Die größten Private Equity-Transaktionen des Jahres war die Übernahme des Keramikherstellers CeramTec für 3,8 Milliarden Euro und der Kauf des Schuhherstellers Birkenstock für ebenfalls 3,8 Milliarden Euro.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 762 Unternehmenskäufe durchgeführt, sechs Prozent mehr als im Jahr 2020. 40 Prozent der Deals gingen auf das Konto von Finanzinvestoren. Im Vorjahr hatte der Marktanteil der Private Equity-Häuser noch bei 32 Prozent gelegen.
Das sind Ergebnisse einer Analyse des deutschen Private-Equity-Marktes durch das Prüfungs- und Beratungsunternehmen EY (Ernst & Young).
Sandra Krusch, EY-Partnerin und Leiterin Private Equity in der Region Europe West: „Von pandemiebedingter Zurückhaltung ist aktuell nichts zu spüren – im Gegenteil: Der Übernahmeappetit ist so groß wie nie zuvor, der Markt brummt. Gleichzeitig ist die Zahl der Übernahmeziele begrenzt, was zu spürbar gestiegenen Preisen führt.“
Die Aktivitäten von Finanzinvestoren in Deutschland nehmen seit Jahren fast kontinuierlich zu. So wurden im Jahr 2015 mit 147 Deals nur etwa halb so viele Transaktionen durchgeführt wie 2021, im Jahr 2010 wurde mit 103 Käufen sogar nur etwa ein Drittel der Transaktionsaktivität gemessen. „Private Equity-Investoren gewinnen in Deutschland weiter an Bedeutung“, sagt Krusch. „Die Gründe sind vielfältig: Zum einen steht gerade den US-Fonds immer mehr Kapital zur Verfügung, das investiert werden muss. Zudem haben diese Fonds ihre Präsenz in Deutschland stetig ausgebaut und obendrein gute Erfahrungen bei ihrem Engagement in Deutschland gemacht.“
Während Private Equity Investoren so häufig zum Zuge kamen wie nie zuvor, ist die Zahl der von strategischen Investoren ausgehenden Übernahmen im vergangenen Jahr zurückgegangen: um sechs Prozent auf 460. Der Wert dieser Deals ist allerdings aufgrund einiger sehr großer Transaktionen – allen voran die Übernahme der Deutsche Wohnen durch Vonovia – um 57 Prozent auf 68,1 Milliarden Euro gestiegen.
Zahl der Exits gestiegen: Investoren erlösen Rekordsumme
Während Private Equity Fonds im vergangenen Jahr 302 Zukäufe tätigten, trennten sie sich im gleichen Zeitraum von 112 Beteiligungen und erlösten dabei die Rekordsumme von 30,3 Milliarden Euro – nie zuvor ist in einem Jahr so viel Geld in die Kassen der Finanzinvestoren gespült worden. Im Vorjahr waren bei 87 Exits insgesamt 16,2 Milliarden Euro erlöst worden. Zumeist haben die Finanzinvestoren ihre Portfoliounternehmen an strategische Investoren verkauft (62 Transaktionen), in 43 Fällen wurde die Beteiligung an einen weiteren Private Equity-Investor weitergereicht, sieben Unternehmen, die zuvor im Besitz eines Private Equity Investors waren, wurden an die Börse gebracht.
„Die Exit-Bilanz des vergangenen Jahres ist sehr gut – viele Investoren konnten beachtliche Wertsteigerungen realisieren. Damit dürfte der Grundstein für ein ebenfalls starkes Transaktionsjahr 2022 gelegt worden sein – vor allem wenn die Pandemie tatsächlich wie erhofft eingedämmt wird“, erwartet Krusch.
IT-Unternehmen am begehrtesten
Besonders häufig gerieten im vergangenen Jahr deutsche IT-Unternehmen ins Visier der Finanzinvestoren: Insgesamt wurden in dieser Branche 81 Übernahmen durch Private Equity-Investoren gezählt. Dabei wurden allerdings nur 3,7 Milliarden Euro gezahlt, die Mehrheit der Deals in diesem Sektor war also eher klein. „Die Pandemie hat das Interesse an Technologieunternehmen nochmal deutlich verstärkt“, erläutert Krusch. „Viele dieser Zielunternehmen sind aber noch relativ klein, so dass die investierten Summen überschaubar sind.“
Die höchsten Summen wurden hingegen für Unternehmen aus der Konsumgüterbranche gezahlt – insgesamt lag das Investitionsvolumen in diesem Bereich bei 9,8 Milliarden Euro, wozu vor allem die Birkenstock-Transaktion sowie die Übernahme des Onlinehändlers Zooplus durch zwei Finanzinvestoren für 3,3 Milliarden Euro beitrugen.
Eine immer größere Rolle spielen nach Einschätzung von Krusch ESG-Themen bei Unternehmenstransaktionen: „ESG ist zum Megatrend geworden – die Erfüllung ethischer, ökologischer und sozialer Standards spielt zunehmend bei der Preisfindung eine Rolle – und bei Problemen können Deals auch scheitern.“ Vor allem große Fonds verfügen laut Krusch inzwischen zunehmend über strikte Vorgaben und schauen gerade beim CO2-Footprint potenzieller Zielunternehmen sehr genau hin. „Die Investoren verfügen mit ihren gigantischen Finanzmitteln über einen wichtigen Hebel, um tatsächliche Veränderungen voranzutreiben.“