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16.11.2018

Hohe Kaufpreise, Brexit-Sorgen und Investitionskontrollen bremsen Investitionslust deutscher Unternehmen

Autokonzerne auf der Überholspur

© designer49/fotolia.com

Der M&A-Appetit vergeht deutschen Unternehmen zusehends: Politische Unsicherheiten, wie der Brexit, die Sorge vor verschärften Investitionskontrollen und hohe Kaufpreise, dämpfen die Deal-Ambitionen. Besonders strategisch investierende Unternehmen stehen neuen Zukäufen skeptisch gegenüber. Anders sieht es bei den M&A-Beratern aus. Sie sagen deutlich steigende Projektauslastungen voraus.

Das ist das Ergebnis des M&A Panels, für das die internationale Wirtschaftskanzlei CMS und das Magazin FINANCE dreimal jährlich leitende Mitarbeiter aus den M&A-Abteilungen deutscher Unternehmen sowie Investmentbanker und M&A-Berater anonym zu ihrer Markteinschätzung befragen.

Transaktionen scheitern aus Sicht der befragten M&A-Chefs am häufigsten an der gesamtwirtschaftlichen Situation. Der dafür ermittelte Wert von 4,77 (10 = sehr wichtiger Dealbreaker) ist der höchste seit Februar 2016. Gleiches gilt für die befragten Beratungshäuser (Wert von 4,33). Auch den Widerspruch durch Regulierungsbehörden kalkulieren Corporates mittlerweile vermehrt ein. Lag der Wert im Juni noch bei 3,35 ist dieser im aktuellen Panel auf 4,27 gestiegen. Das entspricht einem Plus von rund 27 Prozent. Symptomatisch hierfür sind Diskussionen über eine Veränderung der Beteiligungsgrenzen, bei denen das Bundeswirtschaftsministerium zukünftig noch genauer hinschaut. Besonders Investitionen durch chinesische Investoren wären davon betroffen. „In Deutschland wird derzeit ein Absinken der Aufgreifschwelle von 25 Prozent auf 10 Prozent diskutiert“, so Dr. Thomas Meyding, Corporate-Partner bei CMS in Deutschland. Auch auf europäischer Ebene werde über eine konzertierte Aktion von Prüfungen von Auslandsinvestitionen nachgedacht. „Interessant ist, dass die Unternehmen weit überwiegend eine Verschärfung dieser Regelungen ablehnen“, so Meyding weiter.

Corporates geraten ins Hintertreffen

Neben politischen und regulatorischen Herausforderungen sind auch Kaufpreise weiterhin ein großes Thema: Bewertungen für M&A-Ziele bleiben auf Spitzenniveau. Finanzstarke Private Equity-Fonds treiben Strategen zunehmend in die Defensive. Viele von ihnen stehen unter extremem Anlagedruck und buhlen aktiv um Targets. Im Rennen um attraktive Zielunternehmen fühlten sich Corporates gegenüber PE-Fonds lange überlegen. Dieses Verhältnis kippt seit Oktober 2016 immer weiter: Der These, Strategen seien Finanzinvestoren gegenüber im Vorteil, stimmen die M&A-Chefs nur noch mit einem Wert von 4,86 zu (10 = volle Zustimmung). Dies ist der niedrigste Wert seit Start des M&A Panels im Februar 2011. Dass aktuell wenige strategisch attraktive Unternehmen auf dem Markt zu haben sind, signalisieren die Unternehmensvertreter mit einem Wert von 5,82 (10 = volle Zustimmung). Die These, dass die Kaufpreise für die wenigen verfügbaren Targets in vielen Fällen überhöht seien, stützen die M&A-Verantwortlichen mit einem Wert von 8,36. Hinzu kommen unterschiedliche Vorstellungen bei der Bewertung der Zielunternehmen. Corporate-Vertreter stufen dies mit einem Wert von 7,05 als wichtigen Dealbreaker ein (10 = sehr wichtiger Dealbreaker).

Der M&A-Boom ist vorbei

Aus Sicht der M&A-Verantwortlichen stagniert die Entwicklung des Umfelds für Deal-Finanzierungen auf hohem Niveau. Ein Wert von 5,27 (Skala von 1 = drastisch verschlechtert bis 10 = deutlich verbessert) für die Verfügbarkeit von Akquisitionsfinanzierungen in den zurückliegenden zwölf Monaten unterstreicht diese Sicht.

