Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse „Emissionsmarkt Deutschland“, für die das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC vierteljährlich die Aktienneuemissionen sowie die Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt erfasst.
Turbulenzen in der Finanzbranche ersticken Erholung im Keim
Mit Blick auf die makroökonomischen Rahmenbedingungen und das Aktienmarktumfeld verlief der Start in das Jahr 2023 vielversprechend: Mit den steigenden Zinsen schien der Höhepunkt der Inflation überschritten, Rezessionsängste beruhigten sich, der Geschäftsklimaindex zeigte leicht nach oben. Die wichtigsten Aktienindizes erholten sich, während die Volatilität auf einem für Transaktionen günstigen Niveau lag.
„In den ersten beiden Monaten des Jahres sah es so aus, als würden wir in ruhigeres Fahrwasser kommen: Die Inflation sank, die Märkte erholten sich, das Schlimmste schien überstanden. Diese Hoffnung hat durch die aktuellen Ereignisse im Bankensektor in Folge der Insolvenz bzw. Notrettung mehrerer Kreditinstitute wie der Silicon Valley Bank und der Credit Suisse einen Dämpfer bekommen“, sagt Stephan Wyrobisch, Kapitalmarkt-Experte bei PwC Deutschland.
Immerhin ein Börsengang – mit durchwachsenem Erfolg
Immerhin erlebte die Frankfurter Börse im Auftaktquartal das erste Initial Public Offering (IPO) seit dem Porsche-Börsengang im vergangenen September: Der Internetdienstleister IONOS wagte Anfang Februar den Sprung auf das Parkett und spielte dabei 389 Millionen Euro ein. Dieses erste und einzige Debüt im ersten Quartal wurde allerdings von der schwachen Aftermarket-Performance des Börsenneulings überschattet: Die IONOS-Aktie startete bereits am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne und hat seitdem rund 20 Prozent an Wert verloren.
„Das Beispiel zeigt, dass Börsengänge im aktuellen Umfeld nicht ohne Risiken sind. Insbesondere Tech-Unternehmen haben es derzeit schwer. Durch das steigende Zinsniveau erhöht sich der Diskontierungssatz, was wiederum zu einer deutlich niedrigeren Bewertung bei bereits geringen Zinsänderungen führen kann“, so Wyrobisch.
Kapitalerhöhungen auf stabilem Niveau
Zumindest mit Blick auf die Kapitalerhöhungen war der Start in das neue Jahr solide: Insgesamt sechs Unternehmen besorgten sich zwischen Januar und März auf diesem Weg frisches Kapital (Q1 2022: 4 // Q4 2022: 6). Das Emissionsvolumen lag bei rund 1,8 Milliarden Euro (Q1 2022: 59 Millionen // Q4 2022: 13,66 Milliarden Euro).
Den Löwenanteil daran machte der Energietechnik-Konzern Siemens Energy aus: Das Unternehmen beschaffte sich über eine Kapitalerhöhung knapp 1,3 Milliarden Euro an frischem Geld. Damit soll die Komplettübernahme der Windkrafttochter Siemens Gamesa finanziert werden.
Spreads bei den Fremdkapitalemissionen steigen sprunghaft an
Die aktuellen Unsicherheiten im Kapitalmarkt waren auch im Bereich der Fremdkapitalemissionen deutlich zu spüren: Während die Investment-Grade-Spreads Anfang des Quartals vorübergehend zurückgingen, stiegen sie nun im März sprunghaft an. Gleichzeitig waren Anzahl und Gesamtvolumen der Emissionen im Vergleich zum Vorjahresquartal rückläufig.
Auch im High-Yield-Bereich gingen Anzahl und Gesamtvolumen der Bond-Emissionen auf ohnehin sehr niedrigem Niveau weiter zurück, während die Spreads aufgrund von Unsicherheiten im US-amerikanischen und europäischen Bankensektor zum Ende des Quartals von einem starken Anstieg geprägt waren.
Hoffnungen ruhen auf dem zweiten Halbjahr
Mit Blick auf die Entwicklung des deutschen Emissionsmarkts im Jahresverlauf ist Stephan Wyrobisch vorsichtig: „In der ersten Jahreshälfte werden wir wahrscheinlich keine großen Börsengänge in Frankfurt erleben. Die Hoffnungen ruhen auf der zweiten Jahreshälfte. Sollte sich das generelle Marktumfeld wieder beruhigen, öffnet sich möglicherweise ein Zeitfenster, in dem die Unternehmen, die sich aktuell auf einen Börsengang vorbereiten, ihre Pläne in die Realität umsetzen können.“
Aus seiner Sicht bleibt der Gang an die Börse ein probates Mittel, um sich frisches Kapital für Wachstum oder zur Stärkung des Eigenkapitals zu besorgen.
„Das gilt umso mehr, weil es aktuell spürbar schwieriger und teurer wird, an andere Finanzierungsquellen wie Venture Capital oder Kredite zu kommen. Voraussetzung für ein erfolgreiches IPO im aktuellen Marktumfeld ist jedoch, dass die Börsenaspiranten intern optimal vorbereitet sind, um schnell und flexibel agieren zu können und so ein günstiges Zeitfenster ausnutzen zu können.“
(Pressemitteilung PwC vom 24.03.2023)