• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Neuer Wachstumspfad statt Stagnation: Deutschland hat das Potenzial für dreifach höheres Wachstum

20.05.2022

Neuer Wachstumspfad statt Stagnation: Deutschland hat das Potenzial für dreifach höheres Wachstum

Der Standort Deutschland steht vor einem prägenden Jahrzehnt: Neben aktuellen Krisen erfordern langfristig wirkende Makrotrends die grundlegende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Diese Transformation birgt – neben zahlreichen Herausforderungen – ein großes Potenzial für Wohlstand und nachhaltiges Wachstum: Die Wirtschaftsleistung in Deutschland könnte bis zum Ende der Dekade im Durchschnitt um 3,4% pro Jahr steigen – mit direkten Auswirkungen auf das Pro-Kopf-Einkommen und den Wohlstand hierzulande. Das ist eines der Ergebnisse der Deloitte-Studie „Perspektiven 2030 – Wachstumschancen für Deutschland“. Ungenutzte Chancen liegen vor allem auf dem Arbeitsmarkt, in der digitalen Wirtschaft und der Dynamik im Unternehmenssektor.

Beitrag mit Bild

© Coloures-pic/fotolia.com

Der Blick zurück zeigt: Trotz technischen Fortschritts, Digitalisierung und Automatisierung hat sich die Produktivität hierzulande im Vergleich zu den 2000er-Jahren halbiert. Diese Entwicklung ist für Deutschland angesichts einer alternden Gesellschaft und einer demnächst stark sinkenden Erwerbsbevölkerung besonders nachteilig, erklären die Studienautoren. Gelinge es nicht, den negativen Produktivitätstrend umzukehren, werde der Standort an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Wachstum und Wohlstand werden deutlich leiden. Ohne ein Umsteuern wird das aktuelle Trendwachstum der Analyse zufolge von 1,2% pro Jahr bis zum Ende der 2020er-Jahre auf 0,4% sinken.

Wirtschaftswachstum von 2,3 bis 3,4% möglich

Ein höherer Wachstumspfad erfordert wesentliche Fortschritte in den Bereichen Arbeitsmarkt, digitale Ökonomie sowie Innovation und Unternehmensgründungen. Das Potenzial ist groß. Schafft es Deutschland, in diesen Feldern den Rückstand im Vergleich zu den jeweils führenden Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) um die Hälfte zu reduzieren, könnte sich die Wirtschaftsleistung bis 2030 im Durchschnitt auf 3,4% pro Jahr nahezu verdreifachen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde pro Kopf um rund 8.600 € auf 51.600 € zunehmen. Selbst wenn Deutschland nur um ein Viertel aufholt, könnte das Wirtschaftswachstum durchschnittlich auf 2,3% pro Jahr steigen und sich damit zumindest fast verdoppeln. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf nimmt in diesem Szenario auf rund 46.700 € zu. Zum Vergleich das Basisszenario: Setzt sich das Trendwachstum von 1,2% fort, liegt das BIP pro Kopf im Jahr 2030 bei rund 43.000 €.

Arbeitsmarkt kann für entscheidende Wende sorgen

Vom Renten- und Gesundheitssystem bis zu Verschiebungen in der Nachfrage nach Immobilien, Konsumgütern und Dienstleistungen: Der demografische Wandel wird zahlreiche Bereiche betreffen. Unmittelbar spürbar wird er auf dem Arbeitsmarkt. Der Fachkräftemangel, der bereits vor der Corona-Krise herrschte und 2021 weiter an Schärfe gewonnen hat, ist ein Vorgeschmack auf den Arbeitsmarkt der 2020er-Jahre, warnen die Studienautoren. Die Automatisierung von Tätigkeiten und Berufen wirke dieser Tendenz zwar entgegen, kann sie aber nicht kompensieren. Ein Gegensteuern sei dringend notwendig, um den demografischen Wandel abzufedern.

Eine Modernisierung des Arbeitsmarktes könnte im Durchschnitt zu einem zusätzlichen jährlichen BIP-Wachstum von bis zu 1,1 Prozentpunkten führen. Mit gezielter Unterstützung einzelner Arbeitnehmergruppen könnten bis zu 2,5 Mio. mehr Arbeitskräfte auf den Arbeitsmarkt kommen. So arbeiten zum Beispiel viele Frauen in Teilzeit – der Blick auf nordeuropäische OECD-Länder zeigt, dass flexible Arbeitszeitregelungen und umfassende Kinderbetreuung für eine deutliche Entlastung sorgen und mehr Vollerwerbstätigkeit ermöglichen. Auch eine höhere Erwerbsquote ausländischer Arbeitskräfte und älterer Arbeitnehmergruppen würde helfen, das Potenzial auf dem Arbeitsmarkt besser auszuschöpfen. Hinzu kommt: Über betriebliche Weiterbildungen können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich kontinuierlich für die sich stetig wandelnden Anforderungen des Arbeitsmarktes qualifizieren. Damit verbessern sich die Jobchancen, die Produktivität steigt. Maßnahmen zum lebenslangen Lernen würden Wachstumsimpulse von bis zu 0,3 Prozentpunkten pro Jahr auslösen.

Digitale Ökonomie – Software-Investitionen und rascher Breitbandausbau treiben das Wachstum

Die Digitalisierung wird die künftige Wettbewerbsfähigkeit von Standorten bestimmen. Fortschritte im Bereich der digitalen Ökonomie sind für eine höhere Produktivität entscheidend. Ein Vorankommen erfordert allerdings deutlich mehr private wie öffentliche Investitionen in digitale Infrastruktur und Technologien. Noch viel Potenzial liegt bspw. bei Software und Datenbanken sowie bei Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) brach. Hier ist die Bundesrepublik im OECD-Vergleich weit von der Spitze entfernt. Ein Aufbruch im gesamten Bereich der digitalen Ökonomie kann das BIP-Wachstum um bis zu 0,6 Prozentpunkte pro Jahr erhöhen.

