Rezessionsängste beherrschen die Kapitalmärkte
Insbesondere die hohe Inflation, steigende Energiepreise und die Verzögerungen in den Lieferketten in Folge der coronabedingten Shutdowns in China sorgen derzeit für große Unsicherheit im Markt, stellen die Studienautoren fest. Die Angst vor einer Rezession wachse, da nicht zuletzt die eingeleitete Zinswende einen Konjunkturaufschwung gefährden könnte. Entsprechend setze sich der Ausverkauf an den Aktienmärkten fort. So hat der DAX seit Jahresbeginn rund 17% eingebüßt; im MDAX sind es sogar 23%. In diesem Umfeld sei es nicht verwunderlich, dass Emittenten zögerlich sind und viele IPO-Kandidaten sich dazu entschließen, mit ihrem Börsengang abzuwarten.
Schwaches erstes Halbjahr für Börsengänge
Immerhin zwei Unternehmen – und damit eines mehr als im ersten Quartal – zogen im zweiten Quartal ihre Börsenpläne durch: Die auf Immobilien spezialisierte Mantelgesellschaft SMG European Recovery SPAC SE spielte bei ihrem Börsengang 115 Mio. € ein. Die Online-Plattform des Immobilienunternehmens Engel & Völkers, EV Digital Invest AG, erzielte bei ihrem Erst-Listing Erlöse in Höhe von sechs Mio. €.
Zum Vergleich: Im zweiten Quartal des Vorjahres hatten insgesamt zehn Börsengänge rund 4 Mrd. € eingebracht. Und sogar im ersten Pandemiejahr 2020 lagen die IPO-Erlöse im zweiten Quartal bei 214 Mio. €.
Kapitalerhöhungen stark rückläufig
Auch in Sachen Kapitalerhöhungen bleiben Unternehmen und Investoren äußerst zurückhaltend: Sowohl die Anzahl als auch das Volumen liegen weit unter dem Niveau der Vorjahre. Sechs Unternehmen besorgten sich im zweiten Quartal auf diesem Weg frisches Kapital an der Börse (Q1 2022: 4 – Q2 2021: 14). Das Gesamtvolumen der Kapitalerhöhungen lag bei 124 Mio. € (Q1 2022: 59 Mio. € – Q2 2021: 420 Mio. €).
Fremdkapitalemissionen brechen ein
Der Mix an Unsicherheitsfaktoren – von der rekordhohen Inflation und der erwarteten Zinserhöhung über die insgesamt niedrigeren Wachstumsaussichten bis hin zum anhaltenden Krieg in der Ukraine – macht sich der Analyse zufolge auch bei den Fremdkapitalemissionen bemerkbar: Im zweiten Quartal des Jahres lag das Emissionsvolumen im Investment Grade lediglich bei 6,2 Mrd. €. Das ist der niedrigste Wert seit fünf Jahren. Im ersten Quartal 2022 lag das Volumen noch bei 19,0 Mrd. €; in Q2 2021 waren es 14,2 Mrd. €.
Ein Trend setzt sich jedoch trotz rückläufiger Volumina fort: Insbesondere bei größeren Investoren werden Instrumente mit Bezug zu ESG-Aspekten, also Umwelt, Soziales und guter Unternehmensführung, immer beliebter.
Der deutsche Markt für High-Yield-Bonds kam im zweiten Quartal 2022 sogar vollständig zum Erliegen. Insbesondere der Anstieg von Spreads und Zinssätzen hielt Unternehmen davon ab, neue Finanzmittel über den Markt aufzunehmen, so die Einschätzung der Studienautoren. Zudem hätten viele Emittenten bereits das vorteilhafte Zinsumfeld der vergangenen Jahre genutzt und sich langfristig refinanziert.
Ausblick: Zwei oder drei IPOs im Jahresverlauf noch möglich
Mit Blick auf den weiteres Verlauf des IPO-Jahres sind die Studienautoren zurückhaltend. Aktuell bereiten sich zwar mehrere IPO-Kandidaten auf einen Börsengang vor, um startklar zu sein, falls sich nach der Sommerpause noch ein Zeitfenster öffnen sollte, in dem Börsengänge wieder erfolgversprechend sind.
Umfeld für IPOs und Kapitalerhöhungen bleibt schwierig
Das Umfeld bleibt jedoch kurz- und mittelfristig schwierig und 2022 wird deshalb sicher als schwaches IPO-Jahr in die Geschichte eingehen, so die Prognose der Studienautoren. Auch wenn zwei oder drei Börsengänge noch möglich seien, richte sich der Fokus der Börsenaspiranten bereits jetzt auf 2023.
Die Studie „Emissionsmarkt Deutschland“ analysiert PwC vierteljährlich sämtliche Aktienneuemissionen sowie Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt. Darüber hinaus werden Neuemissionen von Unternehmensanleihen deutscher Emittenten erfasst. Die Angaben der Kapitalerhöhungen basieren auf Informationen von Thomson Reuters, Bloomberg und Capital IQ und beinhalten Transaktionen bis einschließlich 17.06.2022.
Die Studie „Emissionsmarkt Deutschland“ können Sie hier herunterladen.
(Pressemitteilung PwC Deutschland vom 23.06.2022)