Drei Jahre nach dem Brexit gibt es erstmals Anzeichen einer Besserung im deutsch-britischen Wirtschaftsverhältnis. Für das Jahr 2023 erwartet jedes dritte Unternehmen (33 %) ein Umsatzwachstum in Großbritannien. Mittelfristig in fünf Jahren sind es fast die Hälfte der Unternehmen (48 %). Nach einer weiter belasteten Geschäftslage im Jahr 2022 sind jedoch die Investitionspläne für die kommenden drei Jahre noch zurückhaltend. Während 29 % der von KPMG und der BCCG befragten Unternehmen ihre Umsätze im Jahr 2022 steigern konnten, meldeten 35 % Rückgänge. Beim Gewinn nach Steuern ist das Bild noch deutlicher: 22 % der Unternehmen verzeichneten Gewinnsteigerungen, gegenüber 36 % mit niedrigeren Gewinnen. Dies sind Kernergebnisse des jährlichen „German British Business Outlook 2023“.
Brexitfolgen weiterhin spürbar – aber geringer im Vergleich zu Vorjahren
Jedes zweite der befragten Unternehmen (51 %) beklagt eine Verschlechterung der Lage seit Februar 2020; 14 % sehen hingegen eine Verbesserung. Erhöhter Verwaltungsaufwand ist für mehr als jedes vierte Unternehmen (26 %; i. Vj.: 46 %) die Hauptbelastung. Hinzu kommen gestiegene Logistikkosten und Zölle für mehr als jedes siebte (15 %; i. Vj. 43%) bzw. jedes zehnte Unternehmen (10 %; i. Vj. 36%). Der Vergleich zum Vorjahr zeigt: Die zentralen Herausforderungen werden mittlerweile als weniger belastend wahrgenommen.
Großbritannien gilt als wirtschaftsfreundliches Land
Im Vergleich mit Deutschland wird Großbritannien von einem Viertel als geschäftsfreundlicher (26 %) und weniger reguliert (25 %) bezeichnet. 17 % loben die geringere Bürokratie. Investitionsanreize wie Subventionen oder Zuschüsse sowie einfache und schnellere Genehmigungsverfahren für Investitionen sind für fast jedes zehnte Unternehmen (jeweils 9 %) ein Vorteil.
Als größte Geschäftschance in Großbritannien wird dessen wachsender Absatzmarkt gesehen (45 %). Partnerschaften mit Unternehmen in aufstrebenden Branchen (z.B. erneuerbare Energien, Batterien, Digitalisierung oder Cloud) oder die Erschließung neuer Märkte mit Start-ups stellt für 29 % bzw. 12 % der Unternehmen wichtige Geschäftsmöglichkeiten dar.
Digitalisierung (39 %) sowie ESG (33 %) sind präferierte Felder für Kooperationen der deutschen und britischen Wirtschaft. Knapp ein Drittel (31 %) der Unternehmen nennt Wissenschaft und Technologie als wichtigen Kooperationsbereich. Auch die strategischen Zukunftsthemen Energieversorgung und Verteidigung werden als Kooperationsfelder genannt (22 % respektive 19 %).
Leicht wachsende Investitionen in den kommenden drei Jahren
Kleinere Investitionen von bis zu fünf Mio. Euro planen in den kommenden drei Jahren mit 33 % mehr als doppelt so viele Unternehmen wie noch 2021 (16 %). Signifikante Investitionen (von mehr als 250 Mio. Euro) in Großbritannien plant aber keines der befragten Unternehmen in den kommenden drei Jahren. Mittelgroße Investitionen zwischen fünf Mio. und 100 Mio. Euro plant nur jedes zehnte Unternehmen (10 %) in den kommenden drei Jahren, genau so wie noch 2021.
König Charles III als Mediator zwischen Großbritannien und der EU?
In König Charles III wird große Hoffnung gesetzt. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehme (54 %) formuliert den Wunsch, dass er sich für die Annäherung Großbritanniens an die EU engagiert. Mehr als ein Drittel (37 %) hofft, dass er insbesondere die Zusammenarbeit mit Deutschland fördert.
(KPMG vom 24.05.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)