2532 Mega-Deals, aber Gesamtzahl unter dem Fünf-Jahres-Schnitt
2022 wurden im weltweiten Transport- und Logistiksektor insgesamt 261 Fusionen und Übernahmen mit einem Wert von mehr als 50 Mio. € angekündigt (2021: 323). Damit liegen die Deals-Aktivitäten unter dem Fünf-Jahres-Schnitt von 270 Deals pro Jahr. Auch das Deals-Volumen war 2022 rückläufig: Der Gesamtwert der Transaktionen erreichte 181,3 Mrd. USD (2021: 214,1 Mrd. UDS). Dabei wurden immerhin 32 Mega-Deals mit einem Volumen von mehr als einer 1 Mrd. USD registriert (Vorjahr: 47).
Fusionen und Übernahmen im Transport- und Logistiksektor gehen um 19% zurück
Auch die Transport- und Logistikindustrie blieb 2022 nicht von den multiplen Krisen und der angespannten gesamtwirtschaftlichen Lage verschont. Insbesondere die Kraftstoffpreise, die Auswirkungen der chinesischen Covid-Politik und die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine machten den Unternehmen der Branche insbesondere auf der Kostenseite zu schaffen, stellen die Studienautoren fest. Insofern sei der Einbruch bei den Fusionen und Übernahmen nicht verwunderlich, denn in der Regel entwickle sich das Deals-Geschehen parallel zur gesamtwirtschaftlichen Lage.
Weniger Deals in China und den USA, Afrika im Aufwind
Der Rückgang an Fusionen und Übernahmen war in allen Regionen der Welt spürbar – außer in Afrika. Laut der Studienautoren wächst das Interesse an Transport- und Logistikfirmen auf dem afrikanischen Kontinent, wenn auch auf niedrigem Niveau. Am stärksten rückläufig waren die Transaktionen mit Zielunternehmen auf dem amerikanischen Kontinent. Ebenfalls nahmen die M&A-Aktivitäten mit chinesischen Firmen leicht ab. Während Unternehmen aus dem Reich der Mitte noch vor einigen Jahren im Schnitt an jedem vierten Deal beteiligt waren, sank dieser Wert nun auf unter 20%. Ausländische Investoren waren nur an drei Deals in China beteiligt.
Laut des PwC- Transport & Logistics Barometers stellen immer mehr Unternehmen ihre Sourcing-Strategien und Lieferketten auf den Prüfstand und loten auch neue Märkte jenseits von China aus. Dadurch könnten sich die Güterbewegungen möglicherweise verändern. Als nachgelagerte Branche müsse sich der Transport- und Logistiksektor an seinen Kunden ausrichten und mit flexiblen Routen und Services auf veränderte Anforderungen reagieren.
Infrastrukturziele gewinnen an Attraktivität für Investoren
Im vergangenen Jahr nahmen Investoren vor allem wieder Ziele aus dem Bereich Logistik und LKW-Transport ins Visier: 44% aller angekündigten Deals entfielen auf diesen Subsektor. Besonders gefragt waren auch Infrastrukturziele wie Häfen oder Straßen. Diese machten knapp ein Viertel der Deals-Aktivitäten aus (Vorjahr: 17%).
Insbesondere bei strategischen Investoren wächst das Interesse an Infrastrukturzielen wie Häfen oder Transportwegen, stellen die Studienautoren fest. Durch eine Beteiligung an zentraler Infrastruktur wollen sie ihre Position innerhalb der weltweiten Supply Chain behaupten.
Finanzinvestoren halten sich zurück
Die Studienautoren beobachten zudem, dass die Beteiligung strategischer Investoren am Deals-Geschehen weiter wächst – 2022 lag sie bei 52% (2021: 44%) – während sich Finanzinvestoren aufgrund steigender Zinsen spürbar zurücknehmen. Im vergangenen Jahr waren Private-Equity-Investoren nur noch an 48% der Deals beteiligt (2021: 56%). Grundsätzlich beteiligten sich strategische Investoren aber an wertmäßig kleineren Deals als Finanzinvestoren.
Reeder setzen auf Ausbau ihres Kerngeschäfts
Transport- und Logistikunternehmen, insbesondere auch große Reedereien, nutzten im Jahr 2022 Übernahmen, um ihr Kerngeschäft zu erweitern und mehr Transparenz und Kontrolle in globalen Wertschöpfungsketten zu erhalten. Der Studie zufolge verfügen viele Reedereien dank hoher Fracht- und Charterraten im Zuge der Pandemie über finanzielle Rücklagen, die sie nun in neue Schiffe, die Diversifizierung ihres Portfolios und die Optimierung ihres Supply Chain Managements investieren.
Unsicherheiten auch 2023 erwartet
Allerdings dürften die aktuell wieder sinkenden Frachtraten und Kapazitätsgewinne den ambitionierten Expansionsstrategien der Schifffahrtsunternehmen einen Dämpfer versetzen.
Die Studienautoren sehen einen weiteren Faktor, der großen Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit von Transportunternehmen hat – egal, ob diese auf Wasser-, Luft- oder Landwege spezialisiert sind: den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Wenn Unternehmen hier nicht gegensteuern würden, könnte beispielsweise bald die Hälfte der Stellen für LKW-Fahrer unbesetzt bleiben.
Risiko einer Rezession bleibt hoch, M&A dient auch als Krisenschutz
Mit Blick auf 2023 bleibt das Risiko einer globalen Rezession aus Sicht der PwC-Experten hoch. Für die USA und die Europäische Union rechnen sie mit einem Wachstum von lediglich 0,5%. Laut Ingo Bauer stellen hohe Treibstoffkosten, die Inflation und der sich zuspitzende Fachkräftemangel die größten Risiken dar, die in den kommenden Monaten für anhaltende Unsicherheiten sorgen. Zusätzlich könnten nach Aufgabe der Null-Covid-Strategie die Corona-Zahlen in China explodieren und erneute Folgen auf globale Transportketten haben. Die genauen Auswirkungen dieser Risiken auf den Transport- und Logistiksektor sind laut der Studienautoren nur schwer vorherzusehen.
Vertikale und horizontale Integration treibt M&A-Aktivitäten
Optimistisch stimmt, dass die Unternehmen während der Pandemie gezeigt haben, dass sie eine zentrale Rolle in einer globalisierten Welt spielen und unter bestimmten Bedingungen auch von krisenbedingten Disruptionen profitieren können– etwa in der Containerschifffahrt oder dem pandemiebedingten Pakete-Boom. Die Autoren des PwC-Transport & Logistics Barometers gehen davon aus, dass Transport- und Logistikunternehmen auch 2023 Fusionen und Übernahmen tätigen werden, um Risiken zu diversifizieren, ihre Lieferketten resilienter zu gestalten und das eigene Portfolio zu erweitern. Aus ihrer Sicht dürften insbesondere Ziele aus der kritischen Infrastruktur wie Häfen und Terminals, aber auch Lagerhallen weiter an Attraktivität gewinnen.
Das PwC-Transport & Logistics Barometer ist hier zu finden.
(Pressemitteilung PwC vom 24.01.2023)