Die Veränderungen des konjunkturellen Umfelds und der damit verbundenen Niedrigzinspolitik sowie die Basel-Regulierungen zeigen einen deutlichen Einfluss auf die Finanzierungsstrukturen der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). So konnten KMU ihre Eigenkapitalquoten deutlich stärker als Großunternehmen erhöhen und haben damit ihren Rückstand vollständig aufgeholt. Der Bankkredit bleibt zwar weiterhin das zentrale Fremdfinanzierungsinstrument für KMU, verliert jedoch im Vergleich zur Innenfinanzierung deutlich an Bedeutung.
Die Eigenkapitalquote kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) hat sich seit 2003 im Vergleich zu der von Großunternehmen äußerst positiv entwickelt. Entsprechend haben sich die bisherigen Unterschiede bei der Eigenkapitalquote zwischen diesen beiden Unternehmensgruppen deutlich verringert. Am aktuellen Rand (2013) liegen die Eigenkapitalquoten kleiner und mittlerer Unternehmen im Durchschnitt sogar über denen der Großunternehmen. Lediglich Kleinstunternehmen weisen trotz sehr starker Zuwachsraten eine durchschnittlich niedrigere Eigenkapitalquote auf. In dieser Größenklasse hat der Anteil von Unternehmen mit keinem bzw. negativen Eigenkapital, die sog. Nullpunktquote, auch am deutlichsten abgenommen. Dieser Wert liegt aber immer noch weit über dem Niveau der größeren Unternehmen. Das sind Ergebnisse einer Analyse des Instituts für Mittelstandsforschung (ifM) Bonn.
Kapitalstrukturen von KMU sind theoretisch nur schwer zu erklären
Die mit dieser Entwicklung verbundenen Veränderungen der Kapitalstruktur von KMU sind anhand bestehender Theorien nur schwer zu erklären. Dies liegt daran, dass es mehrere konkurrierende, sich teilweise widersprechende Ansätze gibt. Diese sind zudem auf Grund der getroffenen Annahmen auch nur bedingt auf KMU übertragbar. Dennoch lassen sich anhand der bisher vorliegenden Forschungsergebnisse eine Reihe möglicher Einflussfaktoren identifizieren. Neben finanzierungsrelevanten Merkmalen des Unternehmens und des Unternehmers sind es insbesondere das makroökonomische Umfeld und der Zugang zu verfügbaren Finanzierungsquellen.
Bankkredit bleibt wichtigstes Fremdfinanzierungsinstrument der KMU
Während in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise die Finanzierungskosten für Großunternehmen deutlich gesunken sind, ist der Zinsvorteil für KMU geringer. Gründe hierfür sind der fehlende bzw. eingeschränkte Kapitalmarktzugang von KMU und die durch Basel II bzw. III strengeren Vorgaben bei der Kreditvergabe. Entsprechend ist die sog. „Kredithürde“ für kleine Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen höher, dennoch befindet sie sich auf einem historischen Tief. Der Zugang zu Bankkrediten ist derzeit gut und der Bank-kredit ist von hoher Bedeutung für KMU.
Bankverbindlichkeiten sind dennoch rückläufig
Allerdings nehmen die Verbindlichkeiten der KMU gegenüber Kreditinstituten im Verhältnis zur Bilanzsumme kontinuierlich ab. Insbesondere kurzfristige Bankkredite werden zurückgeführt. Eine vollständige Substitution der kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten durch andere Fremdfinanzierungsmöglichkeiten, wie beispielsweise Lieferantenkredite, ist nicht festzustellen. Zu beobachten ist demgegenüber eine leichte Zunahme der Finanzierungen durch verbundene Unternehmen. Dieser Effekt ist allerdings nicht stark genug, um dem Bedeutungsgewinn der Eigenfinanzierung bei KMU entgegen-zuwirken.
Innenfinanzierungskraft der KMU deutlich gestärkt
Die zunehmende Eigenfinanzierung der KMU kann entweder über Kapital- bzw. Einlagenerhöhungen (Außenfinanzierung) oder durch Selbstfinanzierung (Innenfinanzierung), also durch die Einbehaltung von Unternehmensgewinnen erfolgen. Insgesamt sind die steigenden Eigenkapitalquoten der KMU weniger auf externe Eigenkapitalzuführungen zurückzuführen, als vielmehr auf gestiegene Umsatzrentabilitäten sowie hohe Cashflow-Raten und damit verbundene gestiegene Unternehmensgewinne der KMU.
Einfluss unternehmenspolitischer Zielsetzungen sollte geklärt werden
Da gerade inhabergeführte Unternehmen, die mehrheitlich unter den KMU zu finden sind, der Erhalt der Unabhängigkeit besonders wichtig ist, könnte dieses Unternehmensziel sich auch auf Finanzierungsentscheidungen auswirken. Die Beantwortung dieser Frage bedarf aber weiterer Forschung, die über die Analyse von Bilanzdaten hinausgeht.
Kaum konkreter Handlungsbedarf für die Wirtschaftspolitik
Die KMU in Deutschland sind finanziell gut aufgestellt. Aufgrund einbehaltener Gewinne haben sie ihre Eigenkapitalquote seit Jahren kontinuierlich erhöht und somit ihre finanzielle Unabhängigkeit gegenüber Fremdkapitalgebern vergrößert. Für die Wirtschaftspolitik ergibt sich aus den Befunden der Studie kaum Handlungsbedarf. Allerdings haben insbesondere Kleinstun-ternehmen und damit vermutlich jüngere Unternehmen eine geringere Eigenkapitalausstattung und damit am ehesten Schwierigkeiten beim Kreditzugang. Daher erscheint die derzeitige öffentliche Förderung von Gründern gerechtfertigt.
Die Analyse „Finanzierungsstrukturen und -strategien kleiner und mittlerer Unternehmen: Eine Bestandsaufnahme“ finden Sie hier.
Quelle: IfM-Materialien Nr. 242