17.06.2024

KfW-Gründungsmonitor 2024

Insgesamt bleibt der Gründergeist in Deutschland eher schwach ausgeprägt; die Zahl der Existenzgründungen legte leicht auf 568.000 zu.

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Nach dem deutlichen Rücksetzer im Vorjahr (- 9 %) ist die Zahl der Existenzgründungen in Deutschland 2023 wieder angestiegen, allerdings nur leicht um 3 %. 568.000 Menschen gingen im vergangenen Jahr den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit, wie der aktuelle KfW-Gründungsmonitor von KfW Research zeigt. Die Entwicklungen bei Voll- und Nebenerwerbsgründungen verliefen unterschiedlich. Während im Vollerwerb die Zahl der Gründungen erneut zurückging auf 205.000 (- 8 %), legte sie bei Nebenerwerbsgründungen auf 363.000 zu (+ 11 %).

Die Planungsquote, also der Anteil derer an der Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahren, die eine Gründung aktiv planen, ist von 4,5 % im Jahr 2022 auf zuletzt 3,6 % eingeknickt. Der gesamte Gründungsprozess von Idee bis Umsetzung dauert im Durchschnitt mehrere Monate, und es wird zudem nur ein Bruchteil der Gründungsplanungen realisiert. Die Quote der Gründungsplanungen, bei denen die Umsetzung in den nächsten zwölf Monaten wahrscheinlich ist, beträgt nur noch 2,2 % (Vorjahr: 2,5 %).

2023 gab es kaum Impulse für Existenzgründungen

„Gesamtwirtschaftlich gab es 2023 kaum Impulse für Existenzgründungen. Sowohl Konjunktur als auch Arbeitsmarkt stagnierten und haben die Gründungstätigkeit weder besonders befördert noch belastet. Unterm Strich ergibt sich ein kleines Plus bei der Zahl der Gründungen“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Für das laufende Jahr ist vom makroökonomischen Umfeld weiter wenig Rückenwind zu erwarten. Zusammen mit einer deutlich gesunkenen Zahl an Gründungsplanungen im vergangenen Jahr dürfte dies leider wieder für einen Rückgang der Gründungstätigkeit 2024 sorgen. Jährlich werden etwa doppelt so viele Gründungspläne abgebrochen, wie Gründungen realisiert werden. Wenn wir es schaffen, diese Abbruchquote zu reduzieren, wäre schon viel für die Gründungstätigkeit getan. Ein Schlüssel dafür ist Finanzwissen, mit dem viele Gründungshemmnisse seltener werden.“

Anteil der Gründerinnen steigt auf 44 %

Der Anteil der Gründerinnen im Jahr 2023 beträgt 44 % und liegt somit knapp über dem bisherigen Höchstwert von 43 % der Jahre 2013–2015. Getrennt nach Voll- und Nebenerwerb bleiben die neuen Anteile mit 40 % und 46 % jedoch unter ihren bisherigen Höchstständen von 41 % (2014) und 50 % (2008). Im langjährigen Durchschnitt entfallen 39 % der Gründungstätigkeit auf Frauen. Das vergangene Jahr liegt somit zwar recht deutlich über dem Durchschnitt, bleibt gleichzeitig aber in seiner ebenfalls langjährigen Schwankungsbreite von ± 5 Prozentpunkten.

„Um den Gründungswunsch unter Frauen breiter zu verankern, müssen Geschlechterklischees in Schule und Erziehung aufgebrochen werden. Dazu ist ein langer Atem notwendig. Ein Quick-Win lässt sich allerdings erzielen, indem man erfolgreiche Gründerinnen sichtbarer macht, denn der positive Effekt unternehmerischer Rollenmodelle ist bei Frauen besonders stark“, so die KfW-Chefvolkswirtin.

Sicherheitsbedürfnisse, Bürokratie und Kapitalmangel

Insgesamt bleibt der Gründergeist in Deutschland eher schwach ausgeprägt: Nur 24 % der 18- bis 67-Jährigen würden unabhängig von ihrer aktuellen Situation die Selbstständigkeit einer Anstellung vorziehen (Vorjahr: 23 %). Zu Beginn des Jahrtausends war die Selbstständigkeitspräferenz in Deutschland noch doppelt so hoch. Bei dieser Entwicklung spielen gesamtwirtschaftliche Trends eine Rolle, etwa der längste Arbeitsmarktboom seit der Wiedervereinigung ab dem Jahr 2006 oder die demografische Alterung, die Fahrt aufgenommen hat. Bei den unter 30-Jährigen liegt die Präferenz für ein eigenes Unternehmen bei 36 %, ab einem Alter von 30 Jahren würde nur noch jeder Fünfte sich bevorzugt für die Selbstständigkeit entscheiden.

Unabhängig von ihrer Präferenz für oder gegen eine Selbstständigkeit können es sich viele Menschen grundsätzlich nicht vorstellen zu gründen. Das liegt vor allem am Dreiklang Sicherheitsbedürfnisse, Bürokratie und Kapitalmangel. So sind die Top-5-Vorbehalte gegen eine Selbstständigkeit Bedenken wegen zu großer finanzieller Risiken (73 %), zu großer bürokratischer Hürden (69 %), zu geringer Einkommenssicherheit (64 %), zu geringer sozialer Sicherheit (62 %) und Finanzierungsproblemen (60 %). Diese Bedenken gilt es zu adressieren, wenn die Selbstständigkeit für mehr Menschen eine echte Erwerbsalternative sein soll.

Weitere zentrale Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors im Überblick:

  • Die meisten Gründungen gibt es wie gehabt mit knapp 70 % im Dienstleistungssektor, gefolgt vom Handel (22 %) und vom Produzierenden Gewerbe (9 %).
  • Digitale und zugleich internetbasierte Gründungen spielen mit etwa einem Fünftel aller Gründungen (22 %) weiter eine große Rolle im Gründungsgeschehen.
  • Sieben von zehn Existenzgründungen kommen nur mit eigenem Finanzmitteleinsatz der Gründerin oder des Gründers zustande. Auf externes Kapital Dritter greifen 21 % zurück. Der Kapitaleinsatz steigt dabei weiter: 38 % der Gründerinnen und Gründer setzen mehr als 10.000 Euro ein (Vorjahr: 31 %). Gründungen, die nur mit Sachmitteln umgesetzt werden, sind mit einem Anteil von nur 10 % so selten wie noch nie.
  • Für die Bestandsfestigkeit von Existenzgründungen leitet sich an den Daten des KfW-Gründungsmonitors die Faustregel ab, dass innerhalb von drei Geschäftsjahren etwa ein Drittel der Gründerinnen und Gründer ihre Existenzgründung wieder beendet haben. Nach 60 Monaten sind noch etwa 60 % der Existenzgründungen aktiv. Die Abbruchgründe sind vielfältig. Der weitaus größte Teil der Gründerinnen und Gründer bricht in den ersten fünf Jahren aus persönlichen Gründen ab, ohne unmittelbaren wirtschaftlichen Zwang. Beispiele hierfür sind familiäre Belastung, Stress, Krankheit, Unzufriedenheit mit dem erzielten Einkommen oder weil sich eine bessere Jobalternative ergab.

(KfW vom 17.06.2024 / RES JURA Redaktionsbüro)


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