Auch am M&A-Markt erwarten die Panelisten keine weitere Verbesserung und rechnen nicht damit, dass sich das Umfeld für Deals in den kommenden zwölf Monaten verbessern wird.

Diese Beurteilung ist auch in der Positionierung der M&A-Chefs sichtbar: Gefragt, ob sie sich eher als Käufer (Wert 10) oder Verkäufer (Wert 1) sehen, legen sich die Unternehmensvertreter durchschnittlich auf einen Wert von 7 fest – die niedrigste Marke seit Oktober 2016. „Das Finanzierungsumfeld ist nach wie vor sehr gut, dürfte sich in den kommenden Monaten vor dem Hintergrund der unsicheren Konjunkturaussichten allerdings eher verschlechtern“, sagt Dr. Oliver Wolfgramm, Corporate-Partner bei CMS in Deutschland. „Immer entscheidender für die Finanzierbarkeit einer Transaktion ist deshalb die Industrie, in der das Target tätig ist, und seine Anfälligkeit für konjunkturelle Schwankungen.“

Automobilbranche nicht mehr auf dem Wunschzettel

Am meisten an Deal-Aktivität eingebüßt hat laut Panel der Automotive-Sektor. Aus Sicht der Beratungshäuser ist hier ein deutlicher Rückgang von 19 Prozent im Vergleich zur letzten Befragung zu beobachten (Wert 10 = sehr aktiv, aktuell 5,3). Demgegenüber sind Transaktionen mit Beteilung von Software- und IT-Unternehmen derzeit äußerst beliebt. Die Berater bewerten die M&A-Aktivität für diesen Sektor mit 8,09. Das entspricht einem deutlichen Zuwachs von rund 22 Prozent im Vergleich zum letzten Panel aus dem Monat Juni. „Wir sehen derzeit eine große Anzahl von Transaktionen im Bereich Technology, Media und Communications, wobei interessanterweise die überwiegende Anzahl der Käufer Nicht-Tech-Unternehmen sind“, erklärt Thomas Meyding. Für viele Unternehmen sei der Zukauf von Software- und IT-Unternehmen eine Antwort auf die Herausforderungen, die die Digitalisierung und Industrie 4.0 mit sich bringen. „Im Automotive-Sektor zeichnen sich erste Distressed-M&A-Aktivitäten ab. Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der Transaktionen im Automotive-Sektor in Distressed-Situationen deutlich zunehmen wird“, prognostiziert Meyding.

Compliance-Prüfung wird wichtiger

Die Bedeutung von Compliance-Prüfungen bei Transaktionen hat für die befragten Unternehmensvertreter weiterhin eine wachsende Bedeutung. Mehr als 86 Prozent der M&A-Verantwortlichen geben an, dass der Stellenwert von Compliance-Themen in den zurückliegenden fünf Jahren leicht oder sogar stark zugenommen habe. Im Vorjahr lag dieser Wert bereits bei 70 Prozent. Diese Bewertung zeichnet sich auch in der Transaktionspraxis ab. Mehr als 81 Prozent der Panelisten aus Unternehmen stufen es als wichtig oder sehr wichtig ein, sich bei Unternehmensakquisitionen explizit auch gegen Compliance-Risiken abzusichern. „Die höheren Prüfungsanforderungen an die Compliance in einem Unternehmen spiegeln sich in der Tat in dem Bedürfnis der Käufer nach entsprechenden Garantien in den Kaufverträgen wider. Die Herausforderung ist, eine vernünftige Balance zwischen den Interessen des Käufers an möglichst umfassendem Schutz und denen des Verkäufers an möglichen und damit beschränkten Garantien zu verhandeln“, unterstreicht Oliver Wolfgramm.

M&A-Berater bleiben optimistisch

Die zunehmende Zurückhaltung von Unternehmen im M&A-Markt lässt die M&A-Berater unbeeindruckt. Ihre Auftragsbücher sind weiter prall gefüllt. Die Berater sehen ihre Auslastung auf dem gleichen Level wie im Juni dieses Jahres, die damit auf überdurchschnittlichem Niveau verharrt. Aktuell liegt die durchschnittliche Auslastung bei insgesamt 2,01 (Skala von -5 bis +5, Wert 0 = durchschnittliches Projektaufkommen).

(Pressemitteilung CMS vom 15.11.2018)


Redaktion

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