Deutschland muss die Digitalisierung entschlossener angehen und deutlich an Umsetzungsgeschwindigkeit gewinnen, so der Rat der Studienautoren. Ohne signifikante Fortschritte werde die Wertschöpfung sowie das Wachstums- und Beschäftigungspotenzial der digitalen Industrie in Deutschland ungenutzt bleiben. In vielen Branchen werde sich der Rückstand digitaler Technologien bemerkbar machen und die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft werde darunter langfristig leiden.

In der digitalen Ökonomie verändern sich die Innovationsmuster. Digitale Neuentwicklungen finden vermehrt in Start-ups statt. Allerdings bremsen strukturelle und regulatorische Schwierigkeiten junge Unternehmen hierzulande aus. Mehr Risikokapital-Investitionen und weniger administrativer Aufwand würden einen echten Wachstums-Boost nach sich ziehen: Das Trendwachstum ließe sich allein durch Maßnahmen in diesen beiden Bereichen von 1,2 auf 1,6% steigern.

Ohne Umsteuern geht das aktuelle Trendwachstum bis Ende des laufenden Jahrzehnts stark zurück

Europas größte Volkswirtschaft kann mehr leisten als ein Trendwachstum von durchschnittlich 1,2% im Jahr, so die Einschätzung der Studienautoren. Staat, Wirtschaft und Gesellschaft seien gefordert, die digitale Transformation zu beschleunigen und die ökologische Transformation zügig voranzubringen. Die beste Wachstumsvorsorge ist den Autoren zufolge eine entschlossene Reformpolitik der Ampelkoalition und eine langfristige Strategie. Wie die Weichen in den nächsten Jahren gestellt werden, entscheide über den künftigen Wohlstand des Landes und die Lebensqualität nachfolgender Generationen, aber auch darüber, wie viele Ressourcen zur Bewältigung des Klimawandels bereitstehen. Im Zusammenwirken von wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen und unternehmerischen Strategien kann Deutschland sein volles Potenzial entfalten, so das Fazit der Studienautoren.

Für die Studie „Perspektiven 2030 – Wachstumschancen für Deutschland“ hat Deloitte zwölf Indikatoren in den Bereichen Arbeitsmarkt und Kompetenzen, digitale Ökonomie sowie Unternehmensdynamik untersucht. Dabei wurde für jeden Indikator die derzeitige Position Deutschlands im OECD-Vergleich ermittelt. Anschließend wurden die Wachstumseffekte für zwei Szenarien simuliert: Im sogenannten Beschleunigungsszenario verkürzt Deutschland den Abstand zum Spitzenreiter bei dem jeweiligen Indikator um ein Viertel. Im Aufbruchsszenario nimmt der Abstand um die Hälfte ab. Vergleichsmaßstab für beide Szenarien ist ein Basisszenario. Dieses schreibt das derzeitige Wachstumspotenzial Deutschlands fort.

Die Studie „Perspektiven 2030 – Wachstumschancen für Deutschland“ finden Sie hier.

(Pressemitteilung Deloitte vom 17.05.2022)


Weitere Meldungen


Meldung

©psdesign1/fotolia.com

08.05.2025

Geopolitik treibt deutsche CFOs zu mehr Investitionen im Inland

Die ökonomische und finanzielle Unsicherheit unter Finanzvorständen deutscher Unternehmen befindet sich derzeit auf einem Allzeithoch und beeinflusst ihre Planungen deutlich. Nach den US-Zollankündigungen vom 02.04.2025 sehen 80 % der teilnehmenden Chief Financial Officers (CFO) mittelfristig ihren Investitionsschwerpunkt in Deutschland, vor dem 02.04.2025 lag ihr Anteil bei 73 %, wie der CFO Survey von Deloitte zeigt. Für die

Geopolitik treibt deutsche CFOs zu mehr Investitionen im Inland
Meldung

©tstockwerkfotodesign/de.123rf.com

07.05.2025

Einfluss von Finanzintermediation auf die grüne Transformation

Es ist fraglich, ob der Finanzsektor die Erreichung der Klimaziele schon ausreichend unterstützt. Unklar ist vor allem, über welche Kanäle er am besten zu einer nachhaltigen Transformation der Wirtschaft beitragen kann. Das Projekt Green Financial Intermediation – From Demand to Impact (INTERACT), das das ZEW Mannheim gemeinsam mit dem ifo Institut durchführt, untersucht, wie der

Einfluss von Finanzintermediation auf die grüne Transformation
Meldung

©alfaphoto/123rf.com

06.05.2025

US-Politik belastet Aussichten für deutschen Wagniskapitalmarkt

Die vor allem von den USA ausgehende große wirtschaftspolitische Unsicherheit macht auch vor dem deutschen Markt für Wagniskapital (Venture Capital, VC) nicht halt. Dennoch legte der Geschäftsklimaindikator für den VC-Markt im ersten Quartal 2025 leicht um 2,0 Punkte zu. Mit einem Stand von minus 2,1 Punkten rangiert der Indikator aber weiterhin knapp unter dem langjährigen

US-Politik belastet Aussichten für deutschen Wagniskapitalmarkt

Haben wir Ihr Interesse für CORPORATE FINANCE geweckt?

Sichern Sie sich das CORPORATE FINANCE Gratis Paket: 1 Heft + Datenbank