Kostensenkung ist im derzeitigen Wirtschaftsumfeld hoch aktuell. Dennoch verfehlen dabei laut der Deloitte–Studie zur strategischen Kostentransformation viele deutsche Unternehmen ihre Zielvorgaben.
Die Zeichen mehren sich: Die konjunkturellen Aussichten verschlechtern sich in vielen Regionen der Welt und so auch in Deutschland. Der ifo-Geschäftsklimaindex sank auf den tiefsten Stand seit 2012. Laut dem aktuellen CFO Survey von Deloitte rechnet die Mehrheit der deutschen CFOs mit einer deutlichen Abschwächung des Geschäfts in den kommenden zwölf Monaten, sowohl im Inland als auch auf den wichtigsten Exportmärkten. Der Pessimismus wächst, die Investitions- und Einstellungsbereitschaft geht zurück. Ursache dafür ist unter anderem die steigende wirtschaftspolitische Unsicherheit wegen aktueller Handelsstreitigkeiten, geopolitischer Spannungen und schwer einzuschätzender Entwicklungen wie dem bevorstehenden Brexit. Während die Erträge tendenziell rückläufig sind, nehmen externe Herausforderungen und Risiken weiter zu, etwa durch digitale Disruption, Cyber Security oder den Eintritt in neue Märkte. Die Renditeerwartungen der Investoren bleiben zugleich allerdings unverändert hoch. Laut der Deloitte Studie 2019 zur strategischen Kostentransformation planen deswegen viele Firmen verstärkte Bemühungen zur Kostenreduktion. Bei der Umsetzung gibt es aber noch einiges an Verbesserungspotenzial.
Ausbaufähig: Kostenprogramme und ihre häufige Zielverfehlung
Im Moment ist die allgemein erwartete Abkühlung der Konjunktur noch nicht in ihrer vollen Wucht spürbar, sondern nur an ersten Indizien zu erkennen. In der zurückliegenden, lange anhaltenden Wachstumsphase hatten viele deutsche Firmen Rücklagen gebildet und die Eigenkapitalquote erhöht. Das erklärt, warum die teilweise durchaus schon als notwendig erkannten Kostenprogramme derzeit noch vergleichsweise langsam realisiert werden. Deutsche Unternehmen verfolgen generell eher einen konservativen, inkrementellen Ansatz bei der Kostensenkung.
Laut der Deloitte Studie 2019 zur strategischen Kostentransformation rechnen dabei 60% der befragten Executives mit der Notwendigkeit von Kostenmaßnahmen in den nächsten zwei Jahren. Das ist zwar die Mehrheit, aber deutlich weniger als im internationalen Durchschnitt (71%). Diese – derzeitige – relative Zurückhaltung in Deutschland beschränkt die erzielbaren Einsparungen. Ein Umstand, der noch kritischer zu sehen ist, wenn man ihn im Zusammenhang mit der besonders schlechten Erfolgsquote von Kostensenkungsmaßnahmen in deutschen Unternehmen betrachtet. 89% verfehlen laut der Studie ihre eigenen Zielvorgaben (global: 81%, Europa: 83%). Das weckt Zweifel an der Wirksamkeit der zukünftig geplanten Maßnahmen. Wie kann die hohe Rate an Zielverfehlungen erklärt und behoben werden?
Die Ambitionen der Kostenprogramme sind in Deutschland höher als im globalen Schnitt, werden aber dennoch mit eher konservativen Methoden verfolgt. Deutlich weniger Unternehmen als im internationalen Vergleich wollen sich hierzulande bei der Kostensenkung mit einem Resultat von unter 10% zufriedengeben. Ein Ziel von mehr als 20% hingegen setzen sich in Deutschland nur geringfügig weniger Unternehmen als im internationalen Vergleich. Überambitionierte Ziele, die dann in der Umsetzung aber gar nicht erreicht werden können, können kontraproduktive Folgen für Kostenprogramme haben. Aber nicht nur zu aggressive, sondern auch zu konservative Zielvorgaben können die Wirksamkeit der Maßnahmen beeinträchtigen. Weitere mögliche Gründe für die Zielverfehlungen liegen in einem Konflikt der Maßnahmen mit den Unternehmenszielen, in einer ungenügenden Kommunikation der Komplexität und Dringlichkeit der Programme und in der Befolgung falscher Prioritäten. Einen Hauptgrund stellt aber wahrscheinlich auch der inkrementelle, konservative Kostensenkungsansatz selbst dar, der mit seinen traditionellen Hebeln den heutigen Umständen nicht mehr voll gerecht wird. Eine weiterführende Lösung wäre hierbei ein deutlich verstärktes Engagement im Bereich disruptiver Strukturmaßnahmen. Denn sie helfen Unternehmen in der Kosten-Defensive gegen den Abschwung – und eröffnen zugleich neue Wachstums- und Geschäftsfelder.
