluss von DowDuPont mit einem Wert von 82 Mrd. US Dollar über die Bühne, der eine Art Gamechanger für die Branche werden könnte. Während 2017 die Gesamtzahl der Übernahmen weltweit um weitere zehn Prozent (von 1.002 auf 1.106) anstieg, ist das finanzielle Niveau um mehr als 60 Prozent gesunken (von 272 Mrd. Dollar 2016 auf 99 Mrd. Dollar in 2017).

Kein Deal lag 2017 über 10 Mrd. Dollar, der größte Deal 2017 war der Verkauf der Saatgutsparte von Bayer an BASF (7 Milliarden US Dollar) – eine Bedingung der Wettbewerbshüter, damit Bayer Monsanto übernehmen kann.

„Nach den Megadeals der vergangenen Jahre wird die Lage am M&A-Markt der Chemieindustrie jetzt komplexer“, kommentiert Dr. Otto Schulz, Partner bei A.T. Kearney und zuständig für das globale Chemieberatungsgeschäft die Ergebnisse des aktuellen „Chemicals Executive M&A Report“. „Die Unternehmen sind zwar noch in Kauflaune, es fehlen aber die großen Ziele.“ Der aktuelle globale Report 2018 präsentiert eine Auswertung der M&A-Aktivitäten von 2008 bis 2017. Basierend auf einer Befragung von Führungskräften führender Chemiekonzerne und Investmentbanken gibt er auch einen Ausblick auf die M&A-Trends im Jahr 2018.

In Europa erhöhte sich der Wert geschlossener Deals um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr, da sowohl die Anzahl der Transaktionen als auch die Großabschlüsse von europäischen Käufern gestiegen sind. Weitere Deals waren hier der Kauf der Lonza Group AG (Schweiz) von Capsugel SA (USA) sowie der Vertrag zwischen Evonik Industries AG (Deutschland) und Air Products & Chemicals (USA).

Megadeals werden weniger

Allerdings zeigt die Studie, dass die Mega-Deals weniger werden. In Europa sank der angekündigte Dealwert gegenüber 2016 um fast drei Viertel (-73 Prozent). Der stärkste Rückgang an weltweiten M&A-Aktivitäten wird dabei für staatlich kontrollierte Akteure erwartet. 30 Prozent der Befragten vermuten hier eine Abnahme der Aktivitäten um zehn bis 20 Prozent. „Die Dynamik des Marktes wird deutlich nachlassen,“ kommentiert Gabriela-Maria Baum, Co-Autorin der Studie unter Verweis auf die Ergebnisse der Managementbefragung: „Elf Prozent gegenüber drei Prozent im Jahr davor rechnen mit einer Abnahme der Deals wegen steigender Preise und fehlender Übernahmeziele“.

2017 kam es nochmal zu einem Anstieg internationaler Akquisitionen durch Käufer aus Schwellenländern. China liegt mit mehr als einem Viertel (26 Prozent) aller Transaktionen weltweit an der Spitze, gefolgt von den Vereinigten Staaten (18 Prozent). 30 Prozent der Top-10 Deals betrafen Käufe aus Schwellenländern. Bevorzugtes Zielland für die Schwellenmärkte war vergangenes Jahr Deutschland. Insgesamt wurden zehn deutsche Firmen übernommen. Aber auch deutsche Unternehmen machten Deals mit Schwellenländern. Sieben deutsche Firmen stehen auf der Käuferseite, zum Beispiel Brenntag AG, BASF und K+S.

Die letzten Jahre waren vor allem durch eine Konsolidierung geprägt. Im Bereich Industriegas dominieren fünf Unternehmen 85 Prozent des Marktes. Zuletzt konzentrierte sich die Marktbereinigung auf das Segment Agrochemie. Prominentester Zusammenschluss war der Bayer-Monsanto-Merger. Bei Spezial- und Feinchemikalien wird sich der Wettbewerb aufgrund neuer Anbieter, weniger Innovation und geringem organischem Wachstum weiter verschärfen. Chemie-Experte Schulz: „Die neue Komplexität erfordert, dass die Unternehmen und ihre Führungskräfte auch kleinere strategische Ziele als Wachstumstreiber betrachten, um Kostensynergien zu erzielen.“

(Pressemitteilung A.T. Kearney vom 14.05.2018)


Redaktion

Weitere Meldungen


Meldung

©psdesign1/fotolia.com

08.05.2025

Geopolitik treibt deutsche CFOs zu mehr Investitionen im Inland

Die ökonomische und finanzielle Unsicherheit unter Finanzvorständen deutscher Unternehmen befindet sich derzeit auf einem Allzeithoch und beeinflusst ihre Planungen deutlich. Nach den US-Zollankündigungen vom 02.04.2025 sehen 80 % der teilnehmenden Chief Financial Officers (CFO) mittelfristig ihren Investitionsschwerpunkt in Deutschland, vor dem 02.04.2025 lag ihr Anteil bei 73 %, wie der CFO Survey von Deloitte zeigt. Für die

Geopolitik treibt deutsche CFOs zu mehr Investitionen im Inland
Meldung

©tstockwerkfotodesign/de.123rf.com

07.05.2025

Einfluss von Finanzintermediation auf die grüne Transformation

Es ist fraglich, ob der Finanzsektor die Erreichung der Klimaziele schon ausreichend unterstützt. Unklar ist vor allem, über welche Kanäle er am besten zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft beitragen kann. Das Projekt Green Financial Intermediation – From Demand to Impact (INTERACT), das das ZEW Mannheim gemeinsam mit dem ifo Institut durchführt, untersucht, wie der

Einfluss von Finanzintermediation auf die grüne Transformation
Meldung

©alfaphoto/123rf.com

06.05.2025

US-Politik belastet Aussichten für deutschen Wagniskapitalmarkt

Die vor allem von den USA ausgehende große wirtschaftspolitische Unsicherheit macht auch vor dem deutschen Markt für Wagniskapital (Venture Capital, VC) nicht halt. Dennoch legte der Geschäftsklimaindikator für den VC-Markt im ersten Quartal 2025 leicht um 2,0 Punkte zu. Mit einem Stand von minus 2,1 Punkten rangiert der Indikator aber weiterhin knapp unter dem langjährigen

US-Politik belastet Aussichten für deutschen Wagniskapitalmarkt

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank