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12.11.2021

Kurzfristig gestärkt aus der Krise? Die weltweite Erholung verliert an Kraft

Autokonzerne auf der Überholspur

© alexlmx/fotolia.com

Der zweimal jährlich erscheinende „Kearney Restructuring Score“ untersucht Sektoren und Branchen anhand der Finanzdaten von 68.000 börsennotierten Unternehmen in 152 Ländern. Im Vergleich zum pandemiegetriebenen Höchststand hat sich der Restructuring Score in den letzten vier Quartalen stark erholt. Während Branchen wie der Maschinenbau gestärkt aus der Pandemie kamen, bereiten die Automobilbranche und China weiter Sorgen.

Der starke Rebound der Weltwirtschaft zeigt sich auch im „Kearney Restructuring Score“. Selbst die Lockdowns im Frühjahr konnten der wirtschaftlichen Erholung wenig anhaben. Im Restructuring Score bildet Kearney die Performance von Unternehmen auf Basis der Finanzdaten von 68.000 börsennotierten Unternehmen in 152 Ländern aus 157 Branchen ab, um deren „finanzielle Fitness“ zu messen. Bewertet wurde zwischen 0 (niedriger Handlungsbedarf) und 10 (hoher Handlungsbedarf).

Nach dem pandemiegetriebenen Höchststand des globalen Restructuring Scores in zweiten Quartal 2020 mit 5,5 Punkten hat sich dieser in den letzten vier Quartalen stark erholt, was vor allem auf die sprunghafte Verbesserung im dritten Quartal 2020 (-16%) zurückzuführen ist. Dieser lag im zweiten Quartal 2021 bei 4,0 Punkten und ist verglichen mit dem dritten Quartal 2019 sogar unter dem Vorkrisenniveau, fassen die Studienautoren die Ergebnisse zusammen. Haupttreiber der Erholung sei der steile Anstieg der Aktienkurse (+45% Marktkapitalisierung) und die hohe Entschuldung (-15% Nettoverschuldung). Gestützt wird diese Entwicklung von einer starken realwirtschaftlichen Erholung mit Umsatz- (+23%) und Gewinnsteigerungen (+16% EBITDA) jeweils im Zeitraum von Q3 2019 bis Q2 2021.

Automobilbranche droht Rückfall

Die Automobilbranche, die schon vor der Pandemie auf Grund der Digitalisierung und der Transformation hin zu alternativen Antrieben unter Druck stand, ist laut der Analyse eine der von der Covid-19-Krise am stärksten betroffenen Branchen. Staatliche Hilfen wie Kurzarbeit und die rasche Erholung in Asien führten aber zu einer schnellen Erholung. Die massive und stetige Verbesserung zwischen dem Höchststand im Q2 2020 (6,5 Punkte) und Q1 2021 (3,0) lässt sich dabei deutlich an den Einflussfaktoren des Restructuring Score ablesen: Sowohl die Umsätze, aber auch insbesondere die Gewinne (EBITDA +35%) und die Bewertung an den internationalen Börsen (Marktkapitalisierung +98%) haben sich in dem betrachteten Zeitraum erheblich verbessert. Seit dem Q1 2021 zeichnet sich jedoch – getrieben durch Produktionsausfälle aufgrund von Engpässen in der Lieferkette (u.a. Halbleiter) – eine deutliche Verschlechterung ab: Der Restructuring Score der globalen Automotive-Industrie hat sich innerhalb des Q2 2021 von 3,0 auf 3,9 verschlechtert. Noch härter trifft es die Zulieferer. Der Wert sank von 7 (Q2 2020) auf 3,3 (Q1 2021) und stieg wieder auf 4 im zweiten Quartal 2021.

