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10.03.2023

Handelshürden setzen deutsche Betriebe zunehmend unter Druck 

Autokonzerne auf der Überholspur

© johas/fotolia.com

Handelshemmnisse in aller Welt machen den international tätigen deutschen Unternehmen zunehmend zu schaffen. Das geht aus der aktuellen Umfrage "Going International" der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hervor, an der sich 2.400 Betriebe beteiligt haben.

Demnach sehen sich 56 Prozent der auslandsaktiven deutschen Unternehmen mit neuen Hürden konfrontiert – das ist der höchste Wert seit der ersten „Going International“-Umfrage vor 18 Jahren. „Im Jahr davor waren es bereits 54 Prozent. Wir sehen hier klar eine traurige Tendenz zu mehr Protektionismus“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Das trifft die weltweit aktive deutsche Wirtschaft besonders hart und verhindert einen Exportaufschwung im laufenden Jahr.“

Seit Donald Trump als Präsident der Vereinigten Staaten eine zunehmend protektionistische Außenwirtschaftspolitik anstieß, verzeichnete die Umfrage eine kontinuierliche Zunahme der Hemmnisse im internationalen Geschäft. Einzige Ausnahme war das Corona-Krisenjahr 2021. Vor 2017 hatten im Durchschnitt 35 Prozent der deutschen Unternehmen einen Zuwachs bei den Handelshemmnissen registriert. Das war für ein Gros der Betriebe noch handhabbar. Seit 2017 liegen die Werte bei knapp 50 Prozent oder sogar darüber.

Die Hürden sind dabei durchaus vielfältig: Knapp die Hälfte der Unternehmen (47 Prozent) nennt lokale Zertifizierungsanforderungen als zentrale Barrieren im Auslandsgeschäft. Hierbei verlangen einige Länder zusätzliche Prüfungen von ausländischen Betrieben. Daneben erhöhen bei 42 Prozent der Unternehmen verstärkt Sicherheitsanforderungen den finanziellen und zeitlichen Aufwand für das internationale Geschäft. Ein Fünftel (19 Prozent) der Unternehmer sieht sich darüber hinaus durch Local-Content-Bestimmungen diskriminiert, also durch Vorgaben, die die Produktion im eigenen Land vorschreiben und ausländische Anbieter benachteiligen, wie es etwa der Inflation Reduction Act der USA vorsieht.

Mehr als jeder zweite Betrieb spürt die Sanktionen

Auch die Sanktionen gegen Russland und Belarus seitens der EU und anderer Staaten sowie die Gegensanktionen im Zusammenhang mit dem russischen Krieg in der Ukraine sorgen bei den betroffenen Betrieben für Herausforderungen. So gibt mehr als jedes zweite Unternehmen (57 Prozent) an, im vergangenen Jahr insbesondere durch Sanktionen eine zusätzliche Hürde bei seinen internationalen Geschäften wahrgenommen zu haben – vornehmlich im Russlandgeschäft. 2022 hatte dieser Wert noch bei 24 Prozent gelegen.

„Unsere Umfrage bestätigt die neue Realität, mit der wir es seit dem Angriffskrieg zu tun haben“, kommentiert Volker Treier die Entwicklung. „Deutsche Unternehmen sehen sich einem zunehmenden Protektionismus, neuen und harten Sanktionsregimes mit hohen Befolgungskosten sowie einer sich immer mehr fragmentierenden Wirtschaftswelt ausgesetzt. Das bedeutet konkret, dass für sie der Zugang zu ausländischen Märkten eine immer größere Herausforderung darstellt.“

