Die große Mehrheit der Deutschen ist offen für neuartige Finanz-Tools, zeigt eine aktuelle PwC-Umfrage. Zugleich würden 81% die entsprechenden Dienstleistungen aber lieber von der eigenen Bank als von einem Finanz-Startup beziehen. Innovative Angebote dürfen nicht auf Kosten der Sicherheit gehen.
Wie sieht die Bank der Zukunft aus? Sind die FinTechs schon reif für den Massenmarkt? Wollen sich normale Kunden bei einem so heiklen Thema wie den eigenen Finanzen wirklich einem Startup statt einer Bank anvertrauen?
Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hat jetzt eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Deutschen zu diesem Thema umgesetzt. Das Resultat: Einerseits will eine große Mehrheit der Deutschen die neuen FinTech-Tools in jedem Fall nutzen. Andererseits sagen 81 Prozent, ihnen wäre lieber, wenn die Services von der eigenen Bank angeboten würden. „Daraus ergibt sich eine eindeutige Botschaft“, sagt Peter Kleinschmidt, Leader Digital Financial Services bei PwC. „Die Kunden wollen innovative Angebote, die aber in keinem Fall auf Kosten der Sicherheit gehen dürfen. Gewissermaßen muss die Bank der Zukunft also eine Mischung aus Silicon Valley und Sparkasse sein.“
Wie die PSD2-Richtlinie die Spielregeln in der Finanzbranche verändert
So richtig losgehen wird der Wettlauf zwischen Banken und FinTechs Anfang nächsten Jahres. Denn dann tritt eine EU-Richtlinie in Kraft, die völlig neue Spielregeln für die europäische Finanzbranche aufstellen wird: „PSD2“ – die Abkürzung steht für „Payment Service Directive“, also „Zahlungsdienste-Richtlinie“. Ursprünglich sollte PSD2 lediglich dazu beitragen, den Zahlungsverkehr innerhalb der Europäischen Union zu modernisieren. Doch durch den Aufstieg der FinTechs ist aus der Richtlinie ein potenzieller „Gamechanger“ auch für die europäische Finanzbranche geworden.
Das liegt daran, dass PSD2 den Banken vorschreibt, die Kontodaten ihrer Kunden sogenannten Drittanbietern zur Verfügung zu stellen – vorausgesetzt, die Kunden stimmen zu. Bei dem Drittanbieter kann es sich beispielsweise um einen Online-Bezahldienst handeln, der den Zugang zum Girokonto nutzt, um Zahlungen auszuführen. Ein anderes Beispiel sind Apps, die dem Kunden einen Überblick über seine komplette Finanzsituation bieten – zu diesem Zweck jedoch nicht nur aufs Girokonto, sondern gleich auch auf Sparkonten, Wertpapierdepots oder gar Versicherungsverträge zugreifen.
So werden Banken zum Gewinner von „PSD2“
„In vielen Fällen bieten FinTechs solche Dienstleistungen bereits an. Dabei agieren sie allerdings in einer Grauzone. Erst durch ‚PSD2‘ wird das Auslesen der Konten eindeutig geregelt“, sagt PwC-Partner Kleinschmidt. „Dabei zwingt die Politik die Banken, es den Drittanbietern möglichst einfach zu machen. Das geht so weit, dass sie ihre IT-Schnittstellen offenlegen sollen, damit der Zugriff auf die Konten möglichst reibungslos funktioniert. Unterm Strich läuft ‚PSD2‘ also darauf hinaus, dass die Banken der neuen Konkurrenz ihre Infrastruktur zur Verfügung stellen – ähnlich wie das bei der Liberalisierung des Energiemarkts mit den Stromnetzen der Fall war.“
Das alles bedeutet allerdings nicht, dass die etablierte Finanzindustrie zwingend zum Verlierer von PSD2 werden muss. Denn durch PSD2 ergibt sich die Möglichkeit, gezielte Kooperationen mit FinTechs einzugehen. Das entsprechende Schlagwort heiße „Open Banking“, erklärt PwC-Experte Kleinschmidt. „Banken öffnen sich für digitale Partnerschaften, um letzten Endes die zentrale Anlaufstelle für den Kunden zu bleiben.“
Dafür, dass das Kooperations-Modell von den Kunden bevorzugt würde, sprechen auch die Ergebnisse der PwC-Umfrage. Nur 19 Prozent der Kunden möchten die neuen Finanz-Services direkt von einem FinTech beziehen – während der Rest im Zweifel eher der eigenen Bank vertraut. „Für die Banken liegt hier die ganz große Chance, zum Verbindungsstück zwischen Endkunde und Finanz-Startup zu werden“, sagt PwC-Experte Kleinschmidt. „Instituten, denen es gelingt, eine entsprechende Open-Banking-Strategie umzusetzen, könnten zum ganz großen Gewinner von ‚PSD2‘ werden.“
(Pressemitteilung PwC vom 01.09.2017)