Maschinenbauer müssen sich resilienter aufstellen

Der Maschinenbausektor ist der Untersuchung zufolge durch die weltweiten Produktionsstillstände stärker von der Pandemie betroffen als der globale Branchendurchschnitt. Dank der positiven Entwicklung an den Aktienmärkten, gepaart mit kräftigen Gewinnsteigerungen und absoluter rückläufiger Verschuldung (im Vergleich Q2 2021 zu Q3 2019), kommt die Branche aber gestärkt aus der Krise. Die insgesamt positive Entwicklung des Maschinenbausektors steht neuen Herausforderungen gegenüber: So muss die Industrie dem Rohstoffmangel und den Mehrkosten durch Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung begegnen, was die Produktionskosten verteuert. Weiterhin muss der Maschinenbausektor die in der Krise verstärkt forcierten digitalen Geschäfts- und Arbeitsmodelle vorantreiben, um künftig noch resilienter aufgestellt zu sein. Damit verbunden sind neue Herausforderungen wie z.B. die steigende Cyberkriminalität, die 2020 – laut Branchenverband Bitkom – bis zu 90% der Unternehmen zu schaffen machte.

Handel profitierte von Covid-Hilfen

Besonders hart getroffen hat es während der ersten Welle der Pandemie den stationären Handel, der zahlreiche prominente Insolvenzen verzeichnete. Einige Unternehmen entgingen einer Insolvenz nur knapp dank staatlicher Millionen-Hilfen, welche sich in der positiven Entwicklung ab Q3 2020 widerspiegeln (-106% geringere Nettoverschuldung im Zeitraum Q1 2019 – Q2 2021). Gleichwohl gab es ab Q3 2020 eine beindruckende Erholung in der Bekleidungsindustrie. Der globale Handel insgesamt setzt seinen positiven Trend fort: von Q1 2019 bis Q2 2021 ist der Restructuring Score gesunken (-20%), verstärkt durch die staatlichen Covid-19-Hilfsprogramme. Gewinner ist laut der Analyse der Online-Handel: Dieser konnte seinen Umsatz verdoppeln und sich massiv entschulden, vor allem durch die Branchenriesen Amazon und Alibaba.

Deutschland hängt USA ab

Interessant ist der Vergleich der größten Volkswirtschaften der Welt: Deutschland (viertgrößte Volkswirtschaft) und die USA (größte Volkswirtschaft) haben einen ähnlichen, fast parallelen Verlauf des Restructuring Scores, wobei Deutschland immer zwischen 0,1 und 0,5 Punkten schlechter ist als die USA im Zeitraum Q1 2019 bis Q3 2020. Im vierten Quartal 2020 ändert sich dies schlagartig: Trotz eines erneuten, harten Lockdowns verbessert sich der Restructuring Score Deutschlands auf 3,4 Punkte und liegt deutlich unter dem Restructuring Score der USA mit 4,4 Punkten. Damit verbessert sich Deutschland in Q4 2020 überraschend um 41% im Vergleich zum Höchststand im zweiten Quartal 2020 (Deutschland: 5,7). Dies liegt vor allem daran, dass Auftragseingänge im produzierenden Gewerbe den Lockdown-Einbruch im Dienstleistungssektor kompensieren konnten und gleichzeitig die Nachfrage aus dem Ausland weiter anstieg.

Chinesischer Konsum als globales Risiko

China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, fällt hingegen durch einen Zickzackkurs seines Restructuring Scores auf, der außer in Q4 2019 und 2020 immer besser ist als der von Deutschland oder den USA. Der Grund für diese volatile Entwicklung liegt in der Nettoverschuldung der börsennotierten Unternehmen im Finanzsektor Chinas: In einem Quartal verdoppelt sich die Nettoverschuldung, im nächsten Quartal halbiert sie sich wieder. Der durchschnittliche Verschuldungsgrad (Nettoverschuldung zu EBITDA) der chinesischen Unternehmen liegt zwischen 360% und 1.553% im Zeitraum Q1 2019 bis Q2 2021. Aus europäischer Sicht scheint zudem eine Nettoverschuldungshöhe mit dem Faktor 15 über dem operativen Ergebnis der Unternehmen äußerst risikobehaftet. Sollte der chinesische Staat nicht wie zum Teil bisher insolvenzbedrohte Unternehmen retten (Bail-out), droht eine Pleitewelle.

Den vollständigen Restructuring Score können Sie hier kostenlos abrufen.

(Pressemitteilung Kearney vom 11.11.2021)


Redaktion

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