Vielfältig: Problemfelder im Kostenmanagement
Die Kostensenkungsprogramme deutscher Unternehmen verfolgen meist offensive und nur seltener defensive Strategien, mit Ausnahme bestimmter Branchen wie der Telekommunikations-Industrie. Das heißt, die erzielten Einsparungen sollen zur Schaffung von Freiräumen für „offensives“ Umsatzwachstum dienen und weniger der Verteidigung der bestehenden Marktstellung oder der Verbesserung der Liquitditätslage. Doch für eine solche offensive Ausrichtung sind dann auch Maßnahmen notwendig, die Innovation und Wachstum wirklich anregen können. Unter den tatsächlich umgesetzten Kostenaktivitäten sind in der Studie jedoch eher traditionelle Einsparhebel zu beobachten, wie etwa Skaleneffekte im Einkauf. Neben den nicht immer passenden Methoden, um Kosten zu senken, schmälern auch praktische Umsetzungshürden die Wirksamkeit. Dazu gehören ein nicht ausreichend fundierter Business Case, wie 63% der Befragten angeben, sowie Folgeprobleme von zu ehrgeizigen Zielsetzungen, die von vornherein nicht realisierbar waren.
Die Teilnehmer sehen außerdem zu 57% große Schwierigkeiten bei der konkreten Umsetzung der Kostenprojekte. Sie begründen dies mit unzureichender Erfahrung, inkonsequentem Handeln des Unternehmens, mangelhaftem oder unvollständigem Reporting sowie einem Fehlen von Verständnis und Akzeptanz in der Belegschaft. Befragt nach ihrem Fazit für die Zukunft, verweisen die Teilnehmer der Studie unter anderem besonders deutlich auf die Notwendigkeit eines konsequenteren Change- und Stakeholder-Managements, um Akzeptanz und Effektivität der Maßnahmen zu erhöhen. Zusammenfassend kann gesagt werden: In vielen deutschen Unternehmen besteht ein hoher Bedarf an Schulung und Beratung zur Planung und Realisierung von Kostentransformationen.
Zukunftsweisend: Kostentransformation auf neuen Wegen
Was können Unternehmen tun, um die Erfolgsaussichten ihrer Kostenprogramme zu verbessern? Von den Teilnehmern der Studie wird eine präzise Definition der Start- und End-Bedingungen des Programms als notwendige Voraussetzung betrachtet. Weiterhin nennen die Executives als zentrale Faktoren eine Steuerung durch erfahrene Führungskräfte und gute Datenqualität als unerlässliche Grundlage eines belastbaren Prozesses zur Entscheidungsfindung. Investitionen in Technologien für ein besseres Datenmanagement sind daher ein naheliegender Schritt zur Verbesserung der Wirksamkeit der Programme. Bei der Planung sollten außerdem zwar ehrgeizige, jedoch zugleich auch realistische Zielvorgaben gewählt werden. Ein klarer, plausibler Business Case hilft dabei und ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Nach Ansicht der Experten von Deloitte ist es für deutsche Unternehmen aber darüber hinaus besonders wichtig, bei der Kostensenkung auch mutige neue Wege zu gehen und nicht mehr allein auf die konservativen Ansätze der Vergangenheit zu setzen. Dazu gehört es, derzeitige Betriebsmodelle ganz neu zu denken und dabei mit disruptiven Technologien attraktive Effizienzvorteile möglich zu machen. Der große Vorteil dabei: solche Technologien, wie etwa Automatisierung, der Einsatz von künstlicher Intelligenz, Cloud und Robotik, eröffnen nicht nur Sparpotenziale, sondern auch Wachstumschancen auf neuen Geschäftsfeldern. Somit bieten sie den deutschen Unternehmen die besten Voraussetzungen, um ihr Geschäft auch während des möglicherweise bevorstehenden Abschwungs produktiv weiterzuentwickeln.
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(Pressemitteilung Deloitte vom 02.09.2019)