Zusatzhürde Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Neben den Handelshürden in den Zielmärkten erschweren auch bürokratische Vorgaben hierzulande zunehmend das internationale Geschäft deutscher Unternehmen. Etwa wirke das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wie ein großes zusätzliches Handelshemmnis, so Treier: „Besonders widersinnig wird es, wenn sich selbst Unternehmen, die vom Gesetz gar nicht betroffen sein sollten, gezwungen sehen, sich proaktiv aus bestimmten Märkten zurückziehen. Das hat fatale Folgen gerade jetzt, wo es wegen der stärkeren Entkopplung der Weltwirtschaft politisch und wirtschaftlich auf Diversifizierung der Märkte, also eine breitere Streuung der Risiken durch die Unternehmen ankommt.“

In der Umfrage geben 7 Prozent der Betriebe mit bis zu 3.000 Beschäftigten an, sich aufgrund des LkSG aus Märkten zurückziehen zu müssen, um menschenrechts- und umweltbezogene Risiken zu minimieren, und sogar jedes dritte Unternehmen fürchtet einen Verlust von Zulieferern, obwohl es nach aktuellem Stand nicht unter das Gesetz fällt.

Geschäftsperspektiven in den USA am besten

Die anhaltenden Barrieren wirken sich negativ auf die globalen Geschäfte der deutschen Unternehmen aus. Knapp jedes vierte Unternehmen (24 Prozent) rechnet mit einer Verschlechterung des Auslandsgeschäfts im laufenden Jahr, nur 15 Prozent erwarten eine Verbesserung. Bei einem Blick auf Länder und Regionen schneiden die USA noch am besten ab, 34 Prozent der Befragten erwarten hier für 2023 bessere Geschäfte. Demgegenüber melden in Russland nur 3 Prozent der Unternehmen, in Großbritannien 8 Prozent und im Asien-Pazifik-Raum (ohne China) 17 Prozent (in China 21 Prozent) der Betriebe optimistische Geschäftsperspektiven.

Schon in der DIHK-Konjunkturumfrage zu Jahresbeginn 2023 hatten sich die Exporterwartungen der Unternehmen weiterhin gedämpft gezeigt. „Die DIHK rechnet daher mit einem realen Exportwachstum von 2,5 Prozent im Jahr 2023. Das ist ein Prozentpunkt niedriger als der Durchschnitt der 2010er-Jahre“, ordnet Volker Treier die Umfrageergebnisse ein.

Um dem Negativtrend entgegenzuwirken und sich den veränderten geopolitischen Gegebenheiten anzupassen, plant jedes zweite Unternehmen (51 Prozent) die Erschließung neuer Märkte. Hier liegt der Fokus vor allem auf dem EU-Binnenmarkt (Euro-Zone 74 Prozent, Sonstige EU mit Schweiz und Norwegen 47 Prozent). Um seine Abhängigkeiten etwa von China zu reduzieren beziehungsweise die Lieferketten zu diversifizieren, setzt knapp jedes dritte Unternehmen (29 Prozent) auf die Region Asien und Pazifik. Aber auch die Märkte von Nordamerika (43 Prozent) und dort besonders den USA (35 Prozent) gewinnen zunehmend an Attraktivität.

WTO reformieren und stärken

„Der Inflation Reduction Act der USA beginnt bereits seine Wirkung zu entfalten“, warnt der DIHK-Außenwirtschaftschef. „Aussichten auf den Aus- und Aufbau von klimafreundlichen Technologien regen auch deutsche Unternehmen zu mehr US-Geschäft und Investitionen in den Staaten an. Subventionen, die an WTO-widrige Lokalisierungspflichten gebunden sind, sind allerdings schädlich für das globale Handelssystem.“ Mit Blick auf die handelspolitischen Forderungen, die die Unternehmen im Rahmen der Umfrage erhoben haben, fügt Treier an: „Auch wenn Multilateralismus derzeit keine Hochkonjunktur hat: Jetzt ist die Zeit, mit Freihandelsabkommen für Planungssicherheit bei den Unternehmen zu sorgen. Wir brauchen eine neue Agenda, die auch die Aufgaben der WTO neu definiert und stärkt.“

Die kompletten Umfrageergebnisse gibt es hier zum Download:

(Pressemitteilung DIHK vom 01.03.2023)


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